Waldsterben Warum im Leipziger Auwald so viele Bäume umfallen
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15. März 2024, 12:18 Uhr
Warum fallen im Leipziger Auwald viele alte Bäume in letzter Zeit einfach um? Und warum haben die umgefallenen Bäume recht kleine Wurzelballen? Das fragt sich ein MDR Aktuell-Hörer. Wir haben bei einem Biologen nachgefragt.
Morgens um Acht. Unterwegs im Leipziger Auwald mit dem Biologen Rolf Engelmann. Er arbeitet als Botaniker an der Universität Leipzig. Angekommen bei einem umgefallenen Baum sagt er: "Das ist so ein ganz typisches Bild. Ein mittelalter Baum, der hat einen Durchmesser von 40 cm, der ist einfach umgekippt. Er hat keinen großen Wurzelteller, sondern die Wurzeln sind relativ stammnah abgerissen." Ein mittelalter Baum ist zwischen 70 und 90 Jahre alt. Doch warum ist der Baum plötzlich umgefallen?
Pilzkrankheit bedroht die Eschen
Biologe Engelmann erklärt: "Wenn man sich den Baumbestand anschaut im Leipziger Auwald, so ist der dominiert von Eschen. Und alle diese Eschen sind befallen durch das sogenannte Eschentriebsterben. Das ist eine Pilzkrankheit." Dadurch würden die Triebspitzen der Eschen absterben. "Das ist eine Infektion, die schon seit vielen Jahren da ist und die schwächt die Bäume einfach immer mehr. Und dann sind die großen Trockenjahre 2018, 2019 und 2021 war auch ein trockenes Jahr. Das war ein zusätzlicher Stress für die Bäume." Und wenn Bäume gesundheitlich gestresst sind durch Krankheit und Trockenheit, sind sie anfällig gegenüber anderen Organismen, die das ausnutzen, so der Leipziger Biologe. Doch nun kommt er zum Kern des Problems.
Eschenbastkäfer durchlöchert die Bäume
"Wenn man sich die Eschen anschaut, die haben alle diese Einbohrlöcher vom Eschenbastkäfer, die die Eschen weiter schwächen. Auch die, die noch stehen, auch die sind durchlöchert. Die allermeisten." Außerdem, so Engelmann, komme noch dazu, "dass andere Pilzarten in das Holz der Esche eindringen und dort eine Holzfäule verursachen, das ist meistens eine Weißfäule." Wenn man sich das Holz der Wurzel anschaue, sehe man schon, "dass der Pilz drin war".
Tatsächlich, wenn man die Wurzel anfasst, zerfällt sie regelrecht, übrig bleibt nur Holzmehl. Engelmann betont, das führe in Summe dazu, "dass die Bäume absterben und durch diese Weißfaul-Pilze auch die Struktur des Holzes und der Wurzeln zerstört wird. Und dann reicht eigentlich ein etwas kräftiger Herbststurm und dann kippen die Bäume einfach um. Dann reißen sie nicht den Wurzelteller mit, sondern sie reißen einfach ab".
Bild vom Auwald ändert sich stark
Überall im Auwald liegen umgefallene, tote Eschen. Wie viele es sind, darüber hat Rolf Engelmann eine traurige Vermutung: "Das geht in die tausende, würde ich sogar sagen. Wir sehen gerade wirklich, dass der Leipziger Auwald sich vom Waldbild her stark ändert. Jeder zweite Baum ist eine Esche, das ist für so einen Wald extrem viel. Egal, wo man reingeht in den Auwald, überall sieht man diese Absterbe-Erscheinungen."
Weil durch den Klimawandel die Wälder weiter unter Stress stünden, sei es u.a. sinnvoll, widerstandsfähigere, auwald-typische Baumarten zu fördern, z.B. die Stiehleiche, so Rolf Engelmann. Wie und mit welchen Maßnahmen der Leipziger Auwald gerettet werden sollte, sei eine gesellschaftliche Entscheidung, findet der Biologe.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. März 2024 | 06:21 Uhr