Salafismus Verfassungsschutz beobachtet Zulauf in radikale Islamistenszene in Thüringen
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04. November 2020, 13:30 Uhr
Der Salafismus, eine fundamentalistische Strömung des Islam, übt laut Verfassungsschutz besonders auf junge Männer eine Anziehungskraft aus - auch in Thüringen.
Der Thüringer Verfassungsschutz beobachtet einen zunehmenden Zulauf von jüngeren Muslimen in salafistische Szenen in Thüringen. Präsident Stephan Kramer sagte MDR THÜRINGEN, besonders auffällig sei das bei 16- bis 25-Jährigen.
Beim Salafismus handelt es sich um eine islamistische Strömung, die sich auf eine Art Ur-Islam beruft. Anhänger des Salafismus erkennen beispielsweise von Menschen gemachte Gesetze nicht an. Nach Einschätzung von Verfassungsschutz und Polizei radikalisieren sich im Umfeld von Salafistenszenen meist junge Männer, um entweder im Ausland zu kämpfen oder um in Deutschland Anschläge zu planen. Aus diesem Grund beobachten die Verfassungsschutzämter in Deutschland die salafistische Szene.
LKA: Zahl islamistischer Gefährder im einstelligen Bereich
Thüringer Sicherheitsbehörden schließen nach dem Terroranschlag in Wien entsprechende Reaktionen aus der islamistischen Szene im Freistaat nicht aus. Das Landeskriminalamt teilte MDR THÜRINGEN mit, eine genaue Aussage über das Gefährdungspotenzial von Terroranschlägen in Thüringen könne aber derzeit nicht getroffen werden. Das sei in den meisten Fällen nur möglich, wenn konkrete Fälle bekannt seien und es dazu Ermittlungen gebe.
Nach Angaben des LKA liegt die Zahl islamistischer Gefährder im Freistaat derzeit im unteren einstelligen Bereich. Genauere Angaben wollte die Behörde aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen.
Verfassungsschutz beobachtet Salafisten in Thüringen
Die Moschee-Vereine in Erfurt und Nordhausen waren vor einigen Jahren Treffpunkte für die deutsche Salafistenszene. Nach MDR THÜRINGEN-Informationen stehen diese Vereine weiter unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Nach eigenen Angaben hat das Landeskriminalamt in 2019 in zehn Fällen im Bereich Islamistischer Terror ermittelt. In neun Verfahren sei es um die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegangen. Dazu zählten Gruppen wie der "Islamische Staat", die Taliban oder die Terrormiliz Al-Shabab. In einem weiteren Fall sei es um die finanzielle Unterstüzung einer Terrorgruppe gegangen.
Vor zwei Jahren hatte MDR THÜRINGEN ein umfangreiches Verfahren im Bereich islamistischer Terror öffentlich gemacht. Kurz vor Heiligabend 2017 hatten Spezialeinheiten des LKA in Waltershausen (Landkreis Gotha) einen mutmaßlichen Terrorunterstützer in Gewahrsam genommen. Bei ihm bestand der Verdacht, Mitglied einer Terrorzelle in Deutschland zu sein, die Anschläge logistisch unterstützt. Der mutmaßliche Terrorunterstützer wurde später aus dem Gewahrsam entlassen. Nach MDR THÜRINGEN-Informationen lebt er nicht mehr in Thüringen. Der Fall wurde an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe abgegeben.
Quelle: MDR THÜRINGEN/mm