Lohnverhandlungen Alternativen organisieren: Kitas, Behörden und Nahverkehr streiken wieder

05. März 2023, 11:31 Uhr

Am Dienstag und Mittwoch ist in Sachsen wieder Improvisationstalent gefragt: Eltern von Kita- oder Hortkindern sollten sich um Betreuungsalternativen kümmern. Wer normalerweise mit Bus und Bahn unterwegs ist, braucht in Dresden und Chemnitz ebenfalls einen Plan B. Weil die Gewerkschaft Verdi zu großangelegten Warnstreiks im öffentlichen Dienst aufgerufen hat, werden vielerorts Kitas geschlossen sein und öffentliche Verkehrsmittel stillstehen. Auch andere Bereiche streiken.

Die Auswirkungen der sachsenweiten Warnstreiks, zu denen die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hat, werden am Dienstag und Mittwoch in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zu spüren sein. So müssen sich Menschen in Sachsen darauf einstellen, dass Termine bei Arbeitsagenturen, Jobcentern oder in Bürgerbüros ausfallen werden und Anträge liegen bleiben. Verdi-Sprecher Daniel Herold rät dazu, Termine bei Stadtverwaltungen an diesen Tagen noch am Montag zu verschieben.

Der Tarifkonflikt ist diesmal deutlich härter als sonst.

Daniel Herold Verdi-Sprecher

Auch eine Kinderbetreuung sollten Eltern organisieren, wenn ihre Kinder in kommunalen Einrichtungen betreut werden. In Dresden können zudem geplante Operationen im Städtischen Krankenhaus ausfallen. Auch in weniger sichtbaren Bereichen des öffentlichen Dienstes werden Angestellte des öffentlichen Dienstes voraussichtlich die Arbeit niederlegen.

Damit will die Gewerkschaft bei den aktuellen Tarifverhandlungen mit dem Arbeitsgeberverband ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. "Der Tarifkonflikt ist diesmal deutlich härter als sonst", sagte Herold am Sonnabend MDR SACHSEN.

Kinderbetreuung: "Vorlauf sollte genügen, um Alternativen zu finden"

Eltern von Kindern, die in kommunalen Einrichtungen betreut werden, müssen sich selbst um eine Betreuung kümmern. Eine Notbetreuung zu organisieren sei nicht Angelegenheit der Gewerkschaft, so Herold am Sonnabend. "Wir sind dafür verantwortlich, die Forderung unserer Mitglieder durchzusetzen. Eine Notbetreuung zu organisieren, geht über unsere Möglichkeiten hinaus."

Er hoffe, dass die frühen Streikankündigungen Eltern helfen, Lösungen zu finden: "Die Zeitspanne der Vorankündigungen sollte eigentlich genügen, um eine Kinderbetreuung zu organisieren", so Herold. Zudem würden Kinderbetreuungseinrichtungen, anders als viele andere Einrichtungen, lediglich einen statt zwei Tage bestreikt.

Diese Streiks sind bislang für die Regionen Sachsens angekündigt:

Region Dresden, Meißen, Pirna, Freital

  • Beschäftigte des öffentlichen Diensts in Dresden wurden von Verdi zum 48-Stundenstreik am Dienstag, 7. März, sowie am Mittwoch, 8. März, aufgerufen. Bestreikt werden sollen Sparkassen, Sportstätten, das Heinrich-Schütz-Konservatorium sowie die Eigenbetriebe IT.
  • Am Dienstag, 7. März, sowie am Mittwoch, 8. März, bleibt in Meißen die Sparkasse geschlossen und in Pirna das Jobcenter.
  • Am Dienstag, 7. März, werden in Dresden außerdem die Bundeswehr sowie das Militärhistorische Museum bestreikt.
  • Am Mittwoch, 8. März, ist Verdi zufolge in Dresden mit erheblichen Einschränkungen der 189 kommunalen Kitabetriebe zu rechnen. Aufgrund der Erfahrungen gehe Verdi davon aus, dass zwei Drittel der Beschäftigten dem Streikaufruf folgen werden. Auch einzelne Kitas in der Region Freital werden bestreikt. Welche das sind, entscheide sich in den kommenden Tagen.
  • Ebenfalls bestreikt werde Verdi zufolge am Mittwoch, 8. März, das städtische Krankenhaus Dresden sowie erneut die Dresdner Verkehrsbetriebe, allerdings mit Unterschied zum Warnstreik von vergangenem Freitag sollen die Streiks erst um 8 Uhr starten, um zumindest den Schülerverkehr am Morgen nicht zu gefährden.

Leipzig, Schkeuditz, Mockrehna, Taucha und Borna

  • Am Mittwoch, 8. März, werden in Leipzig, Schkeuditz, Mockrehna, Taucha und Borna kommunale Kitas und Horte bestreikt sowie die Stadtverwaltungen, Sparkassen und die Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland wird gestreikt.
  • Die Beschäftigten der Busunternehmen Regionalbus Leipzig und Nordsachsen Mobil treten bereits ab Montag, 6. März, in einen dreitägigen Streik. Damit ruht der öffentliche Verkehr in den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen nahezu komplett. Auch der Schülerverkehr könne an diesen Tagen nicht aufrechterhalten werden, wie die beiden Regionalbusunternehmen mitteilten. Die öffentlichen Verkehrsmittel der LVB in Leipzig werden jedoch fahren.

Region Chemnitz, Zwickau, Plauen

  • Verdi hat Beschäftigte in Chemnitz aufgerufen, sich am Dienstag, 7. März, sowie am Mittwoch, 8. März, am 48-Stundenwarnstreik zu beteiligen. Bestreikt werden die Kommunalverwaltungen sowie das Jobcenter und die Arbeitsagentur in Chemnitz und die Sparkasse Chemnitz. Das bedeutet, das beispielsweise Bürgertermine ausfallen können.
  • Am Dienstag, 7. März, stehen in Chemnitz wegen eines Warnstreiks bei den Verkehrsbetrieben Chemnitz den ganzen Tag Busse und Bahnen still.
  • Am Mittwoch, 8. März, streiken Beschäftigte in Chemnitzer Kitas sowie in städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen im Vogtland und in Zwickau.
  • In Zwickau und im Vogtland werden Mittwoch, 8. März, voraussichtlich die Kommunalen Stadtverwaltungen bestreikt, nämlich in den Gemeinden Werdau, Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Lichtenstein, Wilkau-Haßlau, Mülsen und Lichtentanne.
  • Außerdem streiken das Landratsamt Zwickau, das Landratsamt Vogtlandkreis sowie der Sportstättenbetrieb Zwickau und die Agentur für Arbeit Zwickau. Darüber hinaus sind kommunale Kitas im Vogtland betroffen. Auch eine kleine Gruppe der Bundeswehr im Erzgebirge legt voraussichtlich die Arbeit nieder.

Region Weißwasser, Niesky und Rothenburg

  • Am Dienstag, 7. März, werden kommunale Kindertagesstätten und Horte sowie Stadt- und Gemeindeverwaltungen und Teile der Landratsämter in Weißwasser, Niesky und Rothenburg, Schleife und Krauschwitz bestreikt. Ebenfalls wurden Beschäftigte der Wirtschafts- und Bauhöfe sowie der Straßenmeistereien zu Streiks aufgerufen.
  • Ebenfalls streiken am Dienstag, 7. März, in Weißwasser die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr, die Feuerwehr sowie die Stadtwerke.

Zittau, Bautzen, Löbau, Görlitz

  • Am Dienstag, 7. März, wird das Jugendamt in Görlitz bestreikt sowie Teile es Landratsamts mit Sitz in Weißwasser.
  • Am Mittwoch, 8. März, werden Verdi zufolge Teile des Landratsamts Görlitz mit Sitz in Niesky, Zittau und Löbau bestreikt, außerdem kommunale Kitas und Horte in Görlitz und Bautzen sowie die Arbeitsagentur in Bautzen. Betroffen sind auch Teile der Kommunalverwaltung Zittau sowie einige kommunale Dienste im Zittauer Ortsteil Hirschfelde.

Städtisches Krankenhaus Dresden und Feuerwehr Weißwasser im Streik

In Dresden wurden Beschäftigte im Städtischen Krankenhaus Dresden von Verdi aufgerufen, am Mittwoch die Arbeit niederzulegen. Hier können demnach geplante Operationen ausfallen, nicht aber lebenswichtige OPs, wie Verdi-Sprecher Herold betont. Zudem verhandle die Gewerkschaft mit dem Krankenhaus eine Notdienstvereinbarung, sodass niemand durch den Warnstreik zu Schaden komme. Herold gehe aber davon aus, dass es vermutlich nur eine Grundversorgung geben werde. Auch im Streik befindet sich am Dienstag die Feuerwehr in Weißwasser.

Kundgebungen und Demonstrationen können Verkehrsbehinderungen verursachen

"Streiks nerven und tun weh, doch ohne Arbeitskämpfe wäre es deutlich schlimmer. Wir haben schon jetzt ein Rekrutierungsproblem im öffentlichen Dienst. Gute Arbeitsbedingungen sind ein wichtiges Instrument, um Fachkräfte zu gewinnen und dann auch zu halten", begründet Verdi-Sprecher Herold am Sonnabend die Streiks.

Wie viele Menschen den Streikaufrufen letztlich folgen, weiß er nicht. Doch Herold geht davon aus, dass die Einschränkungen erheblich sein werden: "Um es auch mal positiv zu formulieren, viele Regionen sind dann knöllchenfrei."

Am Dienstag, 7. März, finden in mehreren Städten Streikkundgebungen statt:

  • ab 6 Uhr vor dem Dresdner Rathaus
  • ab 8 Uhr vor dem Chemnitzer Rathaus
  • ab 8 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz in Weißwasser
  • ab 10 Uhr vor dem Jobcenter Pirna

Am 8. März hat Verdi gegen 11 Uhr eine zentrale Kundgebung auf dem Postplatz in Dresden geplant, zu der auch Streikende aus anderen Städten erwartet werden. Im Anschluss daran ziehen die Streikenden Richtung Landtag und danach über die Marienbrücke/Uferstraße über den Elberadweg bis zur Augustusbrücke und weiter zur Abschlusskundgebung gegen 14 Uhr auf dem Theaterplatz. Hier kann es zu Verkehrsbehinderungen kommen.

Außerdem gibt es eine Kundgebung um 11 Uhr in Leipzig am Markt am alten Rathaus sowie in Görlitz um 8 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz.

Bislang keine Einigung in Sicht

Bislang war nach den vorangegangenen Warnstreiks keine Einigung zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberseite in Sicht: Die Gewerkschaft Verdi fordert für die 2,5 Millionen Angestellten von Bund und Ländern 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Der Kommunale Arbeitgeberverband Sachsen lehnt das als "unwirtschaftlich" ab. Zudem wirft der Verband der Gewerkschaft Verdi vor, die Forderungen und Aktionen für eine Mitgliederwerbung in den unteren Entgeltgruppen auszunutzen. Bund und Kommunen haben eine steuerfreie Inflationsausgleichszahlung von 2.500 Euro angeboten und 5 Prozent mehr Lohn.

Bereits am Freitag hatten Streiks in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau den öffentlichen Nahverkehr lahmgelegt. Zehntausende gelangten zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto zur Arbeit oder Schule.

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. März 2023 | 10:33 Uhr

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