Tag der Befreiung Gedenken an das Weltkriegsende: mit oder ohne Russland?
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17. April 2025, 06:27 Uhr
Russlands Krieg gegen die Ukraine überschattet das Gedenken an das Kriegsende vor 80 Jahren. Zugleich ist Russland, die Sowjetunion, aber auch eines der Länder, denen wir die Befreiung vom Nationalsozialismus zu verdanken haben. Sind russische Vertreter bei deutschen Gedenkveranstaltungen dennoch willkommen?
- Beziehung zu Russland liegt auch in Chemnitz auf Eis
- In Brandenburg war ein russische Botschafter auf einer Gedenkveranstaltung
- Besonders russische Staatsvertreter seien jedoch unerwünscht
Eine der größeren Veranstaltungen zum Tag der Befreiung soll in diesem Jahr in Chemnitz stattfinden. Am Nachmittag des 8. Mai werden in der Kulturhauptstadt viele Gäste erwartet, darunter Diplomaten aus Frankreich und den USA. Dazu Tanz, Schauspiel und festliche Reden.
Russen sind nicht eingeladen, aber auch nicht explizit ausgeladen, sagt der Sprecher der Stadt Matthias Nowak: "Das ist eine öffentliche Veranstaltung, da kann jeder dran teilnehmen. Aber wir gehen nicht davon aus, dass da jemand kommt."
Beziehung zu Russland liegt auf Eis
Ob Russen bei deutschen Gedenkveranstaltungen willkommen sind oder nicht - die Frage stellt sich für die meisten Organisatoren gar nicht. Und zwar einfach weil die Beziehungen zu Russland fast überall völlig eingeschlafen sind, auch in Chemnitz zur Partnerstadt Wolgograd. "Mit dieser Partnerstadt liegt die Beziehung auf Eis, weil die sich seit vielen Jahren auf unsere Kontaktversuche nicht mehr meldet", sagt Nowak.
Anders ist die Situation in Brandenburg. Dort hatte am Dienstag der russische Botschafter das Gedenken auf den Seelower Höhen besucht. Zuvor hatte das Auswärtige Amt noch vor einer Vereinnahmung gewarnt und Ländern, Kreisen und Kommunen die Möglichkeit erläutert, russische Vertreter von Veranstaltungen auszuschließen.
Ist ein solches Vorgehen korrekt? Die Antwort auf diese Frage umschifft Sachsens Landtagspräsident Alexander Dierks, der am 8. Mai ebenfalls in Chemnitz dabei sein wird. Dierks betont die Verantwortung, die die Deutschen aufgrund ihrer Geschichte haben und verurteilt den russischen Angriffskrieg. "Ich persönlich bin in der festen Überzeugung aufgewachsen, dass es in Europa keine Veränderungen von Grenzen durch Krieg mehr geben wird", sagt Dierks. "Und dass das doch der Fall ist, ist ein fürchterlicher Rückfall, gerade mit Blick auf die Erfahrungen, die wir Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg gemacht haben."
Russische Staatsvertreter seien unerwünscht
Das Gedenken hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund der russischen Aggression stark verändert, stellt Sven Riesel von der Stiftung Gedenkstätten Sachsen fest. Auch, wenn in wenigen Tagen zum Beispiel an die Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Zeithain erinnert wird, wo auch Tausende Ukrainer und Russen ums Leben kamen.
"Es ist weder erwünscht noch wirklich denkbar, dass ukrainische diplomatische Vertretungen da ihrer Opfer, Landsleute die Ehre erweisen und neben ihnen russische Staatsvertreter Kränze niederlegen", sagt Riesel. "Wenn jetzt Privatpersonen, Angehörige kommen, es gibt auch Nachfahren von sowjetischen Kriegsgefangenen, die in Deutschland schon seit mehreren Generationen leben, auch kommen wollen, um an die Opfer zu erinnern, die werden nicht ausgeschlossen." Das sei dann allerdings eine klare Trennung zwischen zivilgesellschaftlichem Gedenken und offiziellen Einrichtungen.
In Sachsen ist der 8. Mai in diesem Jahr übrigens erstmals ein offizieller Gedenktag, das hatte der Landtag vor wenigen Wochen beschlossen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 17. April 2025 | 06:05 Uhr