Beate Völcker, Autorin
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Worum geht es bei „Fritzi und Sophie“ und was ist Ihr persönlicher Zugang zu der Geschichte?
„Fritzi und Sophie“ erzählt die Geschichte zweier Freundinnen aus Leipzig und wie sie auf jeweils unterschiedliche Weise den Sommer und Herbst 1989 erleben. Sophie verliert ihr Zuhause und gelangt in den Westen, weil ihre Mutter den Ungarnurlaub zur Flucht nutzt. Für Fritzi ist das ein Schock. Außerdem hat sie Sophies Hund in Obhut genommen und will zumindest ihn zu ihrer Freundin bringen. Klar, dass dieses Vorhaben sie schnell an Grenzen führt, im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
Mich hat an dem Stoff besonders gereizt, die historisch-politischen Ereignisse in eine glaubwürdige, spannende und fesselnde Geschichte für ein junges Publikum zu packen. Der vielleicht zentrale Schlüssel dafür ist die innere Reise von Fritzi und Sophie. Ihre Gefühle, ihre Neugierde, ihre Erkenntnisse und ihr wachsender Mut, für ihre Überzeugungen einzustehen, und ihre Freundschaft haben die Richtung vorgegeben
Wie war es, den Film in eine Serie zu verwandeln? Wo konnten Sie sich intensiver austoben und was waren die Schwierigkeiten?
Bei vielen Gesprächen im Kino zu „Fritzi – Eine Wendewundergeschichte“ haben Kinder gefragt, wie es damals im Westen war und was Sophie erlebt hat. Das Interesse des Publikums war also schon da, als wir die Chance bekommen haben, die Serie zu schreiben. Das war ein großer Ansporn. Mit Sophie können wir wichtige Themen erzählen – die Flucht oder die Aufnahmen im Westen –, die im Film gar nicht verhandelt oder nur gestreift werden konnten. Die miteinander verbundenen Handlungsstränge in Ost und West haben die Geschichte noch einmal sehr vertieft. Eine Herausforderung bestand darin, dass wir Fritzis Geschichte ja nicht grundlegend anders erzählen konnten oder wollten als im Spielfilm, aber trotzdem neue Aspekte oder Blickwinkel darauf finden wollten. Ich glaube, dass uns das gelungen ist.
Warum ist die Geschichte der Friedlichen Revolution, der DDR und des Mauerfalls, so wie sie bei Fritzi und Sophie gezeigt wird, heute noch für Kinder interessant?
Sehr viele Kinder heute wissen wenig und manchmal fast nichts über das damals geteilte Deutschland und die Friedliche Revolution. Zugleich spüren sie, dass da etwas Wichtiges ist oder war, was viele Familien geprägt hat. Die Neugierde ist unglaublich groß. Insofern ist das Thema an sich interessant. Zudem erzählen wir es als Coming-of-Age-Geschichte von Fritzi und Sophie. In ihrem Fall liegt das Erwachsenenwerden – das ist ungewöhnlich in einer Produktion für Kinder, aber macht es zugleich besonders interessant für Kinder – im Bereich des Politischen. Fritzi und Sophie entwickeln eine eigene Haltung zur gesellschaftlich-politischen Situation, in der sie sich wiederfinden. Und vor allem den Mut, zu dieser Haltung zu stehen. Das ist eine ermutigende und zeitlos gültige emotionale Reise.
Was war für Sie die größte Herausforderung bei der Entwicklung der Serie?
Die Serie basiert auf dem Kinofilm FRITZI – EINE WENDEWUNDERGESCHICHTE. Und es war von Anfang an klar: Fritzis Geschichte aus dem Kinofilm muss auch in der Serie vorkommen. Der Titel sagt es ja: Es geht um Fritzi und ihre beste Freundin Sophie. Aber wir konnten Fritzis Geschichte natürlich nicht groß verändern, damit sie vielleicht besser zu Sophies Geschichte passt. Das war manchmal eine Herausforderung. Und in paar ganz wenigen Szenen mit Fritzi haben wir dann doch was verändert. Nichts Grundsätzliches, aber es ist ja so, wenn man neue Sachen erfindet, dann hat man auch die ein oder andere coole neue Idee, und es wäre ja schade, wenn man die nicht nutzt, nur weil es im Kinofilm so nicht ganz war. Das ist also ein interessante Aufgabe für aufmerksame Filmeguckerinnen: Was fällt euch auf in den Fritzi-Szenen in der Serie, was es so im Film nicht gab?
Welche Rolle spielte historische Genauigkeit in Ihrem Schreibprozess?
Historische Genauigkeit war uns absolut wichtig. Alle historischen Elemente haben wir genau recherchiert und sie authentisch dargestellt: Dazu gehören natürlich zentral die Montagsdemonstrationen und wie sich die entwickelt haben. Dazu zählen die wichtigen Orte, wie zum Beispiel die Nikolaikirche, wo sich die Protestierenden getroffen haben, oder die Situation an der Grenze. Für die Serie habe ich mit Menschen gesprochen, die als Kind so etwas erlebt haben wie Sophie. Sophies Mutter will mit ihr in den Westen flüchten, aber sagt ihr das am Anfang nicht. Wie ist so etwas abgelaufen? Wie haben es die Kinder damals erlebt, aus dem Osten in den Westen, also aus der DDR in die BRD zu kommen? Das wollten wir ganz authentisch einfangen.
Wie haben Sie versucht, historische Ereignisse kindgerecht und dennoch authentisch darzustellen?
Zugleich bleibt die Serie natürlich eine fiktionale Geschichte und enthält erfundene Elemente. Dazu zählen am wichtigsten die Figuren und wie sie die Abenteuer meistern, in die sie durch die historischen Ereignisse gestürzt werden. Die Serie soll ja auch unterhalten. Entscheidend ist, dass wir alles, eben auch die historischen und politischen Aspekte, aus den Augen der Kinder erleben – dann wird es auch kindgerecht.
Gab es bestimmte pädagogische Ziele, die Sie mit der Serie erreichen wollten?
Ich finde es sehr wichtig, dass Kinder diesen Teil der deutschen Geschichte kennen. Dass Deutschland geteilt war in Ost und West und dass es eine Friedliche Revolution gab, in deren Folge Deutschland wieder vereinigt wurde. Das alles ist noch gar nicht lange her und wir spüren das heute immer noch. In vielen Familien spielt es eine Rolle. Schon allein deshalb sollten Kinder darüber Bescheid wissen. Die Serie kann natürlich nicht alles erklären, aber sie ist ganz bestimmt ein Anlass sein, um in den Familien ins Gespräch darüber zu kommen. Das finde ich wichtig und das erhoffe ich mir.
Welche Wirkung erhoffen Sie sich langfristig von der Serie auf die jungen Zuschauer?
In der Geschichte stecken viele Themen, die auch heute für uns relevant sind. So muss in der Serie zum Beispiel Sophies Mutter mit ihrer Tochter flüchten, weil sie in der DDR bedroht wird von der Staatspolizei. Sie werden zu Flüchtlingen. Für Sophie ist das schwer, ihr Zuhause zu verlieren. Ihre Geschichte kann begreifbar machen, dass die allermeisten Menschen einen guten Grund haben zu flüchten. Niemand verlässt seine Heimat leichten Herzens. Heute kommen genauso Flüchtlinge zu uns und es ist wichtig, dass wir Verständnis für sie und ihre Situation entwickeln. Die Serie erzählt Kindern, wie wichtig Freiheit und Demokratie sind, dass Politik sie durchaus etwas angeht und man etwas bewirken kann, wenn man mutig für seine Überzeugungen einsteht.