
Fragen an Drehbuchautor Jens Köster
Hauptinhalt
„Haus der Toten“ beginnt mit vier Leichen und erzählt auch von der 'Ndrangetha – der Mafia in Erfurt – ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?
Könnte man meinen. Tatsächlich gehen Mafia-Experten davon aus, dass Erfurt einer der wichtigsten Stützpunkte („Polsi“ genannt) der 'Ndrangheta außerhalb Italiens ist. Vermutlich weil sich hier nach der Wende perfekte Möglichkeiten der Geldwäsche boten und die lokale Politik seinerzeit über jede investierte D-Mark froh war und oft beide Augen zugedrückt hat.
Wie gehen Sie ein Drehbuch an, das mit posttraumatischer Belastung, sexueller Gewalt und organisierter Kriminalität gleich mehrere sehr sensible Themen verhandelt?
Was Sie aufzählen, ist gewissermaßen das kleine Einmaleins der Kriminalität und eins bedingt oft das andere. Ich fände es eher seltsam, einen Krimi zu entwickeln, der nicht mindestens eine dieser Zutaten enthält.
Weil wir von der Zeugin lange nichts erfahren, entfaltet sich die Handlung entlang der Indizien, die in der Villa, der Erfurter Restaurant-Szene oder im Thüringer Wald gefunden werden. Wie ist es, ein Drehbuch zu schreiben, in dem statt Menschen Orte die zentralen Hinweise geben?
Es ist das Wesen des Profiling, Spuren und Indizien zu deuten. Im besten Fall entsteht so aus einzelnen Puzzleteilen ein Gesamtbild, mit dessen Hilfe der Fall gelöst werden kann. Schöner Nebeneffekt im Film ist, dass wir sehr viel Zeit für unsere ermittelnden Helden haben, mit denen ich sehr gerne durch dick und dünn gehe.
In „Haus der Toten“ werden die Zuschauerinnen und Zuschauer aufgefordert, das Verhältnis zwischen Schuld und Unschuld am Ende selbst mit sich auszuhandeln. Warum diese Ambivalenz am Ende?
Wir alle dürsten nach Klarheit. Und es wäre natürlich schön, wenn wir am Ende klar zwischen Gut und Böse, Schuld und Unschuld unterscheiden könnten. Aber ich fürchte, es ist komplizierter und die Anlagen für Gut und Böse sind prinzipiell in jedem Menschen angelegt. Wir sind eben alle ein bisschen ambivalent!
Wie gehen Sie mit der Herausforderung um, immer wieder neu die besondere Arbeitsweise von Profilerinnen und Profilern zu erzählen?
Mit sehr großer Lust und Freude!