Junge Frau schaut gelangweilt auf Laptop-Bildschirm.
Wer einen Antrag auf Wohngeld stellt, braucht Geduld. In Stendal sehr viel Geduld. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Monatelange Bearbeitungszeit Tausende Neuanträge auf Wohngeld stellen Ämter vor Herausforderungen

23. Juni 2023, 18:57 Uhr

Seit dem 1. Januar haben mehr Haushalte Anspruch auf Wohngeld. Bei den Ämtern haben sich die Anträge verdoppelt, die Bearbeitungszeiten sind in die Höhe geschnellt. Grund ist nicht nur die Masse an Anträgen, sondern auch die Tatsache, dass viele unvollständig sind.

Wer in Sachsen-Anhalt einen Antrag auf Wohngeld stellen will, der braucht vor allem zwei Dinge: einen vollständig ausgefüllten Antrag und viel Geduld. Denn seit Beginn des Jahres haben mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld.

Laut Landesregierung gab es allein in den ersten vier Monaten des Jahres 42.500 Neuanträge. Das stellt viele Ämter vor große Probleme, wie eine Abfrage der Landkreise durch MDR SACHSEN-ANHALT ergeben hat.

Magdeburg schließt Wohn- und Sozialamt

In der Landeshauptstadt Magdeburg musste das Wohn- und Sozialamt eine Woche lang für den Publikumsverkehr geschlossen bleiben. Allerdings bezieht sich die Schließung einem Sprecher der Stadt zufolge nicht nur auf den Bearbeitungsrückstand beim Wohngeld, sondern auf mehrere weitere Bereiche.

Andere Landkreise wollen laut eigenen Aussagen bisher keine so drastischen Maßnahmen ergreifen. Allerdings wurde zum Beispiel im Jerichower Land die telefonische Erreichbarkeit außerhalb der Sprechzeiten reduziert, um die vorliegenden Anträge bearbeiten zu können. Auch im Harz war die telefonische Erreichbarkeit zeitweise eingeschränkt, es wurde eine Hotline eingerichtet.

Starke Veränderung zu 2022

In allen befragten Landkreisen hat sich die Anzahl der Anträge im Zeitraum 01. Januar 2023 bis 15. Juni 2023 etwa verdoppelt, verglichen mit dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. So stiegen die Anträge beispielsweise in der Börde von rund 1.200 in 2022 auf jetzt knapp 2.400 Anträge.

Insgesamt wurden die meisten Neuanträge in Magdeburg (etwa 6.000), Halle (etwa 5.700) und im Saalekreis (etwa 2.300) gestellt.

Bearbeitungszeiten von bis zu neun Monaten

Die Masse der Anträge führt landesweit dazu, dass die Bearbeitungsdauer zunimmt. Dennoch variieren die Zeiten von Landkreis zu Landkreis stark: So wird die Bearbeitungszeit in Salzwedel mit nur zwei Wochen angegeben, in Anhalt-Bitterfeld dagegen fünf Monate und im Saalekreis sowie in Magdeburg liegt die Bearbeitungsdauer sogar bei sechs Monaten.

Am längsten müssen sich Antragsteller allerdings im Landkreis Stendal gedulden. Hier liegt die Bearbeitungsdauer zwischen sechs und neun Monaten.

Wohngeld-Anträge häufig unvollständig

Laut einem Sprecher des Landkreises Stendal liegt die hohe Bearbeitungsdauer auch daran, dass jeder zweite Antrag unvollständig abgegeben werde. Dadurch erhöhe sich die Bearbeitungszeit, da der Antragsteller mehrfach angeschrieben werde müsse.

Diese Dokumente werden benötigt

  • der ausgefüllte Antrag auf Wohngeld
  • Eigentumsnachweis (Grundbuchauszug und Kaufvertrag Eigenheim)
  • Mietbescheinigung, auszufüllen vom Vermieter (Aufschlüsselung der Betriebskosten in Heiz- und Nebenkosten)
  • Mietvertrag und Mietquittung oder Kontoauszug der Mietzahlung
  • Wohnflächenberechnung (bei Eigenheim)
  • Grundsteuerbescheid und Zahlungsnachweis
  • Meldebestätigung
  • Verdienstbescheinigung, auszufüllen vom Arbeitgeber
  • Einkommensnachweise (Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen von mindestens sechs Monaten)
  • Steuerbescheid über die Einkommenssteuer
  • Nachweis über Vermögen und Kapitalerträge
  • Kontoauszüge
  • Unterhaltsnachweise
  • Pflegegeldnachweis
  • Schwerbehindertenausweis
  • Nachweis über Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • BAföG-Bescheid
  • Bescheide über Kindergeld, Kinderzuschlag, Elterngeld
  • Leistungsbescheid für Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld
  • Rentenbescheide/Grundrentenbescheide
  • Schul- oder Studienbescheinigung
  • Darlehensverträge mit ersichtlichen monatlichen Belastungen sowie Zahlungsnachweise
  • Lebensversicherungen
  • Bausparverträge


Quelle: Angaben der Landkreise

Hilfe beim Warten auf Bewilligung

Wer so lange auf die Bewilligung seines Antrags warten muss, auf das Geld allerdings angewiesen ist, der kann sich auch Hilfe suchen. "Es gibt die Möglichkeit, eine Art Überbrückungsgeld beim Sozialamt zu beantragen, meist in Form eines Darlehens", sagt Julia Frediani vom Sozialverband VdK Deutschland. Allerdings zöge die Beantragung des Darlehens viel Mehrarbeit mit sich. "Wir hören immer wieder, dass sich die Mitarbeitenden in einigen Sozialämter nicht kooperativ zeigen."

Denn die Beantragung sei sehr umständlich und die Betroffenen müssten nachweisen, dass sie ohne das Geld in einer sozialen Notlage sind. "Da dieses Darlehen beim Sozialamt nicht wirklich eine gute Alternative darstellt, fordert der VdK, dass die Wohngeldstellen endlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, Vorschüsse auszuzahlen."

MDR (Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Juni 2023 | 17:00 Uhr

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