Bauernopfer? Kritik an Leipziger Immobilienfirma wegen Kauf eines Agrarbetriebs

19. März 2023, 14:58 Uhr

Was macht eine Leipziger Immobilienfirma mit einem Agrarbetrieb in Brandenburg? Nichts Gutes, findet ein Bauernverband. Ende Februar hat die Quarterback Immobilien AG, den Zuschlag für die Röderland GmbH in Bönitz erhalten, während ein Landwirt leer ausging. Die Furcht geht um, dass Ackerböden zugunsten von erneuerbaren Energien oder Gewerbegebieten verschwinden. Ob neue gesetzliche Regelungen das verhindern könnten, ist allerdings unklar.

Nachdem der geplante Verkauf eines Landwirtschaftsbetrieb in Brandenburg an eine Leipziger Immobilienfirma Kritik von mitteldeutschen Bauern auf sich gezogen hatte, hat die Käuferin sich beschwichtigend geäußert. Auf Anfrage von MDR SACHSEN teilte die Quarterback Immobilien AG mit, mit dem Erwerb Landwirtschaft und Solarenergie kombinieren zu wollen.

"Wir wollen auf einem Teil des Areals, das durch schlechte Bodenwerte gekennzeichnet ist, Agri- Photovoltaik-Anlagen errichten. Dieses Konzept hebt die Flächenkonkurrenz zwischen Photovoltaik und landwirtschaftlicher Nutzung auf, das auf der Fläche weiterhin eine Nutzung für Weidetiere oder zur Nahrungsproduktion erfolgt", teilte das Unternehmen dazu weiter mit.

Schwarzbunte Kühe im Kuhstall zu sehen, die Gras fressen
Auch Rinder gehören zum Röderland-Betrieb in Bönitz. Bildrechte: MDR/Christine Reißing

Röderland: 90 Prozent Zustimmung für Quarterback

Ende Februar hatte der Agrarbetrieb Röderland in Bönitz (Elbe-Elster-Kreis) einen Anteilsverkauf an die Leipziger bekanntgegeben. Laut deren Geschäftsführer habe sich die Mehrheit der 30 Gesellschafter entschlossen, ihre jeweiligen Anteile an die Quarterback Immobilien AG zu veräußern.

Interesse an der Übernahme hatte nach einem Bericht der taz auch ein Landwirt, der gebürtig aus Brandenburg kommt. Er wollte sogar nach Bönitz ziehen, soll mit acht Millionen Euro jedoch zwei Millionen unter dem Quarterback-Angebote gelegen haben. Eine offizielle Verkaufssumme ist nicht bekannt. Das Agrargebiet Röderland ist 250 Hektar groß. Das sind 350 Fußballfelder.

Unser Ziel ist, sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch die Weiterentwicklung mit Solaranlagen voranzutreiben.

Quarterback Immobilien AG

Bauernverband: Keine Äcker für branchenfremde Unternehmen

Bauernverbände wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) stören sich am Verkauf von Böden an branchenfremde Unternehmen. Deren Bundesgeschäftsführer Georg Janßen sagte: "Nichtlandwirtschaftliche Investoren wie die Quarterback Immobilien AG treiben die Bodenpreise nach oben und gefährden damit die Existenz bäuerlicher Betriebe. Langfristig führt das zu einer Flächenkonzentration in den Händen weniger kapitalstarker Konzerne."

Nach Meinung des Verbands hätte Quarterback eine Lücke im Rechtssystem ausgenutzt. Eigentlich erhielten Bauern das Vorkaufsrecht auf landwirtschaftliche Böden. Da in dem Fall aber nicht nur der Boden, sondern Anteile der Röderland-GmbH veräußert werden sollen, gelte das Grundstücksverkehrsgesetz nicht. Wie die FAZ schreibt, müsse der Kauf damit weder angezeigt noch genehmigt werden.

Furcht vor Ausverkauf ostdeutscher Böden

Die AbL fordert deshalb eine Anpassung der Rechtslage. Jan Brunner, der Geschäftsführer für Mitteldeutschland, sagte: "Ohne starke Agrarstrukturgesetze wird es weitere derartige Fälle geben. Finanzstarke Konzerne überbieten Landwirtinnen und Landwirte, indem sie einfach ein paar Millionen oben drauf packen". Sorgenvoll beobachtet er seit Jahren den fortschreitenden Verkauf von Ackerflächen, insbesondere in Ostdeutschland.

Ein Traktoranhänger steht auf einem Steinplatz vor einer Weide. Im Hintergrund sind Schafe und Bäume zu sehen
Die Angst vor dem Ausverkauf ostdeutscher Äcker geht um. Bildrechte: Christine Reißing/MDR SACHSEN-ANHALT

Man entzieht uns die Existenz. Wenn wir keinen Boden bearbeiten, wer macht es dann? Wer soll die Bevölkerung ernähren? Diese Firmen machen das sicherlich nicht.

Dirk Barthel Bio-Bauer aus Dommitzsch

Bio-Bauer befürchtet Hinwendung zur Solarenergie

Dirk Barthel vom "Biohof Barthel" in Dommitzsch (Landkreis Nordsachsen) sieht die Situation ebenfalls kritisch und fürchtet den "Ausverkauf des Ostens" zugunsten von Solarenergie oder Gewerbegebieten. "Man entzieht uns die Existenz. Wenn wir keinen Boden bearbeiten, wer macht es dann? Wer soll die Bevölkerung ernähren? Diese Firmen machen das sicherlich nicht", sagte der 58-Jährige im Gespräch mit MDR SACHSEN.

Sächsisches Ministerium arbeitet an Agrargesetz

Im sächsischen Landwirtschaftsministerium stehen derzeit Regelungen beim Kauf von Agrarflächen auf der Agenda. Regional ansässige Landwirte sollen beim Kauf privilegiert werden - soweit dies EU- und verfassungsrechtlich möglich ist. "Das Gesetz soll einen verbesserten Schutz der Landwirte bei Kauf und Pacht landwirtschaftlicher Flächen vor spekulativ überhöhten Marktpreisen avisieren. Das betrifft somit auch die Tätigkeit außerlandwirtschaftlicher Investoren", schrieb das Landwirtschaftsministerum auf Anfrage von MDR SACHSEN.

Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther besucht den Solarpark Tannenhübel.
Sachsens Energie- und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther, hier im Solarpark Tannenhübel. Bildrechte: IMAGO/Sylvio Dittrich

Es gehe allerdings nicht darum, Anteilserwerbe zu verhindern: "Aufgrund der sächsischen Agrarstruktur wird eine Betriebsnachfolge nur über Anteilsübertragungen möglich sein. Anteilsübertragungen können auch sinnvoll sein, um notwendige betriebliche Investitionen zu ermöglichen", hieß es. Zum Ankauf von Quarterback wollte sich das von Wolfram Günther (Grüne) geführte Ministerium nicht äußern.

Geplanter Verkauf an Quarterback kein Einzelfall

Solche Käufe wie nun durch die Quarterback Immobilien AG stellen keinen Einzelfall mehr mehr dar. In Ostdeutschland haben Investoren wie die Aldi-Stiftung, die Zech-Immobiliengruppe und die Münchner Rückversicherungsgesellschaft seit der Wiedervereinigung Agrarbetriebe aufgekauft. In Sachsen sei Südzucker aktiv, so die AbL. Offizielle Zahlen existieren nicht, die AbL hofft daher auf eine künftige Anzeigepflicht.

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MDR (cke/sme)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 08. März 2023 | 09:30 Uhr

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