Tankstellenanzeige
Hat Thüringen die bundesweit höchsten Spritpreise? Bildrechte: IMAGO/Panama Pictures

Der Redakteur | 25.05.2023 Benzin und Diesel: Hat Thüringen die bundesweit höchsten Spritpreise?

25. Mai 2023, 15:37 Uhr

Es war einmal die Idee einer "Markttransparenzstelle". Ein Ziel war ein kleines Märchenland, in dem alle Bewohner die Preise vergleichen und stets günstig tanken können. Nur wo gibt es diese paradiesischen Zustände? In Thüringen ja ganz offensichtlich nicht.

Wir beginnen mit einer Überraschung. Ja, es gibt sie tatsächlich regelmäßig, diese Beschwerden, man habe die höchsten Spritpreise im Lande. Sie kommen aber nicht nur aus Thüringen.

Viele Regionen haben die Annahme, dass es bei Ihnen besonders teuer ist.

Katharina Lucà, Sprecherin ADAC

Punktuell mag das stimmen, besondere Marktsituationen oder ungünstige Lagen können durchaus dazu führen, dass es regionale Extremfälle gibt. Diese betreffen aber selten ein ganzes Bundesland. In den Statistiken von ADAC und Bundeskartellamt fällt Thüringen jedenfalls nicht sonderlich auf. Wir sind Mittelmaß, liegen meistens im Durchschnitt, können uns aber ein stückweit selbst helfen, indem wir verstehen, wie der Markt aktuell funktioniert.

Was ist die Markttransparenzstelle?

Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe wurde einst in guter Absicht geschaffen. Sie ist beim Bundeskartellamt angesiedelt. Seit dem 31. August 2013 müssen Tankstellenbetreiber Preisänderungen bei den gängigen Kraftstoffsorten Super, Super E10 und Diesel in Echtzeit an die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe melden. Über die bereitgestellten Schnittstellen können seitdem Internetportale diese Informationen abgreifen und - mehr oder weniger hübsch aufbereitet - uns Verbrauchern zur Verfügung stellen. Nur haben aber auch die Mineralölkonzerne Internet und freuen sich über ein kostenloses Marketinginstrument.

Vor 2013 musste man noch mühevoll beim Konkurrenten spionieren, um die Preise anzupassen, jetzt geht das vom Schreibtisch-PC aus. Weil von dort auch die Preise an den Säulen eingestellt werden, sind wir nicht weit weg von einem Pokertisch, an dem am Ende meistens die Mineralölkonzerne gewinnen. Sie können permanent ausprobieren, wo genau der Punkt ist, an dem die Leute wegbleiben. Nun wurde im Zuge der Einführung der Markttransparenzstelle darüber diskutiert, täglich nur eine Preiserhöhung zu gestatten, allerdings ist es in Deutschland bei der Idee geblieben. Das heißt: Der Markt regelt es alleine und es liegt ganz an uns, die günstigste Tankstelle im Umkreis zu finden.

Wie schwanken die Preise heute?

Es sei nicht mehr so wie früher, sagt Katharina Lucà, Sprecherin des ADAC. Vor Einführung der Markttransparenzstelle gab es vor allen Dingen die extremen Unterschiede zwischen dem teuren Freitag und dem billigen Montag. Auch vor den Ferien gab es extreme Spitzen. Diese Sprünge gibt es immer noch in leichter Form, aber die ganz großen Ausschläge gibt es jetzt täglich zwischen früh und abends. Hier liegen die Unterschiede in der Regel zwischen sieben und zwölf Cent pro Liter, so die Zahlen des ADAC.  Manchmal auch darüber.

Das bietet aber natürlich für den Autofahrer ein großes Sparpotential, wenn er clever tankt. Die günstigste Zeit ist zwischen 18 Uhr und 22 Uhr.

Katharina Lucà, Sprecherin ADAC

Das bedeutet: morgens, wenn wir keinen Nerv und keine Zeit haben, zu vergleichen, da langen die Mineralölkonzerne am kräftigsten zu. Und die günstigsten Zeiten liegen nach 18 Uhr auch außerhalb der normalen Pendler-Zeiten.

Warum glauben alle, die teuerste Region zu sein?

Dieses beobachtete Phänomen hat genau mit diesen Tagesschwankungen zu tun. Wir fahren normalerweise morgens auf Arbeit und starten in der Regel zu Hause. Das ist dummerweise die teuerste Zeit des Tages. Also sehen wir: zu Hause = teuer. Jetzt fahren wir vielleicht nach Kassel, sind zwei Stunden später dort - und wenn wir den Blick haben für die Zapfsäulen, werden wir feststellen, es sind ein paar Cent weniger. Eine Frechheit! Aber es ist ja auch nicht mehr morgens um sieben.

Wer zeitgleich von Kassel nach Erfurt fährt, der könnte unter Umständen die gleiche Beobachtung machen: "zu Hause = teuer". Das deckt sich auch mit den Grafiken, die die Preisvergleichsportale zur Verfügung stellen. Egal, welche Stadt man eingibt, es fängt morgens hoch an und sinkt im Laufe des Tages teilweise extrem. Zur Mittagszeit sind die Preise oft sogar im freien Fall.

Wie teuer ist Thüringen nun tatsächlich?

Thüringen liegt leicht über dem Bundesdurchschnitt beim Benzin, das zeigen sowohl die Zahlen der Markttransparenzstelle, aber auch die monatlich erhobenen Daten des ADAC.

Thüringen war bei E5 dieses Jahr (bis einschließlich Ende April) immer teurer als der Bundesdurchschnitt, allerdings teilweise nur etwa ein Cent pro Liter.

Schriftliche Stellungnahme Bundeskartellamt

Grundsätzlich sind es oft andere Bundesländer, die die höchsten Preise aufweisen. Insbesondere im Osten und Süden Deutschlands (zur Sicherheit: Thüringen liegt in der Mitte). Das Bundeskartellamt verweist auf seinen letzten Newsletter und die dort enthaltene Wärmekarte.

Hier waren besonders das südliche Bayern und das östliche Brandenburg die Regionen, die sich wirklich beklagen können. Durchgehend am günstigsten weg kommen in der Regel Landkreise in Nordrhein-Westfalen. Extrem teuer ist es wirklich im südlichen Bayern. Zwischen diesen Extremwerten können durchaus regelmäßig 20 Cent liegen. Und wir sind immer noch bei den Tagesdurchschnittswerten.

Die restlichen Regionen bewegen sich in einer Spanne von etwa zehn Cent. Weil sich der Durchschnitt aber eben aus hohen und niedrigen Werten bildet, können punktuelle Beobachtungen auch ein ganz anderes Bild liefern, weil morgens eben überall die jeweiligen Tageshöchstwerte erreicht werden. Wehe also, man fährt morgens in Bayern los und landet abends in NRW.

Und es gibt durchaus Tage, an denen sich die eine oder andere Thüringer Region auch mal preislich in Richtung südliches Bayern bewegt. Fakt ist - das bestätigen Brancheninsider mehr oder weniger direkt - es wird von den Mineralölkonzernen einfach permanent ausgetestet, wie weit man zu welchem Zeitpunkt in welcher Region gehen kann. Denn die "Zocker" und Systeme in den Zentralen merken natürlich sofort, wenn der Kundenstrom abreißt. Wir haben es also ein stückweit in der Hand. Und wer morgens tanken muss, der hat den Fehler vielleicht schon am Vorabend gemacht, als er sein Auto mit leerem Tank abgestellt hat. 

MDR (thk)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 25. Mai 2023 | 16:40 Uhr

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