Der Redakteur | 21.03.2023 Wer legt fest, wann der Polizeihubschrauber zum Einsatz kommt?
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21. März 2023, 15:44 Uhr
Am frühen Montagmorgen flog ein Polizeihubschrauber über Erfurt und weckte dabei Anwohner. Muss das denn sein? Und wer legt überhaupt fest, wann der Polizeihubschrauber zum Einsatz kommt? Ein Fall für unseren "Redakteur".
Thüringen verfügt aktuell über zwei Polizeihubschrauber, die beide am Flughafen Erfurt stationiert sind. Das neueste Modell wurde 2019 in Dienst gestellt, ist ein EC 145, hat 11 Meter Rotordurchmesser, eine Abflugleistung von 738 PS und ein Startgewicht von rund dreieinhalb Tonnen.
Mit einer Reichweite von etwa 700 Kilometern kann er selbst den entferntesten Punkt in Thüringen von Erfurt aus locker erreichen - das sind rund 120 Kilometer in Ostthüringen - und dort seine Aufgaben wahrnehmen. Und hat auch noch genügend Reserve für den Rückflug.
Zur Ausstattung gehören eine Rettungswinde, ein Lasthaken, ein Kamerasystem, ein Suchscheinwerfer und zwei Abseilbalken, den zum Beispiel die Beamten des Spezialeinsatzkommandos nutzen. Das bedeutet: Der Hubschrauber ist nicht nur zum Gucken da, bis zu 11 Personen haben darin Platz. Mit Tempo 250 liegen die Anflugzeiten innerhalb Thüringens in der Regel bei deutlich unter einer halben Stunde.
Wer gibt die Starterlaubnis?
Die beiden Thüringer Hubschrauber unterstehen der Landespolizeidirektion. Die Einsatzzentrale dort gibt die entsprechende Anforderung heraus und am Ende entscheidet auch der Pilot, ob und wann es losgeht. Denn bei ihm liegt die Verantwortung, was die technischen und witterungsbedingten Voraussetzungen für den Flug betrifft.
Hubschrauber fliegen in der Regel auf Sicht, was nicht bedeutet, dass nur bei Sonnenschein geflogen werden kann. Auch das Fliegen bei Dunkelheit und verminderter Sicht ist möglich, weil die Thüringer Hubschrauber nach Instrumentenflugregeln fliegen können. "Es muss natürlich auch Sinn machen, den Hubschrauber einzusetzen. Bei sehr tiefem Nebel wäre ein Einsatz, der Sicht erfordert, auch nicht zielführend", so Patrick Martin, Sprecher der Thüringer Landespolizeidirektion.
Was war der Grund für den Einsatz in Erfurt?
Im Falle unserer nächtlichen "Lärmbelästigung" in Erfurt war es am Ende eine Mischsituation. Ein Mann war am Bahnhof kontrolliert worden, ein Drogentest war positiv ausgefallen und während der Kontrolle flüchtete der Mann mit seinem Auto. In der Schillerstraße endete die Flucht an einem geparkten Transporter.
Nun wurde das Fluchtfahrzeug bei dem Zusammenstoß oberflächlich betrachtet nur leicht beschädigt, sogar die Frontscheinwerfer leuchteten noch, sodass nicht zwingend von einer schweren körperlichen Verletzung des Mannes ausgegangen werden kann. Trotzdem hatte man sich in der Nacht für den Hubschraubereinsatz und auch für den Einsatz eines Fährtenhundes entschieden, um den Mann zu finden.
Dass er sich in seinem Zustand mindestens in einer Ausnahmesituation befunden hat, darf man unterstellen, sodass in der Summe die Beamten zu dem Schluss gekommen sind, dass eine Suche per Hubschrauber geboten ist. So banal es klingt, die Polizei wird sich am Ende rechtfertigen müssen, wenn es spätestens vor Gericht auch darum geht, ob Folgeereignisse hätten verhindert werden können. Geiselnahme, Unfall, Suizid, doch eine schwerere Verletzung, die Drogenwirkung, die Liste ist sicher unvollständig.
Mittlerweile ist der Stand des Erfurter Falles nach Auskunft der Polizeiinspektion so, dass der Täter namentlich bekannt ist und auch nicht mehr direkt schutzpolizeilich gesucht wird. Der Fall ist also nun auf der Schreibtischebene angekommen. Das heißt, die Ermittlungen werden weitergeführt und dann landet die Akte bei der Staatsanwaltschaft und nach deren Entscheidung am Ende - gegebenenfalls vor Gericht. Dass der 24-jährige zwischendurch Kontakt mit der Polizei bekommt, davon kann man ausgehen, schließlich ist da ja noch ein Auto auf der Straße stehengeblieben und ein paar Fragen sind auch noch offen.
Wenn wir eine verletzte Person suchen, dann spielt Geld keine Rolle. [...] Wenn der Hubschrauber verfügbar ist, wird er eingesetzt.
Wie oft fliegen die Thüringer Hubschrauber?
Einmal täglich sind die beiden Hubschrauber durchschnittlich im Einsatz. Die Gründe sind so vielschichtig wie das Leben. Und wenn es ums Überleben geht, dann wird auch nicht lange gefackelt, auch wenn sich hinterher herausstellt, dass es auch ein Hund getan hätte. Die Hubschrauberkarte wird zum Beispiel dann schnell gezogen, wenn sich nach einem Unfall herausstellt, dass Unfallbeteiligte fehlen.
Blutspuren sind oft nur äußere Anzeichen, schwere innere Verletzungen wie Blutungen sind aber mitunter erst im Krankenhaus diagnostizierbar. Hier tickt die Uhr oft unerbittlich und Unfallopfer in Ausnahmesituationen laufen auch schon mal unter Schock orientierungslos umher, zum Beispiel auf die Straße oder Autobahn.
Natürlich ist der Hubschrauber nicht ganz billig und verbraucht eine Menge Sprit, wenn er in der Luft ist. Trotzdem gibt es Situationen, da ist er die erste Wahl. Patrick Martin betont dabei, dass es in der Abwägung immer darum geht, mit welchem Einsatzmittel man den Einsatzzweck am schnellsten erfüllen kann. "Wenn wir eine verletzte Person suchen, dann spielt Geld keine Rolle. Dann setzen wir das Einsatzmittel ein, das uns zum Ziel bringt. Wenn der Hubschrauber verfügbar ist, wird er eingesetzt." sagt Patrick Martin, Sprecher der Thüringer Landespolizeidirektion.
Und manchmal fliegt auch der Fährtenhund zum Einsatzort, wenn es schnell gehen muss. Das geht aber nur mit speziell ausgebildeten Hunden, die ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Hundeführer haben. Denn das Fliegen ist ein ziemlicher Stress für das Tier. Und trotzdem kann es am Ende sein, dass es hinterher heißt: Das war aber alles ein wenig zu viel des Guten. Oder eben zu viel Lärm für die Anwohner von Erfurt.
MDR (swi)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 21. März 2023 | 16:40 Uhr
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