Thüringer Landtag Spitzengespräch zu Haushalt 2023 geplatzt: CDU und FDP stellen Bedingungen

22. November 2022, 21:37 Uhr

Es geht um vier Stimmen. Die fehlen der rot-rot-grünen Landesregierung für eine Mehrheit im Thüringer Landtag. Und weil das so ist, braucht sie bei Beschlüssen oder bei der Verabschiedung von Gesetzen vier Stimmen von der Opposition. Diese Mehrheitsbeschaffung gestaltet sich oft schwierig. Wie etwa beim Landeshaushalt für 2023: Da scheint eine Einigung zwischen Rot-Rot-Grün auf der einen und der CDU und FDP auf der anderen Seite in weiter Ferne zu sein.

Eigentlich wollten Linke, SPD und Grüne am Dienstagvormittag mit Union und FDP strittige Punkte im Etat klären. Am Ende saßen die Vertreter von Rot-Rot-Grün aber alleine am Tisch.

FDP-Gruppenchef Thomas Kemmerich ließ wissen, Rot-Rot-Grün müsse für den geplanten 13 Milliarden Euro-Etat einen Kürzungsvorschlag vorlegen, erst dann könne es weitere Gespräche geben. Nach Ansicht der FDP übersteigen die Ausgabenwünsche der Minderheitsregierung die zu erwartenden Einnahmen um rund eine Milliarde Euro.

"Nicht in der Lage, in eine Turnhalle zu investieren"

CDU-Fraktionschef Mario Voigt schlug die Einladung von Rot-Rot-Grün ebenfalls aus. Seinen Angaben nach hat die Union schon vor Wochen ihre Änderungsvorschläge für den Etat auf den Tisch gelegt. Darin fordert die CDU, sparsamer mit den finanziellen Reserven des Landes umzugehen, aber auch mehr Geld als Krisenhilfen für Wirtschaft, Familien und Kommunen bereitzustellen und in Schulen und Digitalisierung zu investieren: "Diese Landesregierung ist in meinem Wahlkreis nicht in der Lage, in eine Turnhalle zu investieren, wo Ratten durch die Halle laufen", schimpft der Oppositionspolitiker. "Sie ist nicht in der Lage, in einer Grundschule Lehrer zu beschaffen, wo vier Klassen mit vier Lehrern unterrichtet werden, also maximaler Notstand existiert. Das sind die realen Probleme."

Voigt: Keine Reaktion auf CDU-Vorschläge

Auf die Vorschläge und Forderungen der Union habe Rot-Rot-Grün habe aber nicht reagiert, beklagt Voigt. Ein Treffen, um über den Haushalt zu reden, hätte keinen Sinn gemacht. Der CDU-Fraktionschef verweist darauf, dass die Landeregierung erst vor zwei Wochen eine Ergänzungsvorlage zum Haushalt 2023 vorgelegt hat: "Weil die Landesregierung nämlich alleine das Initiativrecht hat für einen Haushalt. Und das fordere ich jetzt auch von der Landesregierung, dass sie eine Ergänzungsvorlage mit den Erfordernissen, die die CDU-Fraktion sieht, auf den Tisch legt. Dasselbe, was die Landesregierung vor zwei Wochen gemacht hat, erwarte ich jetzt auch."

Voigt räumt ein, dass der eigentliche Ort für Haushaltsverhandlungen der Landtag ist - gemäß der Regel, dass das Etatrecht das Königsrecht des Parlaments ist: "Natürlich wird am Ende ein Haushalt im Parlament beraten. Aber dazu muss eine Landesregierung, wenn sie eine Minderheitsregierung ist, auch die Kritikpunkte derjenigen aufnehmen, die im Zweifelsfall angesprochen werden. Ich kann es mir als Opposition ganz leicht machen. Ich kann einfach nur kritisieren, aber das ist nicht mein Anspruch. Wir sind eine konstruktive Opposition. Wir wollen gestalten, aber wir haben Erwartungen."

Grüne: CDU und FDP agieren verantwortungslos

Bei Rot-Rot-Grün stößt das Verhalten der FDP und insbesondere der CDU auf Kritik. Damit werde der Plan, den Etat noch rechtzeitig in diesem Jahr zu verabschieden, gefährdet, befürchtet Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich: "Das ist auf jeden Fall verantwortungslos. Wir wissen alle, dass wir schnell einen Haushalt brauchen. Die Kommunen, Vereine, Verbände warten darauf in diesen Krisenzeiten. Und insofern bewerte ich das schon als eine Art Foulspiel."

SPD: CDU-Forderungen an falschen Adressaten

Ähnlich argumentiert SPD-Fraktionschef Matthias Hey. Seiner Ansicht nach hat sich die CDU für ihre Forderung den falschen Adressaten ausgesucht: "Das Problem ist, dass Herr Voigt sich an die Landesregierung gewandt hat. Die ist aber nicht mehr Herr des Verfahrens. Das liegt jetzt bei uns und müsste zwischen uns verhandelt werden." Laut Hey würden parallel verlaufende Gespräche zwischen CDU und Landesregierung die Etatverhandlungen nur zusätzlich komplizierter machen. "Das wird dann immer schwieriger, weil wir auf den Kalender schauen und merken, die Zeit wird immer knapper."

"Wir sind verärgert über die CDU", stellt Linke-Fraktionschef Steffen Dittes fest. Er fordert seinerseits die Union auf, selbst konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen, was am rot-rot-grünen Haushaltsentwurf geändert werden soll. Und Gespräche seien dazu da, um strittige Punkte zu klären. Für Freitag dieser Woche hat Rot-Rot-Grün CDU und FDP zu einem erneuten Treffen eingeladen. Auch nach Ansicht von Dittes drängt die Zeit: "Die Abfolgen, die wir beschlossen haben mit der CDU, sehen vor, dass wir am 8. Dezember im Haushalts- und Finanzausschuss eine Beschlussempfehlung fassen. Davor muss die Einigung über alle Änderung erfolgen. Das ist jetzt in Gefahr. Wir hoffen aber auf das Verständnis und vor allem auf die Verantwortung der demokratischen Opposition, sich dem Haushaltsprozess nicht weiter zu verschließen."

MDR (usb/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 22. November 2022 | 12:00 Uhr

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