Winter Wenn das Wetter verrückt spielt: Milde Temperaturen im Januar lassen Natur erwachen

13. Januar 2023, 11:56 Uhr

Pflanzen treiben im Januar aus und Tiere erwachen aus der Winterruhe: Landwirte, Obstbauern und der Forst nehmen die milden Temperaturen noch gelassen. Alle sind sich aber einig, dass Frost und Schnee im Januar die bessere Option wären.

Tiere im Frühlingsmodus, Pflanzen, die austreiben - der Frühling im Winter wirkt sich auch auf die Natur in Thüringen aus. Das ist erst mal kein Problem, heißt es etwa vom Thüringer Naturschutzbund Nabu. Auch Landwirte, Obstbauern und der Forst nehmen die milden Temperaturen noch gelassen.

Alle sind sich aber einig, dass Frost und Schnee im Januar die bessere Option wären. Denn viele Tiere und Pflanzen schöpfen im Winter Kraft für das kommende Frühjahr. Erwachen sie jetzt schon und kommen dann Spätfröste, würde das größere Schäden anrichten.

Stetiger Wind entzieht Böden Feuchtigkeit

Thüringer Landwirte und Obstbauern nehmen das warme Winterwetter noch gelassen. Auf den Feldern passiere aktuell nicht viel, obwohl es für die Jahreszeit zu warm sei, sagt Landwirtin Doreen Rath aus Mockzig bei Altenburg. Schaden hätten die Pflanzen noch keinen genommen.

Rath sieht allerdings im stetig wehenden Wind ein Problem. Der entzieht den Böden Feuchtigkeit. Dazu kommt, dass es im Winter bisher viel zu wenig geregnet hat. Dadurch konnten die Bodengrundwasservorräte bisher nicht aufgefüllt werden.

Die Ostthüringer Landwirtin wünscht sich deshalb wie ihre anderen Thüringer Kollegen mehr Niederschläge - auch in Form von Schnee. Das sei besser als ein kurzer Regenschauer. Wenn der Schnee langsam wegtaut, bleibt mehr Zeit, damit das Wasser in den Boden einsickern kann.

Durch die warme Witterung regen sich auf den Plantagen auch die ersten Obstbäume. Die Blütenknospen bei Pfirsich- und Aprikosenbäumen sind schon deutlich dicker als zu dieser Jahreszeit üblich. Die Bäume schlafen nicht mehr, wie es Obstbauer Lars Triebe aus Schöngleina im Saale-Holzland-Kreis umschreibt.

Aktuell sei das kein Problem. Wichtig wäre aber, dass es schnell wieder kälter wird. Denn je weiter die Blütenknospen austreiben, desto empfindlicher reagieren sie auf Fröste, heißt es auch von Fahner Obst in Gierstädt im Kreis Gotha. Das könnte im schlimmsten Fall die Ernte gefährden.

Eine längere Frostperiode und Schnee wünschen sich auch die Forstleute. Wenn der Boden gefroren sei und eine Schneedecke habe, sei er bei der Holzernte besser geschützt. Gerade in den tieferen Lagen ist der aber laut Horst Sproßmann von Thüringenforst gerade ziemlich matschig.

Der Waldboden muss geschont werden

Um den Waldboden zu schonen, werden deshalb Seilkräne bei der Holzernte eingesetzt, und über die Räder der Waldmaschinen werden sogenannte Moorbänder ähnlich wie Schneeketten bei Pistenraupen gezogen. Dadurch sinken die schweren Maschinen weniger ein. Wenn auch das nichts hilft und der Boden viel zu weich ist, wird die Holzernte laut Sproßmann unterbrochen.

Dass Pflanzen wie Hasel oder Weide bei der aktuellen Witterung austreiben, ist erst mal nicht schlimm, sagt Tino Sauer vom Thüringer Naturschutzbund Nabu. Das sei Jahrtausende lang erprobt. Wenn es doch noch mal kalt wird, so erfrieren die frischen Triebe zwar. Wenn es wieder warm wird, würden die meisten Pflanzen aber ein zweites Mal austreiben. Nur wenn etwa blühende Krokusse noch mal Frost bekämen, gebe es keine zweite Blüte.

Amsel ist im Frühlingsmodus

Aber nicht nur bei den Pflanzen wirkt sich das warme Januarwetter aus. Auch in der Tierwelt ist schon einiges los. So ist etwa die Amsel laut Sauer schon im Frühlingsmodus. Ihren Gesang können die Thüringer morgens vorm Schlafzimmerfenster gut hören. Auch Meisen und Kolkraben kommen so langsam in Stimmung. Sie stecken durch ihre Rufe ihre Reviere ab und fangen auch schon mit dem Nestbau an.

Für die Vögel sei das warme Wetter ein Signal, dass der Frühling kurz bevor stünde. Wer zuerst sein Revier besetzt, habe die besten Voraussetzungen, um sich fortzupflanzen. Wenn es aber wieder kälter wird, würden die Tiere dieses Verhalten unterbrechen. Bis Eier ins Nest gelegt werden, müsse es noch deutlich wärmer sein und bleiben.

Holzbienen und Schmetterlinge schon unterwegs

Schon mal frische Luft geschnuppert haben auch die ersten Insekten. Laut Nabu-Insektenexperte Ronald Bellstedt waren schon Holzbienen und Schmetterlinge unterwegs. Das Futterangebot aber sei überschaubar. Die Tiere ziehen sich bei Kälte wieder zurück und verfallen wieder in Kältestarre. Ebenfalls aktiv sind bei Temperaturen über zehn Grad Honigbienen. Das ist zu früh. Es kostet die Tiere Kraft.

Zudem sei gerade fast kein Nektar zu finden. Imker müssten deshalb zufüttern, um die Völker bis ins Frühjahr zu bekommen. Dem Wetter auch etwas Positives abgewinnen, kann Horst Sproßmann von Thüringenforst. Demnach mag der Borkenkäfer das aktuelle Wetter gar nicht. Die Schadinsekten würden von Pilzen befallen und sterben.

Hilfe für zu früh erwachte Igel

Weniger Probleme mit dem milden Wetter haben winterschlafende Säugetiere wie Igel, Fledermäuse oder auch Bilche. Ihr Erwachen hängt ebenso wie die Wanderung von Fröschen, Kröten und Molchen von mehreren Faktoren wie Tageslänge, Temperatur und Feuchtigkeit ab. Problematischer wäre laut Nabu, wenn sich milde Phasen zu häufig mit Kälteeinbrüchen abwechseln würden. Das könnte die Tiere aus dem Schlaf reißen und viel Kraft kosten.

Wer in seinem Garten einen Igel bemerkt, der zu früh aus dem Winterschlaf erwacht ist, kann dem Tier helfen: Dafür eine Schale mit Wasser und Trockenfutter für Katzen aufstellen, rät Stefanie Meißner von der Igelhilfe Altenburg. In ihrer Station sind bereits die ersten Igel aus ihrem Winterschlaf aufgewacht. Das sei für diese Jahreszeit ungewöhnlich. Normalerweise halten Igel bis Ende März oder Anfang April Winterschlaf.

MDR (co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 13. Januar 2023 | 06:10 Uhr

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