Mehrere Kletterer auf einem Felsen in der Sächsischen Schweiz
Gemeinsam mit Freunden und Verwandten hat Peter Zuppke am 4. September die Dürrebielenadel in der Sächsischen Schweiz erklommen. Er hat damit alle 1.135 Kletterfelsen im Elbsandsteingebirge bezwungen. Bildrechte: Rita Zuppke

Gipfelsammlung Student aus Langebrück bezwingt alle Gipfel in der Sächsischen Schweiz

05. September 2022, 10:41 Uhr

Manche sammeln Briefmarken, andere Modelleisenbahnen, Schuhe oder historische englische Rosensorten - Peter Zuppke aus Langebrück sammelt Gipfel. Der 23-Jährige hat es auf alle besteigbaren Berge in der Sächsischen Schweiz abgesehen. Das sind 1.135 an der Zahl. Am Sonntag war er auf der Dürrebielenadel. Die fehlte ihm noch in der Sammlung.

Geschafft. Zwei Wochen später als ursprünglich geplant hat Peter Zuppke aus dem Dresdner Stadtteil Langebrück die Dürrebielenadel in der Sächsischen Schweiz bestiegen. Für den 23 Jahre alten passionierten Kletterer war das eigentlich kein großes Ding - aber dennoch ein ganz besonderes Vorhaben. Denn die Dürrebielenadel war der letzte Kletterfelsen in der Sächsischen Schweiz, den der Maschinenbau-Student noch nicht bestiegen hatte. Ende August hatte Regen die Besteigung verhindert.

Bergsteiger hält Seil
Kletterer Peter Zuppke hat mehr als 1.100 Gipfel in der Sächsischen Schweiz erklommen. Bildrechte: MDR/L. Müller

Alle Gipfel ohne Unterstützung bezwungen

Er lege beim Klettern "sehr großen Wert auf das 'Wie'" und habe sich "einige Einschränkungen selbst auferlegt", sagt er. "Sehr wichtig ist dabei, dass ich alle Gipfel 'ohne Unterstützung' (also ohne Personen, die übereinanderstellt unwegsame Stellen überbrücken, Anm. d. Red.) gemacht habe." Auch Risshandschuhe und sogenannte UFOs - Sicherungsgeräte, die sich auseinander spreizen - verwendet Peter nicht.

Insgesamt 1.135 Felsen seien für Kletterer im Elbsandsteingebirge zugelassen, erklärt Peter. Die Besteigung aller Felsen hat er in seinen zwei Kletterbüchern in Schönschrift dokumentiert und dort auch besondere Erlebnisse wie in einem Tagebuch notiert. Geklettert wird in der Sächsischen Schweiz nur an allseits frei stehenden Felsen.

Text in einem Heft
Peter Zuppke führt Tagebuch darüber, welche Felsen er zum ersten Mal bestiegen hat. Bildrechte: MDR/L. Müller

Wegelagerer war Peters erster Gipfel

Eigentlich ist der Langebrücker im Vergleich zu anderen eher spät im Alter von 14 Jahren zum Klettern gekommen - vor allem sein Onkel hat ihn für die heimische Bergwelt begeistert und auch seine Eltern haben ihren Anteil an der Kletterfreude von Peter. Und weil der Onkel auch schon alle Gipfel bestiegen hat, wollte er ihm nacheifern. "Ich habe mir vorgenommen, dies innerhalb von zehn Jahren zu schaffen", sagt er. Der erste Felsen in der Sammlung war der Wegelagerer, den er ohne Seil und noch bei Eis- und Schneeresten am Nachmittag des 5. April 2013 erklommen hat. Wichtig ist ihm, sagt er, dass er beim Gipfelsammeln immer als Vorsteiger unterwegs war - also derjenige, der voran geht im Felsen.

Student erschließt neue Routen auf die Gipfel

Was kommt danach? Fällt der Bergsteiger dann in ein Loch, wenn die Sammlung komplett ist? Peter lacht. "Nein, es gibt noch genug Herausforderungen." So widmet er sich auch Erstbegehungen. Natürlich findet er in der Sächsischen Schweiz keine Felsnadel mehr, die zuvor kein Mensch entdeckt hätte. Aber der Student erklimmt die Gipfel auf neuen Wegen - die mindestens drei Meter von bekannten Kletterrouten entfernt verlaufen müssen. 50 Erstbegehungen habe er schon geschafft und vom Sächsischen Bergsteigerbund bestätigen lassen.

Bei solchen Touren, die auch nicht immer im ersten Anlauf funktionieren, hat er mehr Gepäck dabei als sonst. Bohrmaschine, Bohrer, Hammer und Ringe zum Sichern der neuen Route gehören dann zur Ausrüstung. Wie schwer eine solche Kletterausrüstung ist, vermag Peter nicht zu sagen. "Ich habe das nie gewogen." Aber es sei schon ein ordentliches Gewicht - insbesondere dann, wenn man noch eine Stunde Wanderung bis zum geplanten Felsen vor sich hat.

Bergsteigerausrüstung
Wer Klettern geht, muss sich vorher seine Ausrüstung sortieren und bereit sein, schwer zu tragen. Bildrechte: MDR/L. Müller

Respekt vorm Berg bleibt trotz Routine

In der sächsischen Bergsteigerszene ist Peter kein Unbekannter. Allerdings gehört er nicht zu den Kletterern, die immer die ganze Welt im Internet über ihre Erfolge in Kenntnis setzen müssen. Er ist eher ein ruhiger Typ, der sein Ding mit Freunden und Familie macht.

Wenn Peter vom Klettern berichtet, merkt man schnell, dass er sehr bedacht an die Sache geht. Er ist kein Draufgänger. Vielmehr gibt er zu, dass es auch Augenblicke in der Wand gebe, die ihm schon mal Angst machten. Er hat Respekt vor der Natur, vor den Felsen - ganz besonders an den Stellen, wo er weiß, dass es nicht mehr zurück geht und er noch nicht den richtigen Plan hat, wie er den Griff für den weiteren Aufstieg ansetzen soll. Außer den üblichen Schrammen an Armen und Beinen ist dem jungen Kletterer noch nie etwas passiert. Gute Planung der Routen sei wichtig und das richtige Zusammenspiel von Kopf und Körper. Fast jedes Wochenende und oft noch häufiger ist der Student in der Sächsischen Schweiz - immer mit dem Zug.

Kletterer Peter Zuppke
Hier klettert Peter Zuppke am Grottenwart im Alten Weg, der mit der Schwierigkeit IV angegeben ist. "Da der Spalt sehr eng ist, habe ich auf meinen Klettergurt verzichtet, um so mit dem ganzen Körper in den Kamin zu passen und sicherer klettern zu können", erklärt er. Den Gurt zog später am Seil rauf, nachdem es weiter oben geräumiger wurde. Bildrechte: Carlo Schneider

Weniger Interesse an hochalpinen Klettern

Auf die Mischung aus Feststellung und Frage, ob sein Klettern nicht ein wenig verrückt sei, lächelt Peter und meint: "Verrückt ist doch eine sympathische Beschreibung." Am liebsten klettert der Langebrücker in der Sächsischen Schweiz. Er mag die Landschaft, den Sandstein, die Felsformationen in seinem Heimatrevier, sagt er. Während viele Ausflügler nach Barbarine, Schrammsteinen, Bastei, Königstein und Lilienstein schon überlegen müssen, kennt Peter freilich alle anderen Felsen in der Region. Die meisten erkennt er auf den ersten Blick, wenn er Bilder von ihnen sieht. Auch in die angrenzende Böhmische Schweiz zieht es den Kletterer gelegentlich.

Peter hat auch schon in der Fränkischen Schweiz die dortigen Kalk- und Dolomitfelsen bestiegen, Buntsandsteine in der Pfalz erklommen und hat sich an den Felswänden nahe der schwebenden Klöster von Meteora in Griechenland ausprobiert. Nur dem hochalpinen Klettern kann er so recht nichts abgewinnen. Er mag Felsen, die er gut einschätzen und Routen, die er überblicken kann.

Schon 351 Menschen waren auf allen Gipfeln

Dietmar Heinicke vom Sächsische Bergsteigerbund teilte mit, "nach heutigen Stand haben bisher 350 Kletterer alle 1.135 Klettergipfel der Sächsischen Schweiz bestiegen". Nicht alle waren als Vorsteiger unterwegs. Peter ist nun also der 351. All-Gipfel-Besteiger, der dem Bergsteigerbund bekannt ist.

An den Felsen bekommt man wichtige Werte vermittelt wie Demut, Bescheidenheit, respektvollen Umgang mit der Natur und mit den Felsen.

Peter Zuppke, leidenschaftlicher Kletterer

Respektvoller Umgang mit der Natur

Wer übrigens nachkontrollieren will, ob Peter Zuppke wirklich alle Gipfel erklommen hat, kann dies tun: Man muss nur schwindelfrei sein, sich eine Kletterausrüstung besorgen, das Felsklettern bei Profis erlernen und dann in den Gipfelbüchern auf den Felsen nach den Einträgen des Langerbückers schauen. Peter empfiehlt Einsteigern übrigens erst einmal die Kletterhalle, um ein Gefühl fürs Senkrechte zu bekommen. Das echte Gefühl fürs Klettern bekomme man aber doch erst draußen. "An den Felsen bekommt man wichtige Werte vermittelt wie Demut, Bescheidenheit, respektvollen Umgang mit der Natur und mit den Felsen", sagt er. Und diese Werte hat er sich in all den Jahren bewahrt.

Schon am Dienstag ist wieder in der Sächsischen Schweiz bei Schmilka und will sich an der nächsten Erstbegehung versuchen und einem Freund beim Gipfelsammeln helfen, kündigt Peter an.

Felsen im Sonnenaufgang im Elbsandsteingebirge.
Die malerischen Felsformationen im Elbsandsteingebirge faszinieren Ausflügler, Wanderer und Bergsteiger. Letztere wollen natürlich hinauf und die Aussicht vom Gipfel genießen. Bildrechte: IMAGO / imagebroker
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