Reportage Verscharrt, entdeckt und heimgekehrt - Auf der Suche nach vermissten Soldaten
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22. Oktober 2024, 04:00 Uhr
Die Suche nach gefallenen Soldaten ist noch immer nicht abgeschlossen. Mehr als 35.000 Anfragen erreichen jedes Jahr den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Wie auch im brandenburgischen Halbe sind es oft Zufallsfunde, die eine Recherche in Gang setzen.
Dass Eddla C. noch einmal ein Zeichen ihres Bruders erhalten würde, damit hätte sie nicht gerechnet. Er war zehn Jahre älter als sie, fiel 1945 und wurde für die kleine Schwester zum Wunschbild. Jetzt - mit 87 Jahren - hält sie den Abdruck eines Siegels in der Hand, das er vermutlich bei sich trug, als er starb. Auf einmal wird das einzige Foto, das ihr blieb, lebendig, die wenigen gemeinsamen Momente in ihrem Leben fühlbar.
Vielen Dank für Ihre E-Mail zum Fund des Siegelabdruckes. Sie können sich vorstellen, dass mich dieser Fund berührt hat. Ich kann mich kaum an meinen Bruder erinnern. Er war zehn Jahre älter als ich. Dennoch war er sowohl als Wunschbild eines älteren Bruders, als auch durch den nichtversiegenden Kummer meiner Eltern - meine Schwester und ich wir waren ja "nur Töchter" – sehr präsent. […] Der Siegelabdruck ist etwas Persönliches von ihm. Ein Zeichen dafür, dass es ihn wirklich gegeben hat.
Vermisstenschicksale aufklären
Das sind die Momente im Leben von Oliver Breithaupt und Kathrin Krabs, für die sich ihre Mühen lohnen. Beide gehören zum Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. 35.000 Anfragen jährlich erreichen die Mitarbeiter des Volksbundes in Deutschland noch immer von Menschen, die Vermisstenschicksale in ihrer Familie aufklären wollen.
Meist beginnt es mit einem kleinen, unbedeutend scheinenden Fundstück: einem Foto, einem Brief, einer Todesanzeige, einer Erkennungsmarke. Manchmal sind es Gebeine, die bis heute irgendwo in der Erde liegen und bei Bauarbeiten zufällig gefunden werden. Die Mitarbeiter des Volksbundes bergen sie behutsam und respektvoll.
Identität ermitteln
Joachim Kozlowski arbeitet auch im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Brandenburg. Er bettet deutschlandweit Kriegstote um. Oft wurden sie dort unter die Erde gebracht, wo sie ums Leben kamen. Werden heute bei Bauarbeiten Gebeine und Uniformreste entdeckt, wird ein Umbetter gerufen. Der Volksbund sorgt dann dafür, dass die Toten endlich ein Grab erhalten und wenn möglich: eine Identität.
Ich mache das, weil die Menschen auf Informationen zu ihren vermissten Angehörigen warten. Selbst in meiner Familie ist das so. Wenn wir Identitäten feststellen können, dann machen wir Menschen glücklich.
Geduld ist gefragt
Oliver Breithaupt und sein Team wissen meistens nicht, wo sie die Funde hinführen werden. Oft dauerte es Jahre, bis es ihnen gelingt, nähere Angaben zu den Toten zu ermitteln. Doch egal, in welchem Krieg sie gefallen sind, egal, welchen Rang oder Namen sie hatten oder welche Schuld sie auf sich geladen haben: Eines eint ihre Schicksale. Sie sind Mahnung, dass es keine Kriege mehr geben darf.
Wir arbeiten gegen das Vergessen. Nichts ist so schlimm wie diese Gleichgültigkeit, dieses Wegschauen, das wir tagtäglich in unserer Gesellschaft haben. Und dann diese Kriegstreibereien, die heutzutage stattfinden: Die sollten sich was schämen. Wirklich.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Nah dran | 21. April 2024 | 07:30 Uhr