Menschen an einem Laptop
Brainstorming - Mitglieder des Entwicklerteams der FSU Jena diskutieren über die kommunale Wahlhilfe. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wahlhilfe Studierende entwickeln "Wahl-O-Mat" für Thüringer Kommunalwahlen mit

13. Mai 2024, 05:00 Uhr

Am Ende lagen die Nerven blank und es stand die Frage im Raum: Ist das noch zu schaffen? Seit Anfang des Semesters hat Rosalie Hoppe, 23, Politikstudentin an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) in Jena, an Wahlhilfen für die Kommunalwahlen mitgearbeitet. Eine Art "Wahl-O-Mat", speziell zugeschnitten für Jena, den Kyffhäuserkreis und den Landkreis Gotha. Eine enorme Aufgabe. "Aber", sagt Rosalie, "wer nicht wagt, der nicht gewinnt".

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Seit Montagmorgen sind sie auf der Plattform "Voto" zu finden, die "Kommunal-O-Maten", wie Rosalie und ihre Mitstreiter die Wahlhilfen nennen, in Anlehnung an den "Wahl-O-Mat" für die Bundestagswahl zum Beispiel.

Während man da die Wahlprogramme der Parteien durchforstet und einmal Thesen für die gesamte Bundesebene aufstellt, war die absolute Herausforderung hier, jeden Landkreis, jede Stadt ganz individuell zu betrachten. "Wir mussten schauen", sagt Rosalie, "wo gibt es Reibungspunkte zwischen den Parteien, den Kandidatinnen und Kandidaten. Was sind die Diskussionen, die geführt werden? In Jena, mit vielen Studenten, sind andere Themen wichtig, als zum Beispiel im Kyffhäuserkreis, wo es an Landärzten mangelt".

In Jena, mit vielen Studenten, sind andere Themen wichtig, als zum Beispiel im Kyffhäuserkreis, wo es an Landärzten mangelt.

Rosalie Hoppe Studentin an der Uni Jena

Wie die Wahlhilfen entstanden sind

Aus den Themen Thesen zu entwickeln, denen man zustimmen oder die man ablehnen kann, war für Rosalie und ihre Projektgruppe spannend und herausfordernd zugleich. "Wenn man nur die Sprache nimmt", erzählt sie, "da müssen teilweise komplexe Themen allgemein verständlich heruntergebrochen werden. Wir haben uns zum Beispiel gefragt, ob wir bestimmte Fremdwörter in die Thesen aufnehmen können oder nicht. Man will ja nicht, dass die Wähler noch zusätzlich googeln müssen".

Eine braunhaarige Frau erklärt etwas.
Rosalie Hoppe (Studentin der Politikwissenschaft an der FSU Jena) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Eine große Herausforderung, meint die Leiterin des Projekts an der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena, Anne Küppers, war auch die Gewichtung der Themen. "Wir haben darauf geachtet, dass es gleich viele linke und rechte Themen sind und wollten ein möglichst breites Spektrum abdecken". So sind jeweils 35 Thesen entstanden, die zunächst den Kandidierenden und ihren Parteien vorgelegt wurden.

Wie später die Wähler, sollten die Politiker die Thesen mit "ist mir wichtig" bis "ist mir nicht wichtig" beantworten. Zudem konnten sie ihre Entscheidung begründen. Die Ergebnisse wurden in die Wahlhilfen eingespeist, die dadurch die prozentualen Übereinstimmungen zwischen Wählern und Kandidaten errechnen können.

Herzklopfen: Die Qual des Wartens

"Das war für uns ein ganz schöner Stressfaktor", erzählt Pierre Zissel, Politikwissenschaftler an der FSU Jena. Die Antworten kamen zögerlich. "Natürlich haben die Politiker gerade viel zu tun, aber uns drängte die Zeit, es sind ja nur noch knapp zwei Wochen bis zur Wahl. Ursprünglich wollten wir unsere Wahlhilfen schon am Freitag auf Voto stellen, aber wir hatten am Donnerstag immer noch Außenstände und haben uns dann für den Montag als Start für unsere 'Kommunal-O-Maten' entschieden."

Eine ältere Frau mit Brille ruft eine Webseite auf ihrem Laptop auf. Es ist die Seite Voto.vote.
Auf der Webseite von Voto kann man den Landkreis auswählen für den man die Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen möchte. Bildrechte: MDR/Steffi Pelzer-Büssow

"Kommunal-O-Maten" für Jena, Kyffhäuserkreis, Gotha und Altenburg online

Ab sofort können die Wahlhilfen auf Voto für Jena, den Kyffhäuserkreis und den Landkreis Gotha genutzt werden. Zusätzlich zu der Wahlhilfe für Altenburg, die schon seit zwei Wochen online ist. "Wir haben etwa 140 Nutzer am Tag", sagt Michael Hein, Leiter des Altenburger Projektes. "Das ist bei etwa 25.000 Einwohnern super!"

Eine Frau und ein Mann stehen draußen vor einem Ladenlokal an einem Tisch mit ihren Laptops. Sie schauen auf die Bildschirme der Laptops.
Einen ersten Test des Wahl-O-Maten gab es in der Altenburger Fußgängerzone. Bildrechte: MDR/Steffi Pelzer-Büssow

Für Altenburg hatten politisch Interessierte mit der Volkshochschule Altenburg ebenfalls 35 Thesen für die Kommunalwahl aufgestellt. "Wir haben uns dabei nicht so sehr an den Wahlprogrammen orientiert", sagt Hein, "sondern darauf geschaut, was in der Stadtgesellschaft diskutiert wird. Da waren dann auch Themen dabei, da hatten die Parteienvertreter ganz schön zu knabbern. Da hatten die sich noch gar nicht richtig positioniert."

Bei einem Test in der Altenburger Fußgängerzone kam aber auch mancher Nutzer ins Grübeln und Nachdenken. "Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht", "Damit muss ich mich nochmal beschäftigen", "Das überrascht mich jetzt" waren häufige Reaktionen.

Wir haben uns nicht so sehr an den Wahlprogrammen orientiert, sondern darauf geschaut, was in der Stadtgesellschaft diskutiert wird.

Michael Hein Leiter des Altenburg-Projekts

Hoffnung: Interesse an Politik wächst

"Und genau das ist es, was wir eigentlich erreichen wollen", meint Rosalie Hoppe. "'Der Kommunal-O-Mat' soll nicht sagen, du musst jetzt die und die Parteien oder Kandidaten wählen, sondern er soll dazu anregen, sich mit kommunalpolitischen Fragen zu beschäftigen. Es ist auch der Versuch, die politische Informiertheit und das Interesse zu erhöhen, dass die Wähler und Wählerinnen nicht nur vermuten, sondern wissen. Er soll auch einfach neugierig machen auf Kommunalpolitik. Und, naja, wer nicht wagt, der nicht gewinnt."

MDR (jw)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 12. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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