Hunderte Stellen ausgeschrieben Wegen Einstellungsstopp: Behörden in Sachsen-Anhalt wollen Personal-Löcher stopfen
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25. September 2024, 11:17 Uhr
Sachsen-Anhalt will seine Personalausgaben senken. Die Landesregierung plant daher einen Einstellungsstopp in den Landesbehörden für die Jahre 2025 und 2026. Die reagieren aktuell mit zahlreichen Stellenausschreibungen. Für die Opposition ein Beleg, dass die Pläne der Koalition nicht nachhaltig sind. Das Finanzministerium sieht in den gehäuften Ausschreibungen kein Problem.
- Vor dem geplanten Einstellungsstopp in der Landesverwaltung von Sachsen-Anhalt sind aktuell über 220 Stellen ausgeschrieben.
- Der Einstellungsstopp soll in den nächsten zwei Jahren frei werdende Stellen nicht nachbesetzen, mit Ausnahmen bei Polizisten, Lehrern und Auszubildenden.
- Die Opposition fordert passgenauere Maßnahmen, um einen aufgeblähten Personalbestand abzubauen.
Der aktuelle Boom bei Stellenausschreibungen in Sachsen-Anhalts Landesbehörden sorgt für mehr und mehr Kritik am geplanten Einstellungsstopp der Landesregierung. Die Vielzahl neuer Ausschreibungen sei natürlich der Versuch der Ministerien, noch vor der zweijährigen Nachbesetzungssperre ab März 2025 offene Stellen zu besetzen, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Olaf Meister, MDR SACHSEN-ANHALT am Dienstag. Die Vorgänge liefen dabei den Sparzielen des Finanzministers entgegen. "Das zeigt den wenig nachhaltigen Ansatz dieses Mittels", folgert Meister.
Stellen werden nicht nachbesetzt
Mit dem Haushaltsentwurf für 2025 und 2026 hatte die Landesregierung jüngst beschlossen, frei werdende Stellen in den nächsten beiden Jahren grundsätzlich nicht nachzubesetzen. Dabei sind Ausnahmen geplant, etwa bei Polizisten und Lehrern. Auch Auszubildende und Referendare sollen weiter eingestellt und übernommen werden. Die Personalausgaben liegen derzeit bei rund fünf Milliarden Euro pro Jahr. Allein mit dem Einstellungsstopp könnten nach Angaben des Finanzministeriums etwa 180 Millionen Euro eingespart werden.
Das Finanzministerium hat keine Probleme mit den nun gehäuften Stellenausschreibungen. Finanzminister Michael Richter (CDU) sagte dem MDR, das habe für die gesamte Personal-Situation keine Bedeutung.
Stellenflut in Landesbehörden: Steigende Kosten denkbar
Die derzeitige Flut neuer Stellenangebote führt auch der Landesrechnungshof unmittelbar auf die angekündigte Einstellungssperre zurück. Ob dies allerdings die vom Finanzminister kalkulierten Einsparungen beim Personal schmälert und den kommenden Haushalt entsprechend noch einmal in Schieflage bringt, kann der Landesrechnungshof derzeit nicht beantworten. Das hänge davon ab, ob mögliche Neueinstellungen auf den letzten Metern im Haushaltsentwurf bereits realistisch veranschlagt worden seien oder nicht, so Sprecher Frank Düsekow.
Fest steht jedenfalls: Dank laufender Ausschreibungen dürfen Behörden sogar noch nach Inkrafttreten des Einstellungsstopps neu einstellen. Wie das Finanzministerium auf MDR-Anfrage bestätigte, können Stellen, die vor dem 17. September ausgeschrieben wurden, auch noch über den Jahreswechsel hinaus besetzt werden. Später ausgeschriebene Stellen können den Angaben zufolge ebenfalls noch besetzt werden, wenn bis 31. Dezember 2024 eine passende Bewerberin oder ein passender Bewerber gefunden ist.
Gute Zeiten für Jobsuchende
Bei Finanzpolitiker Meister weckt die Eile, in der nun Behörden versuchen könnten, noch rechtzeitig Personallöcher zu schließen, Befürchtungen: "Wir machen uns Sorgen um die Qualität der Auswahlverfahren, die nun zügig erfolgen werden."
Im Stellenportal des Landes Sachsen-Anhalt waren zuletzt mehr als 250 offene Positionen veröffentlicht. Während dort üblicherweise täglich einige wenige Ausschreibungen eingestellt werden, sind die Zahlen in den vergangenen Wochen oft deutlich zweistellig gewesen pro Tag. Ein genauer Blick zeigt, dass etwa am 3. September 37 Stellenausschreibungen veröffentlicht wurden, am Tag darauf 25. In den vergangenen fünf Arbeitstagen waren es zusammen 70. Dabei suchen nahezu alle Bereiche der Landesverwaltung Personal vom Ingenieur bis zum Laboranten, vom Sachbearbeiter und Referenten bis zum Sozialarbeiter und Servicemitarbeiter.
Verwaltung mit 43.400 Stellen aufgebläht
Vom langfristigen finanziellen Effekt des Einstellungsstopps ist der Landesrechnungshof trotz allem überzeugt. Durch die Nachbesetzungssperre entfielen in den kommenden beiden Jahren mehrere Tausend Neueinstellungen, die ansonsten zum Beispiel durch Altersabgänge möglich gewesen wären. "Unter dem Strich rechnet sich die Nachbesetzungssperre über den Zeitraum eines Doppelhaushaltes immer."
Was das für die einzelnen Behörden bedeutet, ist noch unklar. Und welche Landeseinrichtungen am härtesten von der Sparmaßnahme getroffen werden, lässt sich laut Finanzministerium noch nicht sagen. Dass Sachsen-Anhalts Landesverwaltung mit derzeit 43.400 Vollzeitstellen auch im Ländervergleich zu aufgebläht ist, darüber herrscht Einigkeit über alle Parteigrenzen hinweg. Einen Einstellungsstopp halten die Oppositionsfraktionen im Landtag trotzdem nicht für den richtigen Weg, um das Problem zu lösen.
Opposition lehnt Einstellungsstopp ab
"Anstatt zielgenau den Rotstift anzusetzen, agiert die Koalition mit der Brechstange", sagte der finanzpolitische Sprecher der AfD, Jan Moldenhauer, MDR SACHSEN-ANHALT. In der Folge würden Überstunden notwendig, die Umsetzung wichtiger Maßnahmen werde stagnieren, unerledigte Arbeit werde sich auftürmen und der Stillstand im Land würde weiter zementiert.
Linke und Grüne fordern einen grundlegenden Umbau der Landesverwaltung, um ausschließlich an den Stellen zu sparen, an denen es möglich und angebracht ist. "Wir fordern ein seriöses und langfristiges Personalmanagement", erklärte die Finanzpolitikerin Kristin Heiß (Linke). Nur so erhalte man einen Überblick, über welche Kompetenzen die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung verfügten, wo Aufgaben dazu gekommen, wo welche weggefallen seien und wo sich Aufgaben durch Digitalisierung verändert hätten.
"Wir brauchen Personaleinsparungen, aber über den mühsamen Weg der konkreten Aufgabenkritik: Stelle um Stelle, Aufgabe um Aufgabe", stellte Olaf Meister für die Grünen klar. Nur mit einer tatsächlichen Strukturdebatte lasse sich eine nachhaltige Wirkung auf den Personalbestand des Landes erreichen.
MDR (Moritz Arand, Daniel Salpius), dpa | Erstmals veröffentlich am 22. September 2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. September 2024 | 14:00 Uhr
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