Zwei Mädchen legen Blumen nieder.
Die Trauer um die tödlich verunglückte Maria ist in Leipzig-Connewitz groß. Die Jugendliche starb am Dienstag bei einem Lkw-Unfall am Connewitzer Kreuz. Bildrechte: EHL Media/Erik-Holm Langhof

Große Anteilnahme Familie und Freunde trauern nach Unfall-Tod von 17-Jähriger in Leipzig-Connewitz

02. August 2024, 19:13 Uhr

Diese Woche Dienstag ist einer 17-Jährigen eine waghalsige Mitfahrt auf der Deichsel eines Lkw zum Verhängnis geworden. Nachdem die Jugendliche von dieser absprang, wurde sie von dem Fahrzeug überrollt. Sie verstarb noch am Unfallort. Trauerbegleiter unterstützen nun die Angehörigen und Freunde. Auch für den Lkw-Fahrer hat das dramatische Ereignis Folgen.

Nach dem Tod einer 17-Jährigen in Leipzig-Connewitz durch einen Lkw-Unfall ist die Anteilnahme groß. Seit der Unfallnacht wächst am Connewitzer Kreuz eim Berg aus Blumen und Kerzen für die verstorbene junge Frau. Ständig kommen weitere Abschiedsgrüße hinzu. Noch ist der genaue Unfallhergang nicht endgültig klar. Die Ermittlungen laufen laut Polizei.

Nach bisherigen Erkenntnissen ist die 17-Jährige zusammen mit einem 15-Jährigen auf die Deichsel des Anhängers eines Lkw gestiegen und mitgefahren, schildert Polizeisprecherin Josephine Sader. "Am Connewitzer Kreuz hat der 29-jährige Fahrer des Lkw seine Geschwindigkeit reduziert, um verkehrsbedingt anhalten zu können. In dieser Zeit sprangen die Jugendlichen von der Deichsel", erklärt Sader.

Graffiti erinnern an eine verstorbene Jugendliche.
In unmittelbarer Nähe zum Unfallort haben Freunde von Maria ein Graffiti angebracht, das an die Jugendliche erinnern soll. Bildrechte: MDR

Fahrtenschreiber und Kameras werden ausgewertet

Daraufhin wurde den Angaben zufolge die Jugendliche von dem Lkw überrollt. Sie sei offenbar gestürzt. Die 17-Jährige starb noch am Unfallort. Ob sie davor Alkohol oder Drogen konsumiert hatte, ist den Angaben zufolge noch unklar. Im Rahmen der Ermittlungen ist laut Polizei auch der Fahrtenschreiber des Lkw ausgewertet worden. Die Auswertung von Verkehrskameras laufe noch.

Graffiti erinnern an eine verstorbene Jugendliche.
Ein Graffiti erinnert in der Nähe des Connewitzer Kreuzes seit Mittwoch an Maria. Bildrechte: MDR

Trauerbegleiter trösten und haben ein offenes Ohr

Um die trauernden Menschen kümmern sich seit der Unfallnacht speziell ausgebildete Trauerbegleiter. Sie wollen den Freunden und Angehörigen der jungen Frau helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Wie schwer diese Situation für die Freunde und Verwandten ist, schildert die Leiterin des Leipziger Vereins "Wolfsträne", Katrin Gärtner, der Angehörige nach Todesfällen begleitet: "Oft ist es so, dass sie das erste Mal überhaupt konfrontiert sind mit dem Tod."

Man braucht Menschen, die zuhören oder einfach nicht zuhören, wenn man schweigen möchte. Es braucht einfach Menschen, die da sind und all das aushalten.

Katrin Gärtner Trauerbegleiterin

Mit einem Mal werde man aus dem Leben gerissen, erklärt die Trauerbegleiterin: "Das zerrüttet ein ganzes Leben, das reißt einem den Boden unter den Füßen weg." Die Trauerbegleiter und -begleiterinnen geben den Trauernden einen Ruheort, Beistand und ein offenes Ohr: "Man braucht Menschen, die zuhören oder einfach nicht zuhören, wenn man schweigen möchte. Es braucht einfach Menschen, die da sind und all das aushalten."

Blumen und Kerzen stehen an einem Erinnerungsort.
Mit Blumen und Kerzen trauern Freunde und Familie um die tödlich verunglückte Maria am Connewitzer Kreuz. Bildrechte: EHL Media/Erik-Holm Langhof

MDR-Reporterin schildert ihre Eindrücke

Auch die stellvertretende Studioleiterin aus dem Regionalstudio Leipzig, Ine Dippmann, ist von dem tragischen Unfall sehr bewegt. Nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Sohn die verunglückte 17-jährige Maria kannte, hatte sie den Impuls an den Unfallort zu fahren. Ihre Eindrücke schildert sie wie folgt:

Eindrücke von Ine Dippmann aus dem Studio Leipzig Als ich am Dienstag erfahren habe, dass mein Sohn Maria kannte, hatte ich sofort den Impuls, zum Connewitzer Kreuz zu fahren. An den Ort, wo die 17-Jährige ums Leben gekommen ist. Und wo sich Freundinnen, Cousinen, Kumpels, Bekannte, Mütter und Väter getroffen und getröstet haben. Ich wohne und arbeite praktisch um die Ecke. Meine Kinder sind 20 und 15 Jahre alt. Die Vorstellung, ein Kind zu verlieren… nein, ich will es mir nicht vorstellen. Also da sein. Und auch hören – wer ist für die Jugendlichen da? Wer fängt sie auf? Hat schon jemand eine Spendenaktion gestartet? Das Hilflos-Sein mit Tun überwinden. Und dann kommt die Reporterin durch. Nehme ich hier etwas auf? Mache ich Fotos von dem Ort, wo sich alle in den Armen halten, einer nach dem anderen Blumen und Kerzen hinstellt, geschwiegen und geraucht wird, leise gesprochen und geweint? Kann ich hier – ganz vorsichtig – um ein Interview bitten? Nein. Nicht an diesem Tag und auch an keinem anderen. Es gibt Situationen, da sind wir Journalisten zu dicht dran. Dann ist der Blick verstellt. Dann braucht es das Korrektiv von Kolleginnen und Kollegen. Die mit abwägen, welche Informationen, die ich bekommen habe, letztlich auch für Berichterstattung geeignet sind. Wie wir damit umgehen, dass die Trauernden keinen Kontakt zu den "nervigen Journalisten" haben wollen. Wie wir es sensibel schaffen zu berichten, was passiert ist, ohne zu skandalisieren und zu spekulieren. Und trotzdem abbilden, wie der Unfall Jugendliche in Connewitz und der Südvorstadt zusammengebracht hat, wie sie sich gegenseitig stützen und welche Unterstützung sie von anderen bekommen. Ich fand all das beeindruckend. Und hoffe sehr, dass unsere Berichterstattung dem gerecht wird.
Ine Dippmann, stellvertretende Studioleiterin Regionalstudio Leipzig

Ine Dippmann aus dem MDR-Studio Leipzig
Die stellvertretende Studioleiterin aus dem MDR-Studio Leipzig, Ine Dippmann, ist Mutter von zwei Kindern. Sie ist von dem Unfalltod der 17-jährigen Maria sehr bewegt. Bildrechte: MDR/Ine Dippmann

Traumatisierter Fahrer erleidet Schock

Auch für den Fahrer des Lkw war der Unfall ein schockierendes Erlebnis. Er musste laut Polizei wegen eines Schocks ins Krankenhaus eingeliefert werden. Oft seien die an solchen Ereignissen beteiligten Kraftfahrer anschließend traumatisiert und monatelang nicht arbeitsfähig, erklärt der Sprecher der Berufsgenossenschaft Verkehr, Björn Helmke. "Für die Betroffenen ist das eine traumatische Erfahrung. Sie haben einen Filmriss, werden die Bilder des Unfalls nicht mehr los", verdeutlicht Helmke.

Für die Betroffenen ist das eine traumatische Erfahrung. Sie haben einen Filmriss, werden die Bilder des Unfalls nicht mehr los.

Björn Helmke Sprecher der Berufsgenossenschaft Verkehr

Schlaflosigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten seien die Folge. Die Angst sei bei den Betroffenen zudem groß, dass sich die gleiche Situation wiederholen könnte, wenn sie weiter arbeiteten, erklärt Helmke. Um die Fahrer bei der Traumabewältigung zu unterstützen, werden sie von speziell geschulten Helfern kurzfristig an Therapeuten vermittelt.

MDR (phb,tho,idi)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 02. August 2024 | 19:00 Uhr

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