Krisengipfel Migration Mehr Plätze für Erstaufnahme in Sachsen geplant: Kretschmer will Kommunen entlasten
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17. Januar 2023, 05:35 Uhr
Den Städten und Gemeinden in Sachsen gehen die Plätze für Asylbewerberinnen und -bewerber aus. Händeringend suchen sie nach geeigneten Objekten. Nun will der Freistaat helfen, wenn auch zeitlich befristet. Darüber informierte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer am Montag bei einem Krisengipfel.
- Ministerpräsident Kretschmer will weitere Plätze in der Erstaufnahme schaffen.
- Bei Abschiebungen müsse schneller durchgegriffen werden.
- Zusätzliche finanzielle Mittel für Lehrkräfte sollen Schulen entlasten.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will weitere Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen im Freistaat schaffen. Das sagte er nach einem Spitzengespräch zur aktuellen Situation der Migration in Sachsen am Montag in der Staatskanzlei Dresden, an dem Politiker der Landes- und Bundesebene sowie Landesverbände teilnahmen. Das Land wolle dadurch "eine gewisse Puffermöglichkeit schaffen" für die Kommunen in Sachsen. Hintergrund sei der zuletzt starke Anstieg der Asylbewerberzahl im Freistaat.
Um wie viel Plätze es sich konkret handele, konnte Kretschmer zunächst nicht sagen. Es gebe unter den Kommunen in Sachsen große Sorgen, die große Zahl an Geflüchteten unterzubringen, sagte Kretschmer am Montag. Daher wolle der Freistaat flexible Lösungen anbieten, wenn auch zeitlich befristet.
Kretschmer: Bund muss bei Abschiebung schneller durchgreifen
Mit Blick auf ausreisepflichtige und straffällig gewordene Geflüchtete verwies Kretschmer auf den Bund. Die Bundesregierung sei in der Pflicht, zügige Verfahren zu ermöglichen. "Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen ohne Bleiberecht in ihre Heimat zurückkehren", sagte Kretschmer. Das funktioniere aber nur, wenn die Bundesregierung dazu den Willen habe.
Das erwarte schließlich die Bevölkerung, die bisher sehr solidarisch gewesen sei. Vereinbarungen mit Herkunftsländern seien schneller zu schließen, um Geflüchtete ohne Bleiberecht zügiger abzuschieben, so der Ministerpräsident: "Wir brauchen Rückführungsabkommen und Vereinbarungen mit den Ländern, aus denen diese Menschen kommen. Und das muss zügig passieren."
Wir brauchen Rückführungsabkommen und Vereinbarungen mit den Ländern, aus denen diese Menschen kommen. Und das muss zügig passieren.
Kommunen könnten Ende März an ihre Grenzen Stoßen
Der Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, Bert Wendsche, sieht das ähnlich. Wenn der Zustrom an Geflüchteten in der aktuellen Form anhalte, kämen die Kommunen an ihre Kapazitätsgrenzen. Das betreffe einerseits die soziale Betreuung, wie etwa an Schulen, aber auch die Unterbringung der Geflüchteten, sagte Wendsche. Die Städte und Gemeinden seien jedoch schon jetzt ausgelastet: "Wir kommen Ende des ersten Quartals an die Kapazitätsgrenzen, wenn die Zahlen an Geflüchteten in dieser Größenordnung anhalten."
Kommunale Spitzenverbände begrüßen Kretschmers Pläne
Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten Kretschmers Pläne, die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu erhöhen. Dadurch würden die Kommunen entlastet, so Henry Graichen, Präsident des Sächsischen Landkreistages: "Wir wollen keine menschenunwürdigen Unterbringungen in Einrichtungen, die dafür nicht gebaut sind und für andere Zwecke gebraucht werden." Graichen spielte dabei auf die Unterbringung von Asylsuchenden zum Beispiel in Turnhallen an.
Wir wollen keine menschenunwürdigen Unterbringungen in Einrichtungen, die dafür nicht gebaut sind und für andere Zwecke gebraucht werden.
Überlastete Schulen: Mehr Lehrkräfte sollen helfen
Doch nicht nur die Kommunen kommen an ihre Grenzen. Sachsens Schulen hätten es durch den Ukraine-Krieg mit einem erheblichen Anstieg von Schülerinnen und Schülern zu tun, so Kretschmer. "Wir haben die Situation, dass über 10.000 ukrainische Kinder und Jugendliche in sächsischen Schulen beschult werden", sagte der Ministerpräsident. Deswegen sollen mehr Lehrkräfte eingestellt werden. Im neuen Haushalt 2023/2024 seien dafür zusätzliche Gelder eingeplant.
Krisensitzung wegen steigender Flüchtlingszahlen in Sachsen
Hintergrund der Krisensitzung am Montag ist die wachsende Zahl neu ankommender Flüchtlinge in Sachsen. Nach Angaben der Landesdirektion kamen bis Ende November vergangenen Jahres 17.156 Asylsuchende in den Freistaat. Zudem wurden bis Weihnachten knapp 60.000 Schutzsuchende aus der Ukraine erfasst. 2021 waren es 10.222 und knapp 4.500 im Jahr 2020. Die meisten Asylbewerber kamen aus Syrien, Venezuela, der Türkei sowie Afghanistan.
An dem Spitzengespräch hatten Vertreter der kommunalen Spitzen- und Wohlfahrts-Verbände, der Arbeits-Agenturen und des Bundes-Amtes für Migration und Flüchtlinge in der Staatskanzlei Dresden teilgenommen.
MDR (phb/bdi)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 16. Januar 2023 | 19:00 Uhr