Nahverkehr Sachsens Verkehrsministerium lehnt ermäßigtes Deutschlandticket ab
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11. März 2023, 16:55 Uhr
Kurz vor der Einführung des 49-Euro-Deutschlandtickets am 1. Mai stellt Sachsens Regierung klar: Für weitere Vergünstigungen fehlt das Geld. Zuvor hatten die Studentenwerke Alarm geschlagen. Sie fordern ähnlich wie bei Arbeitnehmern und Azubis eine Ermäßigung, sodass das Ticket für die angehenden Akademiker nur 29 Euro kosten würde.
- Sachsens Landesregierung hält weitere Vergünstigungen beim Deutschlandticket nicht für finanzierbar.
- Zuvor hatten die Studentenwerke im Freistaat die Einführung eines 29-Euro-Tickets für Studierende gefordert.
- Bisher nutzen die Studierenden in Sachsen solidarische Semestertickets.
Sachsen lehnt eine ermäßigte Version des geplanten bundesweiten 49-Euro-Tickets ab. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums erklärte, weitere Vergünstigungen für einzelne Personengruppen könnten gegenwärtig nicht bezahlt werden. Das Ministerium wolle vorrangig das Deutschlandticket und bestehende Tarifvergünstigungen wie das Bildungsticket für Auszubildende und Schüler finanzieren. Jährlich würden dafür rund 74 Millionen Euro vom Freitstaat aufgewendet, hieß es. Das sächsische Bildungsticket kostet 180 Euro im Jahr und kann in jeweils einem Verkehrsverbund genutzt werden. Bundesweit wird derzeit auch über ein sogenanntes Sozialticket diskutiert.
Studentenwerke vs. Verkehrsministerium
Kein Verständnis für die Haltung des Ministeriums haben die sächsischen Studentenwerke. Wenn das 49-Euro-Ticket am 1. Mai dieses Jahres komme, müsse es auch eine Vergünstigung für Studierende geben. "Für Studierende braucht es ein ermäßigtes Deutschlandticket als freiwilliges Kaufticket, um bezahlbare Mobilität im Studium sicherzustellen", sagt die Geschäftsführerin des Studentenwerkes Chemnitz-Zwickau und Sprecherin der sächsischen Studentenwerke, Anja Schönherr.
30 Prozent Ermäßigung für Arbeitnehmer und Azubis
Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit auch Auszubildende eine Ermäßigung von insgesamt 30 Prozent auf das 49-Euro-Ticket erhielten, sei eine solche Lösung auch für Studierende angebracht, spricht Schönherr mögliche Vergünstigungen an, wenn das Deutschlandticket von Firmen für ihre Mitarbeiter als Jobticket bereitgestellt wird. "Studierende sollten nicht mehr zu einer rein solidarischen Lösung gezwungen sein", denkt Schönherr.
Für Studierende braucht es ein ermäßigtes Deutschlandticket als freiwilliges Kaufticket, um bezahlbare Mobilität im Studium sicherzustellen.
Studierende nutzen bisher solidarische Semestertickets
Bisher gibt es an vielen Hochschulstandorten regionale Semestertickets, mit denen Studierende vergünstigt den regionalen ÖPNV nutzen können. Diese Tickets werden solidarisch von den Studierenden selbst finanziert. Studierende müssen mit der Einschreibung beziehungsweise Rückmeldung an ihrer Hochschule einen Beitrag zum Semesterticket zahlen (z.B. aktuell in Dresden 195 Euro, in Leipzig 165 Euro und in Zwickau 170 Euro, jeweils pro Semester).
Der Beitrag wird unabhängig davon bezahlt, ob der ÖPNV auch genutzt wird. Dadurch, dass alle Studierenden den vollen Beitrag leisten müssen, ergibt sich die Vergünstigung des Semestertickets für die gesamte Gruppe.
Aufstocklösung statt Vergünstigung
Beim Deutschlandticket ist für Studierende derzeit nur eine Aufstockungslösung vorgesehen: Sie können dabei ihre regionalen Semesterticket-Kosten beim Kauf des 49-Euro-Tickets anrechnen lassen und zahlen nur den Differenzbetrag. Studierende aus Regionen ohne Semestertickets zahlen die vollen 49 Euro. Eine besondere Vergünstigung des Deutschlandtickets für Studierende ist bisher nicht geplant.
Wir plädieren dringend an den Bund und die Länder für die zeitgleiche Einführung eines 29-Euro-Bildungstickets als freiwilliges Kaufticket für Studierende.
"Selbst, wenn Studierende die Kosten ihres regionalen Semestertickets beim Kauf des 49-Euro-Tickets anrechnen lassen können, so haben sie unterm Strich doch eine monatliche Belastung von 49 Euro für die deutschlandweite ÖPNV-Nutzung, wie jeder andere auch", sagt die Geschäftsführerin des Studentenwerkes Leipzig, Andrea Diekhof.
Die Aufstockungslösung sei damit keine besondere Entlastung für die Studierenden. "Wir plädieren daher dringend an den Bund und die Länder für die zeitgleiche Einführung eines 29-Euro-Bildungstickets als freiwilliges Kaufticket für Studierende", betonte Diekhof.
Handwerkstag schließt sich Forderung der Studentenwerke an
Unterstützung bekommen die Studentenwerke mit ihrer Forderung vom Sächsischen Handwerkstag. "Wenn wir auch im Mobilitätsbereich, bei der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, erreichen wollen, dass es zu einer Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung kommt, dann führt am 29-Euro-Bildungsticket für alle, die lernen, kein Weg vorbei", sagt der Geschäftsführer des Sächsischen Handwerkstages, Andreas Brzezinski.
Es wäre auch ein Beitrag, um das für Nutzer vielfach unübersichtliche Regelungsgestrüpp bei den diversen Ticket-Sorten, Ticketzonen, Verkehrsverbünden und dergleichen mehr zu entflechten, so Brzezinski. Die duale Ausbildung, bei der die Auszubildenden zwischen Berufsschule und Betrieb wechseln, ist vom sächsischen Bildungsticket anders als die rein schulische Ausbildung ausgenommen.
Bei der Frage nach Ermäßigungen gehen die Bundesländer unterschiedliche Wege: Einige wollen das Ticket für junge Leute günstiger machen - so zum Beispiel Bayern und das Saarland. Junge Menschen in Thüringen sollen das Ticket für 28 Euro bekommen.
MDR (sth)/epd
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. März 2023 | 13:00 Uhr