Polizei Görlitz warnt Falsche Polizisten: Codewort "Nelke" ist genauso Abzocke wie Kaution nach Unfall
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10. November 2024, 14:41 Uhr
Seit einer Woche werden ältere Menschen in Bautzen und Kamenz von Telefonbetrügern angerufen und unter Druck gesetzt. Mehr als 100 Anrufe von falschen Polizisten wurden den Revieren gemeldet. Im Gespräch mit MDR SACHSEN sagt Polizeisprecher Kai Siebenäuger: "Seien Sie wachsam! Sprechen Sie mit älteren Verwandten über die Betrugsmaschen."
Frage: Welche Abzock-Maschen sind neu, vor denen Sie aktuell warnen?
Kai Siebenäuger: In Sohland an der Spree rief ein Betrüger einen 86-jährigen Rentner an und gab sich als Polizist aus. Er gaukelte vor, dass ein Polizeieinsatz stattfinden würde. Das Codewort laute Nelke. Der Rentner müsse nun sein Geld vorzeigen, damit die Polizei das prüfen könne. Zu diesem Zweck würde ein Kollege vorbeigeschickt, der das Geld fotografieren und untersuchen werde. Damit haben sie rund 10.000 Euro erbeutet.
Die Betrügermaschen vermischen sich auch. Es gibt einmal die Masche der falschen Polizeibeamten. Dann die Legenden bei sogenannten Schockanrufen, bei denen sich Betrüger als Angehörige ausgeben, als Enkel, Töchter oder Söhne, denen ein schwerer Unfall passiert sei. Jetzt müsse eine Kaution gezahlt werden, um sie wieder freizubekommen. Es gibt auch Betrüger, die sich als Staatsanwälte ausgeben. Die Palette ist groß.
Die Legenden, die sich die Betrüger zurechtlegen, werden immer perfider und ausgefeilter. Da rufen Betrüger an und simulieren im Hintergrund Geräusche wie in einem Lagezentrum, wo mehrere Leute telefonieren. Ein Betrüger spricht mit dem Opfer und ruft parallel Anweisungen, dass er gleich ein Streife rausschickt und redet dann ununterbrochen weiter aufs Opfer ein. Für den Bürger, der Vertrauen in seine Polizei hat, wird es immer schwieriger, zu unterscheiden: Ist das ein Polizist oder ist es kein Polizist? Deswegen ist es für wichtig, an die Bürger zu appellieren.
Wann sollten die Alarmglocken schrillen?
Immer, wenn sich Polizisten oder vermeintliche Bankangestellte oder Staatsanwälte am Telefon melden, muss man schon misstrauisch sein. Am besten gleich auflegen. Dann die 110 anrufen oder die örtliche Polizeidienststelle. Das ganz besonders dann, wenn man sich gedrängt oder unter Druck gesetzt fühlt. Allerspätestens wenn von Ihnen verlangt wird, dass Sie das Geld vorzeigen, müssen die Alarmglocken schrillen. Dann muss die Tür zugemacht oder das Telefonat beendet werden.
Vor allem Senioren, die oft angerufen werden, wollen ja nichts falsch machen oder hören manchmal nicht mehr so gut. Wie kann man Angehörige vor den Betrügern schützen?
Ganz wichtig ist es, mit den Verwandten und Nachbarn zu sprechen, dass es diese Maschen gibt und dass sich auch niemand dafür zu schämen braucht, wenn man auf so etwas hereinfällt. Denn Schuld sind nicht die Seniorinnen und Senioren, Schuld sind die Täter! Wenn ältere Menschen so einen Anruf bekommen, müssen sie misstrauisch sein und im Zweifelsfall immer das Telefonat beenden. Und dann die Polizei oder Tochter, Sohn, die echten Angehörigen anrufen. Das ist das Wichtigste. Und wichtig ist auch, dass jede Anzeige die Ermittler unterstützt. Deswegen ist es ja so entscheidend, die Polizei zu informieren, dass neue Betrugsmaschen frühzeitig erkannt werden.
Könnte man den Telefonbetrügern nicht eine Falle stellen? Wie kann man denen habhaft werden?
Den Betrügern habhaft zu werden, ist eine schwierige Aufgabe. Die sehe ich auch bei den Ermittlern. Jeder Hinweis, den uns Geschädigte geben können, kann wertvoll und wichtig sein. Daher nochmal: Das Gespräch sofort beenden, alles notieren, was man sich merken konnte. Wenn eine Person vor der Tür steht, die Person beschreiben, sich eventuell auch das Autokennzeichen merken.
Wie wahrscheinlich ist es, dass die echte Polizei oder Staatsanwaltschaft bei Privatleuten anruft?
Grundsätzlich kommt es eher selten vor. Es kann sein, dass sich im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren die Polizei bei Ihnen meldet, weil Sie Geschädigter eines Unfalls waren und eine Vernehmung gemacht werden muss. Oder dass sie Zeuge einer Straftat geworden sind. Da können sie telefonisch kontaktiert werden oder auch schriftlich.
Was aber niemals passieren wird, ist, dass die Polizei den Bürger anrufen und Geld verlangen wird. Das wird niemals passieren! Sobald die Frage nach Geld kommt, muss jedem klar sein: Hier stimmt was nicht. Echte Polizisten verlangen kein Geld. Es geht auch nicht immer nur um Geld. Es geht um verschiedenste Wertanlagen. Das kann auch Schmuck sein.
MDR (kk/daw)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 08. November 2024 | 16:30 Uhr