Ein großes Modell der Thüringer Wald Card steht auf einem Tisch
Die "Thüringer Wald"-Card gibt es seit dem 1. Juni. Bildrechte: Thüringer Wald Service GmbH/Michael Reichel

Tourismus Neue Gästekarte im Thüringer Wald stößt bislang auf mäßiges Interesse

01. August 2024, 15:09 Uhr

Seit Juni gibt es die "Thüringer Wald"-Card mit einer neuen All-Inclusive-Funktion. Damit bekommen Übernachtungsgäste bei etwa 170 Partnern freien Eintritt. So soll die Region für Touristen attraktiver gemacht werden. Eine erste Bilanz dieses Projekts fällt allerdings gemischt aus.

Es ist mühseliger, als es sich Holger Jakob in seinen schlimmsten Träumen hätte vorstellen können. Jakob arbeitet bei der Thüringer Wald Service GmbH und will die von dem Unternehmen entwickelte "Thüringer Wald"-All-Inclusive-Card unter die Leute - oder besser die Hotels - bringen. Seit Anfang Juni ist die Karte am Start und eine erste Bilanz zum Ende der Sommerferien fällt eher gemischt aus.

Holger Jakob und Thorsten Orban (Museumsleiter des Fahrzeugmuseums Suhl)
Holger Jakob wertet mit Thorsten Orban, Museumsleiter des Fahrzeugmusems Suhl, die Gästestatistik aus. Bildrechte: Bettina Ehrlich

Zu wenige Hotels im System der "Thüringer Wald"-Card

Für die All-Inclusive-Card schlagen Hotels und Pensionen pro Gast und Übernachtung vier Euro auf. Für Kinder werden zwei Euro fällig. Mit der Karte können die Urlauber dann rund 130 Freizeitattraktionen in ganz Thüringen kostenfrei nutzen. Von der Wartburg über das H2Oberhof-Spaßbad bis zum Freibad um die Ecke.

Das haben wir uns wirklich einfacher vorgestellt. Ich habe wirklich gedacht, dass wir mehr Beherbergungsbetriebe begeistern. Mit dieser relativ niedrigen Umlage und diesem hochattraktiven Leistungsangebot.

Holger Jakob Thüringer Wald Service GmbH

Aktuell sind jedoch nur 15 Übernachtungsanbieter im Boot, muss Jakob eingestehen. "Das haben wir uns wirklich einfacher vorgestellt. Ich habe wirklich gedacht, dass wir mehr Beherbergungsbetriebe begeistern. Mit dieser relativ niedrigen Umlage und diesem hochattraktiven Leistungsangebot." Immerhin das zugegebenermaßen "niederschwellige Ziel" habe man erreicht.

Weitere Hotels und Pensionen kommen hinzu

Bis Ende des Jahres kommen weitere Hotels und Pensionen dazu, sodass es dann etwa 30 sein werden. "Aber das reicht bei Weitem noch nicht aus, damit das System für die Region auch einen Marketing- und Vertriebseffekt entfaltet. Dafür brauchen wir mehr", so Jakob.

Er macht ein Rechenbeispiel auf: "In den Vor-Corona-Jahren gab es im Schnitt rund 1,6 Millionen touristische Übernachtungen. Wir brauchen etwa zehn Prozent davon, damit sich dieses System trägt. Also rund 160.000. Zum Jahreswechsel sind wir bei etwa 120.000." Masserberg mit allen Ortsteilen zusammen habe rund 55.000 Übernachtungen. "Da kann man sich ausrechnen, was wir noch vor uns haben", bilanziert der Kartenentwickler.

Wirtschaftlich rechnet sich diese All-Inclusive-Karte für uns einfach nicht.

Jacqueline Schambach Direktorin des Ahorn-Panorama-Berghotels Oberhof

Was Zahlen betrifft, ist auch Jacqueline Schambach vom Ahorn-Panorama-Hotel in Oberhof richtig gut. "Wirtschaftlich rechnet sich diese All-Inclusive-Karte für uns einfach nicht", sagt sie. An einem guten Tag hat das Hotel rund 600 Gäste. "Wenn man annimmt, die Hälfte davon sind Kinder, müssten wir an einem einzigen Tag 1.800 Euro abdrücken", rechnet Schambach vor. Das sei auf den Monat gerechnet ein "Riesenbatzen Geld". Für eine vierköpfige Familie würde sich der Zimmerpreis pro Übernachtung um zehn Euro erhöhen. "Das geht einfach nicht", schätzt die Hotelchefin ein. Zudem bekommen die Gäste schon jetzt über die Kurtaxe ermäßigten Eintritt in die Attraktionen rundherum.

Zufriedene Anbieter

Aber es gibt durchaus auch hochzufriedene Anbieter. Patrick Lindenlaub zum Beispiel. Er betreibt in Brotterode eine Ferienwohnung. Seine Gäste seien von den All-Inclusive-Leistungen begeistert gewesen. "Auch bei dem wechselhaften Wetter gerade zu Beginn der Ferien hatten sie immer die Möglichkeit, spontan was zu unternehmen und das so gut wie ohne Kosten", so sein Feedback. Lindenlaub hofft, dass die Karte in ganz Deutschland noch bekannter wird. Dann sei das für die Region eine sehr gute Sache.

Vorteil der belastbaren Statistik

"Die Kleinen haben es schon begriffen", sagt Frank Meyer vom Rennsteiggarten in Oberhof. "Es ist natürlich auch immer auch ein Preiskampf. Das ist einfach so. Aber ich denke, man sollte heute auf die Qualität, auf die Inhalte und Angebote schauen und nicht immer so sehr auf den Preis. Man sieht es doch in der Gastronomie. Die Leute sind heute bereit, gerne ein paar Euro mehr zu bezahlen, wenn sie eine tolle Qualität, ein ganz besonderes Angebot haben. Und so ist es im Urlaub doch nicht anders", so Meyer.

Für ihn als Freizeitanbieter hat die Karte noch einen ganz anderen Charme. Endlich gibt es eine belastbare Statistik. "Ich war völlig überrascht, dass manche Gäste fast zwei Stunden Fahrt in Kauf nehmen, um zu uns zu kommen." Anhand der Daten könne der Rennsteiggarten künftig sein Marketing viel gezielter ausrichten.

Frank Meyer ist Geschäftsführer des Oberhofer Rennsteiggartens
Frank Meyer, Geschäftsführer des Oberhofer Rennsteiggartens, sieht in der All-Inclusive-Card viele Vorteile. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Michael Reichel

Obwohl es mühselig ist, lässt sich Holger Jakob nicht beirren. Er glaubt an den Erfolg der All-Inclusive-Karte. "Thüringen ist das Bundesland mit der kleinsten Fläche, hat aber die größte Dichte an Freizeiteinrichtungen. Und wenn wir uns umschauen, der Wald stirbt weg, die Winter bleiben aus. Wir müssen deshalb das bewerben, was da ist." Mit der Karte könnten die Menschen auf sehr kurzen Wegen unfassbar viel erleben. Mit genau diesem Argument will Jakob in den nächsten Wochen vor allem in den größeren Hotels für die All-inclusive-Karte werben.

MDR (bee/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 30. Juli 2024 | 06:00 Uhr

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