Fußball | Regionalliga Wie viel Einfluss dürfen Ultras auf ihren Verein ausüben?
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22. Juli 2024, 16:52 Uhr
Ob der Transfer zum sportlichen Erzrivalen oder Testspiele gegen RB Leipzig - Proteste der Ultraszenen aus Mitteldeutschland sorgten in den vergangenen Wochen immer wieder für Schlagzeilen. Bei den betroffenen Vereinen reagiert man zum Teil mit Unverständnis.
Was die Ultraszene des FC Rot-Weiß Erfurt erreicht hat, strebt auch die des FC Erzgebirge Aue an: Ein geplantes Testspiel gegen RB Leipzig zu kippen. Dass der abwertend als "Konstrukt" bezeichnete Klub aus der Messestadt aufgrund seines Geldgebers und seiner Mitgliederstruktur umstritten ist und auch vom Kartellamt im Ringen um die 50+1-Regel ins Visier genommen wird, ist hinlänglich bekannt.
RB Leipzig - sportlich attraktiv, aber umstritten
Rein sportlich stellt RB Leipzig allerdings einen attraktiven Gegner dar. Das dachten sich auch Drittligist Aue sowie die beiden Regionalligisten aus Erfurt und Babelsberg und vereinbarten Testspiele für die Sommervorbereitung. Kaum war die Meldung raus, formierte sich Protest in der Ultraszene. "Mit allen Mitteln" das vereinbarte Testspiel verhindern oder "Werteverrat", hieß es aus Erfurt. "Spielen wir gegen RB, geht ihr den Weg in Zukunft ohne uns", erklärten Fans aus Aue.
Und tatsächlich: Der Test zwischen Erfurt und RB wurde abgesagt. Das wiederum stieß den Verantwortlichen beim Regionalligisten bitter auf. Schließlich hatte man sich seit zwei Jahren um ein Freundschaftsspiel gegen den Bundesligisten bemüht und fest mit den Einnahmen gerechnet. Als "sehr ärgerlich" bezeichnete RWE-Geschäftsführer Franz Gerber die Situation. "Leipzig wäre umsonst nach Erfurt gekommen. Das wäre eine riesige Einnahme gewesen für uns." So musste sich Erfurt mit Testspielen gegen weniger klangvolle Namen wie Motor Gispersleben oder TSV Havelse zufrieden geben.
Aue hält an Partie gegen RB fest
In Aue hält man trotz der andauernder Proteste am dem für Freitag (26. Juli 2024) geplanten Spiel gegen RB fest. Dieses soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. "Wir wollen das Spiel gern bestreiten", hatte Aues Sportchef Matthias Heidrich unlängst der Freien Presse gesagt. Man sei mit den Fans im Dialog, allerdings stehe der sportliche Wert des Spiels über der geforderten Absage. Zumal Aue bereits 2012 und 2019 nach Protesten der Anhänger geplante Partien gegen RB gestrichen hatte. Der Verein soll auch Zuschriften von den eigenen Fans bekommen haben, die sich für das Spiel gegen Leipzig aussprachen.
Wir lassen uns da jetzt nicht mehr aus der Reserve locken.
Beim vermeintlichen Verursacher des Unmuts der Ultraszenen sieht man die Situation derweil gelassen. "Wir lassen uns da jetzt nicht mehr aus der Reserve locken. Wir nehmen es, wie es kommt", hatte RB Leipzigs Trainer Marco Rose am Rande der Partie gegen Babelsberg gesagt. Auch beim SVB hatte die organisierte Fanszene zuvor heftig protestiert. Laut Rose gäbe es viele Mannschaften, die gerne gegen RB spielen würden. Zudem habe der Verein Fans in ganz Mitteldeutschland - auch im Erzgebirge, denen man "gerecht werden" will.
Jenas Fans protestieren gegen Neuzugang
Auch beim FC Carl Zeiss Jena stellten sich die Fans in diesem Sommer gegen den Verein. Hintergrund war allerdings kein geplantes Testspiel, sondern der Transfer von Kay Seidemann. Der 24-jährige Offensivspieler kam aus Erfurt ins Paradies. Dort hatte er sich zuvor allerdings nicht wirklich beliebt gemacht, nachdem er zu Erfurter Zeiten im Rahmen eines Thüringenderbys mit einem T-Shirt (Aufdruck: "Thüringen ist Rot-Weiß") seine Abneigung gegenüber dem Erzrivalen zum Ausdruck gebracht hatte.
Die sportliche Entscheidung muss schon beim Verein liegen.
Trotz der andauernder Fanproteste - Seidemann bekam zwischenzeitlich sogar Personenschutz - hielten die Verantwortlichen in Jena an ihrer Entscheidung fest. "Die Fans sind unser wichtigstes Gut. Sie sollen kommen und Einfluss ausüben. Aber positiven Einfluss", ordnete FCC-Sportdirektor Stefan Böger die Situation ein. Klar sei aber auch: "Die sportliche Entscheidung muss schon beim Verein liegen." Das sieht auch Trainer Henning Bürger so und erklärte nüchtern: "Wir spielen Fußball, das sind Arbeitsplätze".
RWE-Trainer Gerber: "Ein schwieriges Kapitel"
Bleibt abzuwarten, wie Seidemann in Zukunft von den eigenen Fans empfangen wird. Ebenso, ob die Auer Anhänger ihre Drohnungen wahrmachen und die Zusammenarbeit aufkündigen. Der letzte Protest der organisierten Fanszene in Mitteldeutschland gegen umstrittene Transfers oder RB Leipzig wird es mit Sicherheit nicht gewesen sein. Das weiß auch Erfurts Trainer Fabian Gerber: "Es ist ein schwieriges Kapitel überall. Man sieht das bei fast jedem Verein, dass sich viele gegen Kommerz und Investoren wehren."
SpiO/jsc
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGENJOURNAL | 22. Juli 2024 | 19:00 Uhr
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