
Rechtsstreit "Ich stehe als Tierquäler da": "Fanny Farm" Markkleeberg wehrt sich gegen Haltungsverbot
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25. April 2025, 12:31 Uhr
Der Markkleeberger Reitverein "Fanny Farm" steht mit dem Rücken zur Wand. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat angeordnet, dass er "wegen gravierender Tierschutzmängel" keine Huftiere mehr halten darf. Zentraler Streitpunkt ist ein Witterungsschutz. Der Streit hat eine Vorgeschichte mit mehr als 40 Kontrollen. Menschen, die seit vielen Jahren als Familien Reitunterricht nehmen oder eines der Tiere besitzen, sind fassungslos. Nun könnte der Fall die nächste Instanz erreichen.
Der Markkleeberger Reitverein um Betreiber Sven Deutrich und seine Familie machen eine schwierige Zeit durch. Der leidenschaftliche Pferdezüchter sieht sich durch die Behörden an den Pranger gestellt: "Ich stehe als Tierquäler da, was ich - weiß Gott - nicht bin. Unsere Tiere sind gesund und das ist ja letztendlich ausschlaggebend", berichtet er im Gespräch mit MDR SACHSEN.
Das Leipziger Verwaltungsgericht hatte sich in seinem Urteil zum Haltungsverbot Mitte April auf Schilderungen durch das Veterinäramt berufen. Da war von Schlamm, Kot, fehlendem Witterungsschutz und keinen "trockenen Liegeflächen" die Rede.
Betreiber bemüht sich seit Jahren um mehr Flächen
Seine jetzige Pferdehaltung sei noch nicht optimal, gibt Deutrich zu. Aber es habe sich schon viel verbessert und er sei noch nicht fertig. "Wir haben mittlerweile etwa 14 Hektar Wiese für unsere Pferde." Seit Jahren bemühe er sich, mehr Platz für die Tiere zu schaffen.
Die Fläche am Schachtweg, um die es in dem Streit mit den Behörden geht, ist eher ein kleiner Auslauf. Dort steht mittlerweile ein provisorischer Unterstand und die Heuraufe ist überdacht. Auch tiergerechten stabilen Bodenbelag, sogenannte Paddock-Platten, habe Deutrich bereits besorgt.
Hufschmied und eigene Tierärztin regelmäßig da
Deutrich erläutert weiter, dass die Pferde alle vier bis sechs Wochen vom Hufschmied kontrolliert und gepflegt würden. Zudem sei eine Tierärztin regelmäßig vor Ort, um Impfungen durchzuführen und den Gesundheitszustand der Tiere zu überwachen. Die Pferde werden von "Vereinsmitgliedern und deren Familien bewegt und gepflegt", so Deutrich.
Im Winter stehen die Pferde zehn Stunden draußen auf der Fläche direkt an der S-Bahn-Station "Markkleeberg-Gaschwitz", denn die Wiesen sind zu dieser Zeit nicht nutzbar. Die restliche Zeit des Tages verbringen sie laut Deutrich im Stall. "Das bedeutet, dass unsere Pferde die Möglichkeit haben, abzutrocknen und sich abzulegen", sagt er.
Derzeit hat "Fanny Farm" etwa zehn Pferde, von denen einige zum Osterreiten in der Oberlausitz abgeholt worden waren. "Das ist ja auch ein Zeichen, da kann man auch nicht jedes Pferd nehmen", meint Deutrich. Die Pferde seien ruhig, umgänglich und für jeden geeignet.
Landratsamt: Veterinäramt ist präventiv tätig
Eine Sprecherin des Landkreises Leipzig bestätigt auf Anfrage, dass kein Missbrauch am Tier oder Tierquälerei vorliege. Das zuständige Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (LÜVA) des Landkreises sei mit Blick auf den Tierschutz präventiv tätig gewesen. "Da es im vorliegenden Fall immer wieder zu witterungsbedingten Verbesserungen kam, dauerte der gesamte Verwaltungsprozess entsprechend lang", teilte die Behörde weiter mit. Heißt: Die "Fanny Farm" ist schon länger Thema, doch weil in den Sommermonaten weniger zu beanstanden war, zog sich der Fall hin und endete schließlich im Gerichtsurteil.
Veterinäramt fordert Witterungsschutz, doch Stadt lehnt Bauantrag ab
Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte Mitte April das Haltungsverbot verfügt und damit eine Anordnung des Landkreises Leipzig vom Juni 2024 bestätigt. Dem waren mehr als 40 Kontrollen und Nachkontrollen vorausgegangen. Eine der Kernforderungen: ein Witterungsschutz für die Tiere.
Um diesen bemüht sich Betreiber Deutrich nach eigenen Angaben schon seit Jahren - doch sein Bauantrag wurde von der Stadt Markkleeberg abgelehnt. Zu den genauen Gründen äußert sich die Stadtverwaltung nicht. Während das eine Amt also den Witterungsschutz fordert, lehnt das andere den Bau ab - die Katze beißt sich in den Schwanz.
Was bedeutet Witterungsschutz? Ein natürlicher Witterungsschutz kann aus Wald, Bäumen, Büschen oder Ähnlichem bestehen. Wenn dieser nicht gegeben ist, muss ein künstlicher Schutz aufgestellt werden. Die Fläche muss groß genug sein, damit die ganze Herde gleichzeitig und unabhängig von der Rangordnung darin Platz und Schutz vor dem Wetter finden kann. Entsprechende Vorgaben machen die örtlichen Behörden.
Das Verwaltungsgericht war nun der Ansicht, dass der Pferdezüchter die Forderungen nicht umsetzen und sich an den Haltungsbedingungen der Tiere wohl auch künftig nichts ändern würde. Das ausgesprochene Haltungsverbot sei also gerechtfertigt, hieß es weiter.
Konflikt um Fläche mit der Stadt Markkleeberg
Dass Deutrich immer wieder mit Beanstandungen durch das LÜVA zu tun hat, liegt also auch daran, dass er den Witterungsschutz nicht bauen darf. Dies sei "eine Maßnahme im Außenbereich", erklären die Stadt und das Landratsamt übereinstimmend. Sie entspreche nicht dem Flächennutzungsplan der Stadt Markkleeberg, deren Eigentum sie ist. Der Plan sehe eine Grünfläche vor. Diese dürfen für gewöhnlich nicht bebaut werden. Zudem sei das Vorhaben nicht privilegiert.
Was bedeutet "privilegiertes Vorhaben"? Um die Genehmigung für den Bau eines Witterungsschutzes zu bekommen, müssten der Antragsteller oder die Maßnahme privilegiert sein. Solche "privilegierten Vorhaben" gelten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe. Laut Baugesetzbuch muss außerdem die Erschließung gesichert sein und das Vorhaben darf keinem öffentlichen Belangen entgegen stehen. Zusammenfassend bedeutet dies, dass private Pferdebesitzer so gut wie keine Chance haben, ein solches Vorhaben in einem Außenbereich umzusetzen.
Pachtvertrag endet und wird nicht verlängert
Aktuell hat der Reitverein die Fläche noch bis 31. Dezember 2025 gepachtet. Dass der Vertrag von der Stadt aller Voraussicht nach nicht verlängert wird, liegt auch am Rechtsstreit. Doch weil Markkleeberg den Vertrag beim letzten Mal noch verlängert und bestimmte Forderungen gestellt hat, habe man den Bauantrag für den Witterungsschutz gestellt, so der Verein. Auch auf ein Angebot alternativer Flächen habe man gehofft.
Auf die Frage, ob die Stadt Markkleeberg mit dem Betreiber in Kontakt stehe und gegebenenfalls alternative Flächen anbieten kann, hieß es lediglich, es bestehe "ein regelmäßiger Austausch".
Freunde und Unterstützer: Pferde sollen hierbleiben
Dutzende Freunde und Unterstützer der "Fanny Farm" forderten am Mittwoch vor Ostern, dass der Reitverein in Markkleeberg eine Zukunft haben müsse. Dass die Pferde bleiben sollen, wollen auch Melanie Weißenborn und ihr Mann. Sie haben keinerlei Verständnis für das Urteil. "Unsere Tochter war hier jahrelang reiten und ist auf Turniere gefahren. Die Pferde sind gesund. Das hat er Schwarz auf Weiß", so Weißenborn im Gespräch mit MDR SACHSEN.
Andere Pferdebesitzer pflichten bei
Thomas Dittrich kennt den Betreiber seit etwa 15 Jahren und hat vor sieben Jahren eine Stute von ihm abgekauft. Der Pferdebesitzer sagte, dass es natürlich nicht schön aussehe, wenn die Tiere im Winter auf der Fläche im Schlamm stünden. "Sobald die nachts im Trocknen stehen, trocknet der Huf wieder ab und alles ist gut", so Dittrich.
Betreiber hat Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt
Das letzte Wort um "Fannys Farm" ist wohl noch nicht gesprochen. Wie eine Unterstützerin der Familie MDR SACHSEN mitteilte, hat der Betreiber fristgerecht gegen die Gerichtsentscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen eingelegt. Man hoffe, Zweifel an der bisherigen Begründung der Tierwohlgefährdung juristisch darlegen zu können, und auf einen unabhängigen Gutachter.