Über die Autobahn zur Arbeit So sehr hassen Pendler die A2

20. Juli 2020, 15:00 Uhr

Stau auf der A2 – das ist die Horrormeldung für alle Pendler. Bei MDR SACHSEN-ANHALT berichten sie von ihren Erfahrungen: Wie oft sie deshalb zu spät zur Arbeit erscheinen und warum sie nicht auf die Bahn ausweichen. Teil drei des Themenschwerpunkts.

Autobahn A2, eine große Baustelle
Auf der A2 bei Magdeburg wird gerade wieder einmal gebaut. Bildrechte: MDR/Maximilian Fürstenberg

Ihr erster Blick geht jeden Morgen auf das Handy: Ist wieder Stau auf der A2? Komme ich pünktlich zur Arbeit? Oder muss ich auf die Landstraße ausweichen? Dieses Ritual eint alle Pendler, die über die Autobahn zur Arbeit gelangen.

Doch wie sehr stört das hohe Verkehrsaufkommen auf der A2 ihr Arbeitsleben wirklich? Wo liegen echte Probleme? Und was sind Vorurteile? Vier Pendler berichten von ihren Erfahrungen.

"Die Situation ist eine Katastrophe"

Stephan Rauhut ist 38 Jahre alt und pendelt über die A2 von Magdeburg nach Burg. Stau gehört für ihn derzeit zum Alltag. "Die Situation wegen der Baustelle auf diesem Abschnitt ist gerade eine große Katastrophe", sagt er. "Das macht wirklich keinen Spaß und ein Ende ist nicht in Sicht." Bis Jahresende wird es wohl mindestens so weitergehen.

Das ist tragisch für Rauhut. Denn er kennt das Pendeln bereits: Ein Jahr lang fuhr der Familienvater jeden Tag über die A2 nach Braunschweig zur Arbeit. Die Stelle dort gab er allerdings auf. "Um wieder zurück nach Magdeburg zu kommen und nicht mehr so weit über die Autobahn pendeln zu müssen", sagt er. Doch nun bringt das Chaos zwischen Magdeburg und Burg das Familienleben durcheinander.

"Ich fahre um 7 Uhr zur Arbeit, da geht es mit dem Verkehrsaufkommen noch", sagt Rauhut. "Aber wenn ich gegen 16 Uhr zurück will, geht oft gar nichts mehr. Ein Unfall und alles ist dicht." Und die Ausweichroute über die B1 ist dann auch überlastet. Zweieinhalb Stunden hat er für die Strecke schon einmal gebraucht. Normal sind 40 Minuten. "Ich muss mein Kind aber pünktlich aus dem Kindergarten abholen. Das ist jeden Tag purer Stress."

Deshalb überlegt Rauhut nun, vereinzelt auf die Bahn und das E-Bike umzusteigen. Auch wenn das trotz Stau voraussichtlich länger dauern würde und die Preise "teilweise absurd hoch" wären. Aber der Ärger über die A2 ist derzeit zu groß – und auch über so manch andere Autofahrer. "Jeder denkt nur an sich, da herrscht großer Egoismus. Ein Beispiel dafür ist, dass das Bilden der Rettungsgasse wirklich nicht funktioniert", sagt Rauhut.

Doch so groß der Ärger über die A2 oft auch ist: Es gibt auch schöne Momente, wie Rauhut erzählt: "Wenn ich früher auf dem Weg zur Frühschicht war, die Straße leer war und ich die Sonne habe aufgehen sehen – dann habe ich die A2 nicht gehasst, sondern geliebt."

"Die Bahn ist leider keine Alternative"

Tobias Götze ist 33 Jahre alt und pendelt über die A2 von Magdeburg nach Elstal. Das liegt bei Falkensee. Seit neun Monaten gehört die Autobahn zu seinem Alltag – und bislang ist er positiv überrascht: "Ich hätte gedacht, dass öfter gar nichts geht", sagt er. "Eine Komplettsperrung habe ich erst zwei-, dreimal erlebt."

Auch, weil seine Arbeitszeit und der Arbeitsort flexibel sind: "Wenn ich sehe, dass ein langer Stau ist, dann habe ich mit meinem Arbeitgeber die Vereinbarung, dass ich auch mal von zu Hause aus arbeiten kann", sagt der Kommunikations- und Marketingexperte. "Ich versuche die Tage zu meiden, wenn Staus sich anbahnen. Dienstags zum Beispiel ist es unglaublich voll, wahrscheinlich weil die Lkw am Montag ihre Ware holen und dann unterwegs sind."

Warum es auf der A2 so oft kracht, ist für Götze kaum nachvollziehbar. "Die Autobahn ist gut ausgebaut, dreispurig, es gibt relativ häufig eine Tempobegrenzung", sagt er und glaubt:

Das ist auch eine gesellschaftliche Geschichte. Wenn mehr Leute mehr Rücksicht aufeinander nehmen würden, würde auch weniger passieren.

Pendler Tobias Götze

So gebe es zum Beispiel oft Autofahrer, die auf den letzten 200 Metern vor einer Baustelle noch überholen müssten, nur um der Erste zu sein – ganz gleich, wie gefährlich ein solches Manöver auch sein mag.

Auch deshalb würde Tobias Götze lieber mit dem Zug fahren. Doch von Tür zu Tür würde das für seine Strecke anderthalb Stunden mehr bedeuten. "Deshalb", sagt er, "ist das für mich aktuell leider keine Alternative."

"Es braucht mehr Lkw-Parkplätze"

Marco Sopha ist 44 Jahre alt und pendelt von Magdeburg über die A2 nach Wolfsburg – und das bereits seit 18 Jahren. "Wie sehr ich sie hasse? Hassen würde ich nicht sagen", erzählt Sopha. "Aber lieben kann ich sie auch nicht. Das ist immer so ein Zwischending mit der A2."

Denn: "Sie ist die wichtigste Ost-West-Route und für mich eine schnelle Verbindung zur Arbeit." Eine Stunde benötigt Sopha, der mit einem Kollegen eine Fahrgemeinschaft bildet, bis nach Wolfsburg. Staut es sich auf der Autobahn, nehmen sie den Weg über die Dörfer auf der Landstraße.

So wie am vergangenen Wochenende zum Beispiel. Da war die A2 nach einem schweren Unfall komplett gesperrt. Sopha musste nach der Nachtschicht aber nach Hause. "Da sind wir auf die Landstraße ausgewichen", erzählt er. "Das ist aber kein Problem, mit den Staumeldern funktioniert das eigentlich meistens gut."

Der erfahrene Pendler weiß: "Auf der A2 musst du wachsam sein." Sonst ist der nächste Unfall nah. Woran das liegt? "Es ist vielleicht ein Klischee und ich will nicht alle über einen Kamm scheren, aber oft hat es mit übermüdeten oder abgelenkten Lkw-Fahrern zu tun", sagt Sopha. Da haben wir schon die verrücktesten Sachen gesehen: Dass sie sich nebenbei die Fußnägel schneiden oder der Fernseher läuft."

Seine Forderung deshalb: "Es muss mehr Lkw-Parkplätze und damit Rastmöglichkeiten für die Lkw-Fahrer geben", so Sopha. Und "wenn möglich, sollte die A2 sogar vierspurig ausgebaut werden, bei dem hohen Verkehrsaufkommen."

"Wenn ich den Dom sehe, ist das Heimat"

Torsten Lehnecke ist 45 Jahre alt und pendelt ebenfalls über die A2 von Magdeburg nach Wolfsburg. Wie sehr er die A2 hasst? "Ach", sagt er, "ich stehe ihr eigentlich positiv gegenüber. Im Gegensatz zur A14 ist sie ja gut ausgebaut und du kommst in der Regel wirklich gut voran. Sie bringt mich schnell zur Arbeit und wieder zurück."

Sein Glück: Er fährt vom Magdeburger Stadtteil Ottersleben aus zunächst ein kurzes Stück auf die A14 und am Kreuz Magdeburg dann auf die A2. So meidet er zum Beispiel die aktuelle Baustelle oder die Elbbrücken. "Manche Kollegen müssen da lang", erzählt er. "Das ist für viele ein Graus."

Seit 2011 pendelt Lehnecke auf dieser Strecke bereits. Einmal im Winter habe er aufgrund eines Unfalls vier Stunden von Magdeburg nach Wolfsburg gebraucht. An andere große Verzögerungen erinnert er sich nicht. Denn zeigt der Staumelder eben Stau an, weicht er auf die Landstraße aus. "Das ist kalkulierbar", sagt er.

Und die A2 belohnt ihn auch jeden Tag. Immer, wenn es nach Hause geht, denn: "Wenn ich dann an Irxleben vorbei fahre und den Dom sehe, dann weiß ich, dass ich bald zuhause bin. Das ist Heimat für mich."

Über den Autor Daniel George wurde 1992 in Magdeburg geboren. Nach dem Studium Journalistik und Medienmanagement zog es ihn erst nach Dessau und später nach Halle. Dort arbeitete er für die Mitteldeutsche Zeitung.

Vom Internet und den neuen Möglichkeiten darin ist er fasziniert. Deshalb zog es ihn im April 2017 zurück in seine Heimatstadt, in der er seitdem in der Online-Redaktion von MDR SACHSEN-ANHALT arbeitet – als Sport-, Social-Media- und Politik-Redakteur, immer auf der Suche nach guten Geschichten, immer im Austausch mit unseren Nutzern.

Quelle: MDR/dg

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Juli 2020 | 08:00 Uhr

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