Kurznachrichtendienst Twitter-Nutzung bei Großalarm: Keine Limits für Polizei in Sachsen

18. Juli 2023, 17:17 Uhr

Polizei und Feuerwehren in Sachsen nutzen Twitter gerade bei Großschadens- und Katastrophenlagen intensiv. Medien und Bürger greifen darauf zu. Doch seit Kurzem baut Twitter seine Dienste um und macht Einschränkungen für Nutzer, die nicht das volle Paket bezahlen. In Hamburg musste das die Feuerwehr feststellen, die nach einem Bombenfund nicht wie gewohnt die Bevölkerung warnen und informieren konnte. Kann das in Sachsen auch passieren?

"Ist das jetzt Euer Ernst, Twitter?!" Anfang Juli ärgert sich die Feuerwehr Hamburg öffentlich bei Twitter: Kameraden entschärfen gerade eine Fliegerbombe, aber Twitter melde, die Feuerwehr habe ihr Zugriffslimit erreicht. Die Social-Media-Redakteure konnten zeitweise keine Informationen sehen und weitergeben. Bei gefährlichen Einsatzlagen kann das problematisch sein.

Innenministerium hat verifizierte Accounts und zahlt

"Das betrifft uns nicht. Wir sind nicht von den Restriktionen abhängig", sagt der Referatsleiter Kommunikation im Innenministerium in Sachsen, Robert Fink, und meint die Polizei in Sachsen und die Ministerien. "Wir haben zwei zertifizierte Accounts, für die wir je 84 Euro im Jahr bezahlen." Im Falle von Krisen und Großereignissen würde die jeweilige Polizeidirektion den Polizeikanal beim Nachrichtendienst nutzen und die Ministerien den des Innenministeriums. Zwei Social-Media-Teams bearbeiten die Inhalte.

Wir sind nicht von den Restriktionen abhängig.

Robert Fink Referatsleiter Kommunikation im Innenministerium Sachsen

"Wir müssen dort hingehen, wo die Menschen in den sozialen Medien sind und Informationen suchen. Das leitet sich aus unserem Auftrag zur Bürgerinformation ab", erklärt Fink. Neben Twitter würden auch die Plattformen Facebook, Youtube, Linkedin und Instagram bedient.

Dresdner Feuerwehr verlässt sich nicht nur auf Twitter

Die Feuerwehr Dresden hat sich keinen verifizierten Account zugelegt und bezahlt auch keine Monats- oder Jahresbeiträge. "Wir machen normal weiter", sagt Sprecher Pierre Betrich MDR SACHSEN. Aktuell bemerkten seine Social-Media-Mitarbeiter noch keine Einschränkungen bei Twitter. Aber sie hätten mit den Kollegen in Hamburg gesprochen und sich über die Probleme der Kommunikationslücke dort während der Bombenentschärfung ausgetauscht. Auch Bürger hätten nachgefragt, ob der Feuerwehr in Dresden so etwas auch passieren könnte. "Weil in Hamburg alles über Twitter lief und dann das Limit erreicht war, gab es kurzzeitig Momente ohne Informationen. Das ist natürlich schlecht in so einer Lage", meint Betrich.

Wenn ein Großereignis ist, bauen wir um und informieren über die Website.

Pierre Betrich Sprecher der Feuerwehr Dresden

Homepage im Fokus

Bei größeren Ereignissen will die Feuerwehr Dresden weiterhin auch über Twitter informieren und dann den Fokus auf die Website der Landeshauptstadt Dresden legen, weitere Informationen sollen dort einlaufen. "Die Homepage muss immer funktionieren", betont der Feuerwehrsprecher und verweist auch auf Instagram und Facebook, wo die Feuerwehr ebenfalls postet. "Allerdings ist Facebook problematisch wegen des Streits mit den Datenschützern in Sachsen", so Betrich.

Was, wenn Facebook keine Alternative ist?

Die Auseinandersetzung findet auch Robert Fink vom Innenministerium problematisch. Die beiden beziehen sich auf den Streit mit der sächsischen Datenschutzbeauftragten, die die Staatskanzlei und Ministerien dazu aufgefordert hat, ihre Facebookseiten abzuschalten, weil Nutzerdaten dort nicht sicher seien. Die Sächsische Staatskanzlei muss ihre Seite bei Facebook innerhalb von vier Wochen abschalten, das wurde ihr Anfang Juli per Bescheid mitgeteilt. Die Staatskanzlei sieht die Präsenz bei Facebook jedoch als wichtig an, um Bürger zeitnah und zielgerichtet zu informieren. "Alle beobachten jetzt, ob wir Facebook weiter benutzen und wie es weitergeht", sagt Innenministeriumssprecher Fink.

DRK: Auge auf Facebook-Streit und abwarten

Den Ausgang des Streits und mögliche Gerichtsurteile verfolgt auch Kai Kranich fürs Deutsche Rote Kreuz Sachsen (DRK). "Wenn Ministerien Facebook nicht mehr nutzen dürften, warum sollten wir das dann dürfen?" Ein mögliches Nein für Behörden zur Facebooknutzung könnte auch Folgen haben, wenn sie auf andere Angebote des Meta-Konzerns umschwenken wollten, zu dem auch Facebook gehört. Sollte sich der neue Dienst von Meta namens "Threads" als Alternative zu Twitter etablieren, was dann, fragt sich Kranich. Zwar ist der Dienst noch nicht in Europa zugelassen. Aber: "Dann würde dieser Kanal für uns ja auch wegfallen", überlegt der DRK-Sprecher.

Er verweist auf Erfahrungen, wonach kein Medium oder Kanal vollständig durch ein anderes Medium oder Kanal ersetzt werde (auch Riepl'sches Gesetz genannt). "Wir können nicht ersatzlos von Twitter auf eine Alternative umschwenken. Da wir aber in unseren Ressourcen begrenzt sind, können wir nicht auf jedem Kanal mit der gleichen Intensität arbeiten." Twitter sei auch durch Krisen groß geworden. "Ich gehe davon aus, dass gegebenenfalls eine andere Plattform diese Rolle in der nächsten Krise einnehmen kann. Das müssen wir einfach beobachten", meint Kranich.

Einstweilen bleibt der DRK-Account wie er war - ohne Beitragszahlungen. Für Notlagen halte das DRK extra Webseiten bereit, die innerhalb kurzer Zeit online gehen. Nutzerinnen und Nutzer sollten sich dort informieren.

Die Veränderungen bei Twitter

Seit der Übernahme durch Elon Musk wird Twitter umgebaut. Anfang Juli verkündete er, dass man vorläufig einschränken werde, wie viele Tweets sich Nutzer pro Tag anzeigen lassen können. Wer als verifizierter Account gelten will, muss teilweise bezahlen. Auch eine bestimmte Funktion, die das Sortieren von Inhalten erleichtert, das Tweetdeck, wird demnächst kostenpflichtig. Dass nicht-verifizierte Profile nur eine begrenzte Anzahl von Tweets lesen und schreiben konnten, galt hingegen nur temporär.

MDR (kk)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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