Illegale Schulen? Nach Corona: Umstrittene Lerngruppen nur Einzelfälle in Sachsen
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06. Dezember 2022, 16:25 Uhr
In den Coronajahren 2020 und 2021 hatte es immer wieder Gerüchte und auch Anzeigen gegen mutmaßlich illegale Schulen gegeben. Corona-Maßnahmengegner, -leugner und Reichsbürger sollen ihren Nachwuchs abseits öffentlicher Schulen unterrichtet haben. Die Linke im Landtag wollte das genauer wissen und hakte nach.
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- Im Erzgebirge gerieten mehrere Fälle in den Verdacht einer illegalen Beschulung.
- Das sächsische Landesamt für Schule und Bildung erfährt Verstöße gegen die Schulpflicht nur verzögert.
- Der sächsische Verfassungsschutz hat im Jahr 2022 keine Hinweise mehr auf von Reichsbürgern betriebene Lerngruppen.
Während der Corona-Pandemie wurden in Sachsen immer wieder Fälle von nicht genehmigten Schulen angezeigt. Dazu gehörten in Süd- und Westsachsen das sogenannte "LernReich Sperlingsberg" in Crimmitschau, mehrere Fälle in Rechenberg-Bienenmühle oder eine alte Spindelfabrik bei Annaberg-Buchholz, wo Kinder illegal unterrichtet worden sein sollen. Darüber hatte die Zeitung "Freie Presse" zuerst berichtet. Auf Anfrage der Linke-Fraktion im Sächsischen Landtag musste das Kultusministerium dazu Stellung beziehen.
Ordnungsämter sollen Verstöße gegen Schulpflicht verfolgen
Laut Kultusminister Christian Piwarz (CDU) sei das "Lernreich Sperlingsberg" nach dessen ausgewertetem Konzept keine Schule, sondern eine Lerngruppe und deswegen gemäß Schulgesetz kein Tatbestand "des Betreibens einer nicht genehmigten Ersatzschule". Piwarz sagte, die zuständigen Kommunen und Landratsämter seien dazu angehalten, Schulpflichtverletzungen als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen.
Das bestätigte das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) auf Nachfrage von MDR SACHSEN. "Einige ungenaue Hinweise zu wenigen Kindern liegen vor", sagte Lasub-Sprecher Roman Schulz. So gäbe es im Sehmatal bei Annaberg-Buchholz "den Verdacht auf Umgehung der Schulpflicht von fünf Kindern der Grundschulen", bestätigt das Amt einen Bericht der "Freien Presse" über ein illegales Schulprojekt in einer früheren Fabrik. Zwei weitere Familien hätten "erfolglos" eine Ausnahme von der Schulpflicht beantragt. In "allen Fällen" seien die zuständigen Ordnungsämter eingeschaltet worden.
Schulamt: "Kleiner harter Kern, der Staat austricksen will"
Das Lasub bekommt aber nicht von allen möglichen Verstößen zeitnah Kenntnis. "Die Schulen melden Verstöße an das zuständige Ordnungsamt bei den Landratsämtern. Darüber erhalten wir keinen Rücklauf. Auch über den Fortgang beim zuständigen Ordnungsamt gibt es in der Regel keine Informationen", sagte Schulz.
Er verweist auf einen "kleinen harten Kern", der versuche, den Staat "mit illegalen Mitteln auszutricksen". Doch man müsse diese Fälle ins Verhältnis setzen bei "rund einer halben Million Schüler und Schülerinnen an 1.400 öffentlichen Schulen und 400 Schulen freier Träger im Freistaat".
Es gibt einen kleinen harten Kern, der mit dem Staat Katz und Maus spielt und ihn versucht, mit illegalen Mitteln auszutricksen.
Regierung hat keine Erkenntnisse zu Extremisten in der Bildung
Dem Kultusministerium lägen auch keine Erkenntnisse vor über Akteure aus dem Bereich Rechtsextremismus und Verschwörungsideologie, die sich in der Bildung engagierten. Auch das von MDR SACHSEN befragte Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) habe - anders als noch im Jahr 2021 - "aktuell" keine Hinweise mehr auf "vereinzelte, von Reichsbürgern betriebene Lerngruppen", sagte eine LfV-Sprecherin. Man prüfe "im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages einschlägige Aktivitäten auf extremistische Bezüge, wenn hierfür tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen".
MDR (wim)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 05. Dezember 2022 | 16:30 Uhr