Insolvenzverfahren Beschäftigte von Galeria Dresden bangen um Sozialleistungen

18. Dezember 2022, 21:38 Uhr

Während sich das Weihnachtsgeschäft seinem Höhepunkt nähert, könnte die Stimmung unter vielen Galeria-Angestellten in Dresden kaum schlechter sein. Nicht nur die Unsicherheit um den Standort treibt sie um. Nach der bereits zweiten Insolvenz des Einzelhandelsriesen Galeria Karstadt Kaufhof müssen sie um Sozialleistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie um die Anerkennung ihrer Überstunden kämpfen. Auch in der Galeria-Markthalle ist der Frust groß.

Für die Beschäftigten des einstigen Karstadt-Warenhauses und der im selben Haus befindlichen Markthalle in Dresden wird dieses Weihnachtsfest wohl kein sehr fröhliches. Inmitten des Weihnachtstrubels mischen sich nicht nur Sorgen, ob das Haus im Rahmen des Insolvenzverfahrens auch in Zukunft Bestand haben wird. Nahezu wöchentlich geistern andere Informationen rum, was aus einst zugesicherten Sozialleistungen und erbrachten Leistungen wird.

Sonderurlaub nie schriftlich fixiert, Mitarbeitende haben nichts in der Hand

So wurden nach Informationen von MDR SACHSEN die Mitarbeitenden der Galeria-Markthalle, kurz nachdem sie den ersten von zwei verkaufsoffenen Adventssonntagen gestemmt haben, darüber informiert, dass ein ihnen mündlich zugesicherter Sonderurlaub von bis zu elf Tagen gestrichen wird und stattdessen in die Insolvenzmasse fließt. "Wir waren alle pappensatt und sind gerade jetzt zur Weihnachtszeit sehr demotiviert", heißt es aus der Belegschaft.

Der Sonderurlaub sollte, so wurde es den Beschäftigten der Markthalle nach eigenen Aussagen vermittelt, eine Ausgleichszahlung sein. Wofür genau, wissen sie nicht. Mal habe es geheißen, für die ausbleibende Tariferhöhung, dann wieder als Ausgleich für die Zeit der Kurzarbeit. Schriftlich fixiert wurde der Sonderurlaub demnach nie, so dass sie jetzt nichts in der Hand haben.

Beschäftigte befürchten, auf Überstunden sitzenzubleiben

Der Sonderurlaub gehört zu einem Wirrwarr aus Regelungen und Versprechungen rund um die Insolvenzen und Corona-Maßnahmen, das die Mitarbeitenden kaum durchblicken können. Erinnerungen an die Zahlung des Kurzarbeitergeldes kommen hoch. "Man hat eine Summe gehabt, mit der man nicht klarkam", heißt es von Beschäftigten. "Das war sehr skurril." Ob sie die Plusstunden, die das Dezembergeschäft naturgemäß mit sich bringt, vollständig bezahlt bekommen, daran haben die Mitarbeitenden große Zweifel. "Das ist sehr fraglich."

Karstadt kündigt Schließungsliste für Ende Januar an

Auch die Gewerkschaft Verdi kritisiert das Gebaren des Unternehmens. "Wir wissen noch immer nichts über das weitere Schicksal der drei Häuser in Sachsen", sagt Torsten Furgol, Fachbereichsleiter Handel im Verdi-Landesbezirk für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die für Mitte Dezember erwartete Schließungsliste für einzelne Standorte läge nicht vor. Die soll Ende Januar 2023 kommen, wie ein Unternehmenssprecher MDR SACHSEN ankündigte.

Gewerkschaft kritisiert Umgang mit Tarifleistungen

Den Angaben des Gewerkschafters zufolge kämpfe Verdi nicht nur "um den Erhalt jedes Standortes" von Galeria Karstadt Kaufhof im Bezirk. Im Rahmen des Insolvenzgeldes sollen die Beschäftigten nach dem Willen der Gewerkschaft auch das volle Weihnachtsgeld erhalten, berichtet Furgol. Darüber gäbe es jedoch "unterschiedliche Standpunkte" in der Geschäftsführung. Furgol spricht von einem "Schlag ins Gesicht der Beschäftigten", die nach der ersten Insolvenz 2020 auf rund 5.500 Euro Gehalt je Mitarbeiter und Mitarbeiterin verzichtet hätten, als Beitrag zur Sanierung des Unternehmens.

Im Kampf um das Weihnachts- und Urlaubsgeld droht ein Gerichtsstreit

Das Problem: Der Gehaltsverzicht war Teil eines mit Verdi abgeschlossenen Sanierungstarifvertrages. Das bestätigt ein Firmensprecher auf Anfrage von MDR SACHSEN. Dieser Tarifvertrag wurde nun aber vom Unternehmen im Herbst dieses Jahres im Zuge der Insolvenzanmeldung gekündigt. "Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die bis zur Insolvenz geleisteten Überstunden in die Insolvenztabelle geschrieben werden", erklärt der Sprecher. Auch bei der Markthalle sei der Sanierungstarifvertrag vor Insolvenzeintritt gekündigt worden. "Die entsprechenden Fragestellungen sind Gegenstand laufender Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der Arbeitnehmerseite", so der Firmensprecher.

Während Verdi nun auf den Flächentarifvertrag pocht, der Urlaubs- und Weihnachtsgeld regelt, sieht das die Geschäftsführung anders. Ohne Einigung könnte der Streit laut Sprecher vor Gericht enden.

Insolvenzverfahren bei Galeria Karstadt Kaufhof und Galeria Markthalle Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ist ein Zusammenschluss der beiden Warenhäuser Karstadt und Galeria Kaufhof. Sie will sich zum zweiten Mal binnen zwei Jahren über ein Insolvenzverfahren sanieren. Nach Unternehmensangaben wurde im Oktober 2022 beim Amtsgericht Essen ein Schutzschirmverfahren beantragt.

Galeria betreibt mit 17.000 Mitarbeitern noch bundesweit 131 Warenhäuser in 97 Städten, davon drei in Sachsen: Dresden, Leipzig und Chemnitz. Der Handelsriese erhielt schon zweimal staatliche Hilfe im Gesamtumfang von 680 Millionen Euro.

Die Kaufhauskette gehört zur Signa-Unternehmensholding des Österreichers Réne Benko. Er muss sich in seiner Heimat gegen Bestechungsvorwürfe wehren.

Die Galeria-Markthalle ist ein Tochterunternehmen des Galeria-Konzerns und stark abhängig von der Mutterfirma. Die Markthalle hat nur wenige Tage nach der Warenhauskette ebenfalls Insolvenz angemeldet.

MDR (ktt/wim/dkö)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 31. Oktober 2022 | 20:00 Uhr

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