Ärztemangel So stark unterscheidet sich die hausärztliche Versorgung in Sachsen
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11. Februar 2023, 12:00 Uhr
In vielen Regionen Sachsens gibt es zu wenige Hausärzte. Besonders ländliche Gemeinden wie Lichtenau, aber auch Städte wie Chemnitz sind stark betroffen. Teilweise liegt die Versorgungsquote hier bei unter 70 Prozent. Unsere interaktive Karte zeigt, wie stark Ihre Heimat betroffen ist.
In Sachsen fehlen immer mehr Hausärztinnen und Hausärzte. Lag die Zahl der unbesetzten Stellen im Freistaat im Januar 2015 bei 193,5, so betrug sie zum jüngsten Stichtag im April 2022 bereits 447 – also hat sich der Mangel weit mehr als verdoppelt innerhalb von sieben Jahren. Das geht aus dem aktuellen Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen hervor.
Anhand der Zahlen wird auch deutlich, dass die hausärztliche Versorgung im Freistaat je nach Region stark schwankt. In und um die Großstädte Leipzig und Dresden ist die Versorgungslage gut. Andere Regionen sind hingegen seit Jahren unterversorgt, etwa das Erzgebirge oder Teile der Oberlausitz.
In der folgenden Karte können Sie sehen, wie gut die Versorgung in Ihrer Region ist. Mit einem Klick finden Sie für jeden Ort Informationen zum dazugehörigen hausärztlichen Planungsbereich und dem Grad der Versorgung bzw. Unterversorgung:
Eine drohende Unterversorgung liegt vor, wenn beispielsweise aufgrund der Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte in einer Region eine Unterversorgung absehbar, aber noch nicht eingetreten ist. Als unterversorgt gelten laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung Planungsbereiche mit einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent. Da die Planungsbereiche teilweise große Gebiete umfassen, kann die Lage vor Ort noch angespannter sein.
Wer krank ist, geht zuerst zum Hausarzt. Hausärzte spielen im Gesundheitssystem eine große Rolle: Vom Kleinkind bis zur Oma versorgen sie oft die komplette Familie.
Und das Problem wird sich in den nächsten Jahren noch verschärfen: Ein Drittel der Hausärztinnen und Hausärzte in Sachsen ist über 60 Jahre alt und steht damit kurz vor dem Ruhestand.
Wie wird der Versorgungsgrad berechnet?
Der Versorgungsgrad einer Region wird ermittelt, indem zwischen dem Ist-Niveau des tatsächlichen Einwohner-Arzt-Verhältnisses und dem Soll-Niveau der Verhältniszahl verglichen wird. Der Versorgungsgrad wird in Prozent ausgedrückt und genutzt, um die Versorgung in einer Region zu bewerten.
Der ermittelte Versorgungsgrad ist die Grundlage dafür, ob sich in einem Planungsbereich zusätzliche Ärzte niederlassen können beziehungsweise welche Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung ergriffen werden können.
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Ungleiche hausärztliche Versorgung im Freistaat
Betroffen vom Hausärztemangel sind vor allem die ländlichen Regionen Sachsens. Ein möglicher Grund dafür ist, dass ein Medizinstudium lange Zeit nur in Leipzig und Dresden angeboten wurde. Junge Ärztinnen und Ärzte sind durch das Studium dort sozialisiert und bleiben in vielen Fällen in oder nahe ihrer Studienstadt. Darunter leidet auch Chemnitz, die drittgrößte Stadt im Freistaat. Seit 2016 droht hier die Unterversorgung. 34 Hausarztstellen sind aktuell unbesetzt – so viele wie nirgendwo sonst in Sachsen. Deshalb werden seit 2020 auch in Chemnitz zukünftige Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet.
Gegenmaßnahmen reichen nicht aus
Längst gibt es zahlreiche Maßnahmen, um dem Hausärztemangel vor allem im ländlichen Raum entgegenzuwirken. Etwa spezielle Studienplätze für Studierende, die sich verpflichten, nach ihrer Ausbildung auf dem Land zu arbeiten. Außerdem bietet die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen Zuschüsse von bis zu 100.000 Euro. Und auch etliche Kommunen versuchen Ärztinnen und Ärzte mit attraktiven Konditionen aufs Land zu locken. Zusätzlich arbeitet das Netzwerk "Ärzte für Sachsen" daran, mehr junges Fachpersonal aus den anderen Bundesländern oder dem Ausland nach Sachsen zu holen. Es bündelt Fördermittel und steht als Ansprechpartner für Studierende zur Verfügung.
Doch das alleine wird den Hausärztemangel im Freistaat kaum beheben. "Jungen Ärzten nur viel Geld zu zahlen, reicht heute nicht mehr", sagt Knut Köhler von der Landesärztekammer Sachsen. Viele Mediziner wollen lieber in den Städten bleiben. Dort gebe es eine bessere Infrastruktur, vielfältigere Jobmöglichkeiten für den Partner und ein breiteres kulturelles Angebot.
Und Köhler sieht ein weiteres Problem: "Man muss auch ehrlich sein: Es gelingt nicht, einen jungen Arzt aus Norddeutschland dazu zu bewegen, nach Sachsen zu kommen. Viel wichtiger ist es uns, junge Leute aus Sachsen in die Region zurückzuholen." Auch wenn Köhler erste Erfolge des Netzwerks sieht, ist für ihn klar: Der Ärztemangel im ländlichen Sachsen wird auch in Zukunft ein "gravierendes Problem" bleiben.
MDR (mm)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 11. Februar 2023 | 15:00 Uhr