Schutz vor Betrug Nach Betrügereien in Leipzig: Tafeln in Sachsen sollen moderner werden
Hauptinhalt
31. Januar 2024, 06:00 Uhr
Die Tafeln in Sachsen versorgen nach eigenen Angaben im Jahr hunderttausende Bedürftige mit Lebensmitteln. Wenn diese von Betrügern widerrechtlich in den Märkten abgeholt werden, ist das nicht nur für die oft ehrenamtlichen Tafel-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ärgerlich. MDR-Recherchen haben ergeben, dass die Fälle in Leipzig keine Ausnahme sind. Doch wie können sich die Vereine davor schützen?
- Der Vorstand der sächsischen Tafeln sieht keine flächendeckenden Fälle.
- Die Tafel in Chemnitz hat jedoch in den vergangenen Jahren auch mehrere Fälle von Betrug erlebt.
- Besonders Tafeln im ländlichen Raum setzten auf das Prinzip Vertrauen.
Die Fälle von gestohlenen Lebensmitteln durch vorgebliche Tafel-Mitarbeiter in Leipzig haben den Landesvorstand erreicht. Dietmar Haase vom Vorstand der Tafeln in Sachsen sagte MDR AKTUELL, meist handele es sich um ehemalige Mitarbeiter, die mit dem Prozedere vertraut seien. Ihm sei nicht bekannt, dass es solche Fälle in Sachsen flächendeckend gebe. Sein Vorstandskollege Matthias Thomas regte an, die Tafelarbeit mittels Digitalisierung transparenter zu gestalten.
Die Tafeln müssen weg von den Karteikarten und der Zettelwirtschaft.
Thomas zufolge ist Leipzig ein Ausnahmefall. Es müsse mit aller Härte und juristischen Mitteln dagegen vorgegangen werden, sagte er MDR SACHSEN. Zudem sollte die Tafel-Arbeit verstärkt digitalisiert werden. "Wir müssen weg von den Karteikarten und der Zettelwirtschaft." Denkbar wäre, dass die Tafel-Fahrer sich per Smartphone oder Tablet in den Märkten identifizieren, so der IT-Fachmann. Laut Thomas gibt es bereits ein Digitalisierungsprojekt beim Verband. Das sei in der Evaluierungsphase.
Einheitliche Bekleidung in Chemnitz und Görlitz
Während Digitalisierungsprojekte noch an Datenschutzbestimmungen und Technikproblemen scheiterten, setzten mehrere Tafel-Vereine in Sachsen auf eine einheitliche Bekleidung zum Erkennen ihrer Mitarbeiter. In Görlitz tragen die Fahrer Jacken mit dem Tafel-Logo, wie eine Vereinssprecherin MDR SACHSEN sagte. Auch die Chemnitzer Tafel schaffte eine einheitliche Bekleidung an, berichtete Geschäftsführerin Christiane Fiedler.
Tafel Chemnitz zeigte Betrugsfälle an
Im Schnitt erlebe die Chemnitzer Tafel einen Betrugsfall pro Jahr in den vergangenen 25 Jahren, so Fiedler. Auch dort haben sich demnach schon Vereinsfremde als Tafel-Mitarbeiter ausgegeben, Lebensmittel abgeholt oder Spenden gesammelt. Die Ermittlungen seien von der Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.
Bei den Polizeidirektionen in Chemnitz, Zwickau, Dresden und Görlitz sind derartige Betrugsfälle nicht bekannt, wie eine Umfrage von MDR SACHSEN ergeben hat. "Solche Fälle lassen sich zudem schwer recherchieren, da dies allgemein unter die Betrugsdelikte fallen würde", sagte ein Polizeisprecher aus Dresden.
Abholer und Spender kennen sich
Dem Träger der Tafel Bautzen, ODS GmbH, sind bisher keine Betrugsfälle bekannt. Zum Schutz davor gelte ein Prinzip, hieß es: "Die Fahrer, die die Spenden aus den jeweiligen Märkten abholen, sind immer dieselben Personen", sagte der Vereinsvorsitzende Stefan Schreier MDR SACHSEN. Einen Personenwechsel gebe es nur selten. "Und wenn, wird er kommuniziert." So würden sich die Lebensmittelspender und die Menschen, die diese im Auftrag der Bautzener Tafel einsammeln, persönlich kennen.
Einheitliche Ausweise oder Kleidung sieht Schreier kritisch. Die könne gefälscht werden, wenn man sie kenne, wendet er ein. Auch die Tafel in Pirna setzt auf eine Vertrauensbasis zu den Supermärkten. Das sei im ländlichen Raum einfacher als in der Großstadt, so die Vereinsvorsitzende Susanne Paul, deren Verein neben Pirna auch Tafeln in Heidenau, Neustadt und Bischofswerda beliefert.
Die Fahrer, die die Spenden aus den jeweiligen Märkten abholen, sind immer dieselben Personen. Einen Personenwechsel gibt es nur selten, und wenn doch, wird er kommuniziert.
Fast eine Million Menschen im Jahr versorgt
Die Tafeln in Sachsen haben im vergangenen Jahr 900.000 Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt. Laut Dietmar Haase vom Landesverband wurden zusätzlich tausende Geflüchtete mit Essen versorgt. Besonders hoch sei die Nachfrage außerhalb der Städte, mit Schwerpunkten in der Oberlausitz, im Osterzgebirge und im Vogtland.
MDR (wim/aka)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 30. Januar 2024 | 06:05 Uhr