Zweite Europäische Public Value Konferenz "Wer Vielfalt will, muss einbinden"
Hauptinhalt
14. November 2022, 10:19 Uhr
Wie kann Gemeinwohl durch Vielfalt in den Medien entstehen, und welche Rolle spielen öffentlich-rechtliche Medien dabei? Warum ist dies für die Demokratie so entscheidend? Und wie können Wissenschaft und Journalismus bei der Bewältigung der Krisen unserer Zeit zusammenwirken? Diese und andere Fragen wurden von den Teilnehmern der Zweiten Europäischen Public Value Konferenz beim MDR in Leipzig diskutiert.
Das öffentlich-rechtliche System ist diskursfreudig, es gestaltet Zukunft und hat Zukunft: Das hat die zweite Europäische Public Value Konferenz ergeben. Die Konferenz unter dem Titel "Gemeinwohl durch Vielfalt in den Medien" wurde vom Mitteldeutsche Rundfunk in Kooperation mit der Handelshochschule Leipzig (HHL) ausgerichtet. Über 40 Referentinnen und Referenten sowie rund 130 Gästen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen der an der Konferenz in Leipzig teil.
Nach Ansicht von MDR-Intendantin Karola Wille und Timo Meynhardt von der HHL hat die Konferenz gezeigt, dass es nicht mehr um die Frage geht, warum Gemeinwohl durch Vielfalt erreicht werden soll, sondern um die Frage, wie dies erreicht werden kann. Die Umsetzung sei die Herausforderung.
Zum Zusammenhalt und zum Dialog in der Gesellschaft beitragen
Wille sagte weiter: "Wer Vielfalt will, muss einbinden. Jetzt gilt es, die Erkenntnisse für unsere Programmarbeit nutzbar zu machen. Wenn sich eine Gesellschaft so verändert und ausdifferenziert, wie wir es gerade erleben, müssen wir es schaffen, zum Zusammenhalt und zum Dialog in der Gesellschaft beizutragen. Denn eine Gesellschaft lebt vom Diskurs. Unsere Aufgabe ist es deshalb mehr denn je, das gesellschaftliche Gespräch über die Fragen unserer Zukunft am Laufen zu halten und uns für eine respektvolle Streitkultur einzusetzen. Das funktioniert am besten im direkten Dialog mit den Menschen, für die wir Programm machen und die uns mit ihren Rundfunkbeiträgen finanzieren."
Unsere Aufgabe ist es deshalb mehr denn je, das gesellschaftliche Gespräch über die Fragen unserer Zukunft am Laufen zu halten und uns für eine respektvolle Streitkultur einzusetzen.
Timo Meynhardt ergänzt: "Unsere Kooperation ist ein Beispiel dafür, wie in einer hochdifferenzierten Gesellschaft unterschiedliche Teilsysteme zusammenarbeiten können, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben, das über eigene Interessen hinausgeht."
Dialog mit Menschen auf Augenhöhe
Die Konferenz hat darüber hinaus gezeigt, dass der Dialog mit den Menschen sowie die Kommunikation auf Augenhöhe wichtig sind. Für die Angebote der öffentlich-rechtlichen Medien sind gerade die Themen, die auch von den Menschen selbst kommen, von Bedeutung. Außerdem sollten der Strukturwandel in der Gesellschaft sowie die Bewältigung von Krisen nach innen und außen auch als Chance genutzt werden.
MDR stärkt Wissenschaftsjournalismus
Aktuelle Krisen – wie Corona-Pandemie oder Klimawandel – belegen zudem, wie wichtig Wissenschaftsjournalismus ist. MDR-Intendantin Karola Wille kündigt deshalb an: "Komplexe, wissenschaftliche Themen verständlich zu erklären, ist bereits ein wichtiger Teil unserer journalistischen Arbeit. Wir werden die dafür notwendigen Fachkompetenzen im MDR weiter stärken."
Rückblick - die Konferenz in Videos
MDR-Intendantin Karola Wille begrüßte am 5. Oktober die Gäste zur Zweiten Europäischen Public Value Konferenz in Leipzig.
Prof. Dr. Timo Meynhardt entwickelte ein bedürfnispsychologisch begründetes Public-Value-Verständnis, das Kern seiner Forschung auf dem Gebiet der gemeinwohlorientierten Führung ist.
Vielfalt und Gemeinwohl dürfen in der Praxis keinen Gegensatz bilden. Vielfalt ist zum einen eine Grundvoraussetzung der Demokratie und zum anderen Mittel zum Gemeinwohl. Wie stellen wir uns dieser Herausforderung?
- Videobotschaft von Dr. Norbert Himmler
- Videobotschaft von Gilles Marchand
- Videobotschaft von Roland Weißmann
Paneldiskussion
Dr. Yvette Gerner, Prof. Dr. Kai Gniffke, Martin Grasmück, Dr. Klaus Unterberger, Susanne Wille und Prof. Dr. Karola Wille
Moderation: Julia Krittian (MDR, Chefredakteurin)
Neue Verbreitungsformen verändern vieles, aber verändern sie auch Relevanzkriterien und die Maßstäbe zur Einordnung und Bewertung von Vielfalt? Wie wird zwischen Breite und Tiefe in den Angeboten abgewogen?
- Prof. Dr. Christoph Neuberger I Vortrag: Welchen Beitrag können Plattformen für die zukünftige Medienordnung leisten?
- Dr. Tobias Schmid I Vortrag: Der "European Media Freedom Act" – Europäische und unabhängige Vielfaltssicherung?
- Staatssekretärin Heike Raab I Vortrag: Medien zwischen Krieg, Krise und Algorithmen
Podiumsdiskussion
Heike Raab, Sabine Frank, Prof. Dr. Christoph Neuberger, Dr. Markus Nievelstein und Dr. Tobias Schmid
Moderation: Steffen Grimberg (Medienjournalist)
Vielfalt bedeutet auch, bisher Unbekanntes abzubilden. Daraus erwächst die Anforderung, die Arbeitsweise und die Kriterien journalistischen Handelns offen zu legen. Was hat in der Pandemie funktioniert, was nicht?
- Prof. Dr. Lothar Wieler I Vortrag: Journalismus und Wissenschaft in der COVID-19-Pandemie: Wie aus Journalisten Virologen wurden
- Prof. Dr. Jens Wolling I Vortrag: Was die Corona-Berichterstattung mit unserer Gesellschaft macht – Analyse von Befragungsdaten aus den Jahren 2020 bis 2022
- Prof. Dr. Christian Hoffmann I Vortrag: Krisenkommunikation in der Pandemie: die (zentrale) Rolle des Journalismus?
Podiumsdiskussion
Andreas Bönte, Korinna Hennig, Bettina Kochheim, Dr. Astrid Plenk und Prof. Dr. Lothar Wieler
Moderation: Felix Seibert-Daiker (Das Erste, Moderator "Fakt")
Vielfalt erfordert fachkundigen Journalismus, innovative Angebote und die Bündelung von Fachkompetenzen. Welche Grundlagen benötigen wir, um diese zu stärken? Woher kommt der Mut zur Kritik, aber auch zu Selbstkritik?
- Prof. Dr. Birgit Stark I Vortrag: Vielfalt messen und sichern: Ideen für ein Monitoring
- Dr. Linards Udris I Vortrag: Vielfalt in öffentlichen Medien und im Mediensystem
Podiumsdiskussion
Susanne Kayser, Prof. Dr. Gabriele Schade, Dietz Schwiesau, Prof. Dr. Birgit Stark, Camille Zubayr
Moderation: Gerlinde Frey-Vor (MDR, Leiterin Stabsstelle Public Value und Wissenschaftskooperation)
Prof. Dr. Timo Meynhardt führte die Teilnehmer der Zweiten Europäischen Public Value Konferenz in den zweiten Tag ein und gab einen Überblick über die Themen und Fragestellungen.
Vielfalt gilt als Schlüsselkategorie im Verständnis pluralistischer Gesellschaften. Dahinter steht der Gedanke eines selbstbestimmten Lebens, in dem jeder sich frei entfalten kann und andere Lebensentwürfe respektiert.
- Prof. Dr. Jutta Allmendinger I Vortrag: Vom Ich zum Wir. Oder: "You never walk alone"
- Prof. Dr. Jeanette Steemers I Vortrag: Policy, Production and Public Service Media for Children – Taking Children Seriously
Welche Rolle kann und muss ein Klimajournalismus in den öffentlich-rechtlichen Medien spielen? Welche Innovationen im Spannungsfeld von Vielfalt und Gemeinwohl setzen sich durch?
- Prof. Dr. Max Seibert I Vortrag: Recht auf Zukunft – das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz
- Dr. Sybille Anderl I Vortrag: Klimawandel als journalistisches Thema
- Lukas Paul Meya I Best Practice: Wie spricht funk über den Klimawandel?
- Clemens Haug I Best Practice: Klima-Update bei MDR WISSEN
- Sven Steinhoff I Best Practice: Klima und Umwelt – als KiKA-Jahresthema 2023
Podiumsdiskussion
Dr. Susanne Pfab, Dr. Sybille Anderl, Clemens Haug, Lukas Paul Meya und Sven Steinhoff
Moderation: Claudia Reiser (MDR, Redakteurin)
In einem Europa der Vielfalt sind kulturelle Besonderheiten und gemeinsame Werte gegenüber globalen Trends immer wieder auszubalancieren. Wie kann europäische Identität und Meinungsvielfalt gefördert werden?
- Prof. Dr. Barbara Thomaß I Vortrag: Europäische Plattformregulierung: Grundlagen und Herausforderungen – Pfadabhängigkeit und Vielfaltsgebot
- Dr. Klaus Unterberger I Vortrag: Vielfalt als Auftrag: Public Value in der digitalen Gesellschaft
- Prof. Dr. Annika Sehl I Vortrag: Ein Vergleich der Social Media-Strategien von öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtenmedien in sechs europäischen Ländern
Podiumsdiskussion:
Dr. Wolfgang Kreißig, Stefan Raue, Prof. Dr. Barbara Thomaß und Dr. Klaus Unterberger
Moderation: Steffen Grimberg (Medienjournalist)
Wie sichern öffentlich-rechtliche Medien ihre Unabhängigkeit, indem sie Schauplatz und Mit-Moderator der Diskussion sind und selbst Position beziehen. Welche Möglichkeit bieten sie für aktive und passive Beteiligung?
- Kristin Hansen I Best Practise: MDRfragt
- Andrea Gartner I Best Practise: BR-Publikumsaktion "Mitmischen!"
- Dr. Eva Sabine Kuntz I Best Practise: Denkfabrik des Deuschlandradios
- Francesca Guicciardi I Best Practise: SRG Dialog - Gemeinsam Werte schaffen
Am Ende einer Konferenz stand die Frage nach den Erkenntnissen und Einsichten. In wechselseitigen Kurzinterviews tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Ideen zur Förderung von Vielfalt zugunsten des Gemeinwohls aus.