Öffentlicher Nahverkehr Streiks im sächsischen Nahverkehr am Freitag - wo gibt es Ausfälle?
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01. März 2024, 06:19 Uhr
Von dem bundesweiten Warnstreik im Nahverkehr sind in Sachsen die Städte und die meisten Landkreise seit Donnerstag betroffen. Auch am Freitag bleiben in fast ganz Sachsen Busse und Bahnen stehen. Die Gewerkschaft Verdi hat zu Warnstreiks im Nah- und Regionalverkehr aufgerufen. In Leipzig und Dresden sollen auch am Sonnabend Busse und Straßenbahnen in ihren Depots bleiben.
Nach dem Auftakt des Warnstreiks am Donnerstag steht in den meisten Teilen Sachsens der Nah- und Regionalverkehr auch am Freitag still. In den Städten Leipzig und Dresden wird der Stadtverkehr zusätzlich noch am Sonnabend bestreikt.
In Leipzig, wo die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe gemeinsam mit der Klimagruppe "Fridays for Future" streiken, werden eine bessere Klimapolitik im Bund sowie bessere Arbeitsbedingungen gefordert. Für den Freitagnachmittag ist eine Demonstration auf dem Ring geplant. Der Streik im Leipziger Nahverkehr ist bis Sonntagmorgen 6 Uhr geplant.
Arbeitsgericht lehnt Antrag gegen Streik ab
Das Arbeitsgericht Leipzig hat dazu einen Antrag der Leipziger Verkehrsbetriebe auf einstweilige Verfügung gegen den Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr abgelehnt. Das bestätigte LVB-Sprecher Marc Backhaus MDR SACHSEN. Eine Begründung der Entscheidung liegt demnach noch nicht vor. Die gemeinsame Aktion von Verdi und "Fridays for Future" ist umstritten, da politische Streiks in Deutschland nicht zulässig sind und hier die Grenzen zwischen Arbeitsrecht und rein politischen Zielen verschwimmen.
Vom Streik im ÖPNV betroffen sind außerdem die Busbetriebe im Erzgebirge, der Sächsischen Schweiz sowie in den Landkreisen Zwickau, Meißen, Bautzen und Görlitz sowie die Stadtverkehre von Chemnitz, Dresden, Leipzig, Zwickau und Plauen. Es kommt weiter zu Busausfällen und Einschränkungen im Schülerverkehr, teilte der Arbeitgeberverband Regionalverkehr mit. Auch die Straßenbahnen bleiben in den Depots.
Konkrete Auswirkungen im Regionalverkehr
- In Chemnitz kam es bereits am Donnerstag auf einigen Linien der Chemnitzer Verkehrs-AG, die durch das Tochterunternehmen Euro Traffic Partner bedient werden, zu Ausfällen. Auch für die Nachtlinien war vor Einschränkungen gewarnt worden. Am Freitag kommt es zu einem ganztägigen Streik bei der CVAG. Damit dürfte der Stadtverkehr zu weiten Teilen ausfallen. Die Citybahn ist nicht vom Streik betroffen und fährt planmäßig auch durch die Innenstadt.
- Für Zwickau und den Regionalverkehr Westsachsen hat der RVW eine Liste veröffentlicht, in der ersichtlich ist, welche Linien am Donnerstag und Freitag durch Partnerunternehmen planmäßig verkehren und welche entfallen sollen. Bestreikt werden am Freitag auch die Busse und Straßenbahnen des Stadtverkehrs.
- In Plauen sind die Beschäftigten der Straßenbahn-Gesellschaft zum Streik aufgerufen. Die Stadtbuslinien C, D und E sowie die Nachtbuslinien N1, N2, N3 und N4 können am Donnerstag und Freitag nicht bedient werden, heißt es. Einschränkungen bei der Straßenbahn gibt es voraussichtlich am Freitag.
- Der Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge teilte mit, auf den Buslinien, Fähren und bei der Kirnitzschtalbahn sei Donnerstag und Freitag mit Fahrtausfällen zu rechnen. Es sei auch kein freigestellter Schülerverkehr inklusive Sport- und Schwimmverkehr möglich. Zudem ist den Angaben zufolge der Nachtverkehr von Freitag zu Sonnabend betroffen.
- Die Unternehmen Regiobus Mittelsachsen und Regionalverkehr Erzgebirge rechnen weiter mit zahlreichen Ausfällen - auch im Schülerverkehr.
- Im Stadtverkehr Dresden werden seit Donnerstag die Busse und Fähren der Dresdner Verkehrsservice-Gesellschaft bestreikt, einem Tochterunternehmen der Dresdner Verkehrsbetriebe. Am Freitag und am Sonnabend sind ferner die Beschäftigten der Dresdner Verkehrsbetriebe zum Streik aufgerufen.
- Die Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) hat eine Liste der Fahrten erstellt, die verfügbar sind. Demnach sind auch die Fähren wegen des Streiks außer Betrieb.
- Im Leipziger Stadtverkehr werden voraussichtlich von Freitag bis Sonntagfrüh gegen 6 Uhr die meisten Bus- und Tramfahrten ausfallen. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sind mit ihrem Versuch gescheitert, den zweitägigen Warnstreik kurzfristig juristisch zu verhindern. Ausgenommen von der Arbeitsniederlegung sind laut LVB mehrere Buslinien, die durch Subunternehmen befahren werden.
- Die Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda (VGH) wird im Notbetrieb voraussichtlich nur den "Schwimmbus" der Schulen sicherstellen können. Alle Fahrten der Stadtlinien 1 bis 5 fallen aus. Neben dem Busverkehr ist davon auch die Mobilitätszentrale am Lausitzer Platz betroffen. Telefonische Auskünfte seien nicht möglich. Die VGH empfiehlt, die Verbindungsauskunft des VVO zu nutzen.
- Der Omnibusverkehr Oberlausitz in Niesky geht davon aus, dass 50 Prozent der Fahrten stattfinden. Eine Übersicht gibt es auf der Internetseite des Unternehmens. Eine Liste mit planmäßig verkehrenden Linien gibt es von DB Regio Bus Ost für den Landkreis Görlitz.
- Bei den Görlitzer Verkehrsbetriebe verkehrten am Donnerstag keine Busse oder Bahnen im Stadtverkehr. Gleiches ist für den Freitag geplant. Nach Angaben des Unternehmens sei es nicht möglich gewesen, einen Notfahrplan abzustimmen.
Organisiert sind diese Unternehmen im "Arbeitgeberverband öffentlicher Nahverkehrunternehmen" (AVN). Im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) sollte am Mittwoch für die Stadtverkehre verhandelt werden, die Arbeitgeber sagten die Gesprächsrunde aber kurzfristig ab. Verdi reagierte mit einer Ausweitung der ursprünglich geplanten Streiks.
KAV sagt Tarifverhandlungen in Sachsen ab
Vor dem Hintergrund des bundesweiten Streikgeschehens sei am Mittwoch kein Verhandlungsergebnis zu erwarten, sagte der Verhandlungsführer des KAV Sachsen, Jens Meiwald, laut einer Mitteilung. Er biete einen neuen Verhandlungstermin am 19. März an.
Ursprünglich habe Verdi gehofft, am Mittwoch inhaltlich in die Verhandlungen einsteigen zu können, sagte Verhandlungsführer Paul Schmidt. Bisher habe es nicht einmal ein Angebot von der Arbeitgeberseite gegeben.
Weil in Sachsen bereits im vergangenen Jahr für die Arbeitnehmenden mehr Entgelt ausgehandelt wurde, gehe es hier ausschließlich um bessere Arbeitsbedingungen. Verdi wolle unter anderem zusätzliche freie Tage oder längere Pausenzeiten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen - und so für Entlastung sorgen.
Arbeitgeberverbände: Forderungen überzogen
Die Arbeitgeberseite kritisierte die Forderungen der Gewerkschaft als überzogen. Um kürzere Arbeitszeiten, längere Ruhezeiten und mehr Urlaubstage umzusetzen, würden etwa 200 zusätzliche Mitarbeitende benötigt, sagte Verhandlungsführer Jens Meiwald dem MDR. "Wir kennen alle die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb lehnen wir solche Forderungen, die Arbeitszeitvolumen kosten, grundsätzlich ab."
Wir lehnen Forderungen, die Arbeitszeitvolumen kosten, grundsätzlich ab.
Nach der im vergangenen Jahr vereinbarten Lohnerhöhung um rund 26 Prozent zum 1. Januar 2024 sei ein Streik nicht nachvollziehbar, teilte der KAV mit. Die Nahverkehrsunternehmen beziffern die Mehrkosten für die Forderungen auf rund 24,5 Millionen Euro jährlich.
Die Beschäftigten der Eisenbahnunternehmen und der Regionalbusbetriebe in den Landkreisen Leipzig, Nordsachsen und im Vogtlandkreis sind laut Verdi nicht zum Streik aufgerufen.
Warum gibt es zwei Tarifverhandlungen für den Nahverkehr in Sachsen?
Für den Regionalverkehr sind in den Ländern des MDR-Sendegebiets zwei Arbeitgeberverbände zuständig. In Sachsen laufen aktuell die Verhandlungen mit einem der Arbeitgeberverbände, dem AVN Sachsen (Arbeitgeberverband Regionalverkehr). Diesem Verband gehören Unternehmen an, die den regionalen Nahverkehr mit Bussen und Bahnen abdecken (u. a. der Regionalverkehr in Westsachsen, dem Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz, sowie die Verkehrsgesellschaften in Meißen, Hoyerswerda und Görlitz). Hier wird aktuell verhandelt und ab Donnerstag gestreikt.
Daneben gibt es den KAV (Kommunaler Arbeitgeberverband), der in allen Bundesländern Verhandlungen mit Verdi führt. Dieser Verband vertritt die Städtischen Nahverkehrsbetriebe (in Sachsen etwa die Leipziger und Dresdner Verkehrsbetriebe, die Chemnitzer Verkehrs-AG, sowie weitere Unternehmen). Hier sollten die Verhandlungen am Mittwoch fortgesetzt werden, wurden aber abgesagt.
MDR (ltt/dkö/lam)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 01. März 2024 | 06:00 Uhr