Landeswettbewerbe starten "Jugend musiziert": Dem Musikwettbewerb fehlt der Nachwuchs
Hauptinhalt
17. März 2024, 09:01 Uhr
Beim Musikwettbewerb "Jugend musiziert" sollen auch in diesem Jahr junge musikalische Talente gefunden und gefördert werden. Doch der Wettbewerb hat in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein Nachwuchsproblem. Die Anmeldungen sind teilweise um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Ein Grund dafür sind laut den Organisatoren die Corona-Einschränkungen, die bis heute nachwirken. Es gibt aber auch strukturelle Probleme beim Wettbewerb.
- Die Organisatoren von "Jugend musiziert" in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kämpfen mit einem Teilnehmerrückgang.
- Corona sei dabei eine wichtige Ursache, aber nicht die einzige, sagen die Landesmusikräte. Man müsse den Wettbewerb wieder attraktiver machen.
- Das würde auch in Zukunft dabei helfen, wieder mehr Musikpädagogen zu finden und den Wettbewerb auf stabile Beine zu stellen.
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen finden an diesem Wochenende die Landeswettbewerbe von "Jugend musiziert" statt. Hunderte Kinder und Jugendliche spielen ihre Stücke einer Jury vor und werden dann bewertet. Der Landeswettbewerb ist die zweite von drei Stufen. Zuvor kommt der Regionalausscheid, danach der Bundeswettbewerb.
Länder kämpfen mit weniger Anmeldungen
In allen drei Bundesländern sind die Teilnehmerzahlen rückläufig. Nach Angaben des Landesmusikrats in Sachsen-Anhalt waren vor der Pandemie noch 570 Kinder und Jugendliche in der regionalen Runde dabei, jetzt sind es nur noch 363. Laut Geschäftsführerin Ulrike Nemson, die den Wettbewerb mitorganisiert, haben die damaligen Corona-Einschränkungen noch bis heute Auswirkungen.
Der Unterricht habe über weite Strecken nicht oder nur digital stattfinden können. Viele Kinder habe man dadurch nicht ausreichend fördern können, "manche haben die Lust verloren und haben das Instrument beiseitegelegt", und wieder andere haben "gar nicht erst die Möglichkeit ergriffen". Das erkläre den Einbruch bei den Anmeldezahlen.
Musikwettbewerb muss "modernisiert" werden
In Sachsen sieht es ähnlich aus. Dort gingen die Anmeldungen laut Landesmusikrat Sachsen um 29 Prozent zurück. Auch der Landesmusikrat in Thüringen spricht von einem "deutlichen Rückgang".
Der Geschäftsführer des sächsischen Landesmusikrats, Torsten Tannenberg, ärgert sich bis heute über die "mangelnde Anerkennung von Kunst und Kultur" während der Pandemie. Das sei aber nicht das einzige Problem. Darüber hinaus müsse sich der Musikwettbewerb auch selbst "modernisieren". Das sei seit seiner Gründung vor über 60 Jahren nicht geschehen. Der Fokus soll, wenn es nach ihm geht, in Zukunft darauf liegen, die Regionalwettbewerbe wieder attraktiver zu machen. Momentan liege er eher auf dem Bundeswettbewerb.
Für Lennard Steffens und Kristina Kischinski von der Musikschule Stendal ist es gar keine Frage, ob sie beim Wettbewerb teilnehmen. Sie haben sich für den Landeswettbewerb qualifiziert und müssen in Halle ein Duo vorspielen – Trompete und Klavier. Bei den Zielen geben sich die beiden 11-Jährigen bescheiden: "Dabei sein" und "Hauptsache ist, dass wir mitmachen".
Das sei nicht bei allen Teilnehmern so, sagt ihre Musikschulleiterin Maike Schymalla. Einige wollten unbedingt in die nächste Runde kommen, dabei solle eigentlich "die persönliche Weiterentwicklung" im Fokus stehen.
Wettbewerb trägt zu "Grundmusikalisierung" bei
Womit die Musikschulleiterin ein anderes Problem anspricht: Eine Verschiebung von der Breiten- hin zur Spitzenförderung. Die sieht auch Ulrike Nemson: "Da sollten auch Kinder und Jugendliche teilnehmen, die dann nicht mit einer ganz hohen Punktezahl nach Hause gehen, die aber wahrscheinlich trotzdem ein ganzes Stück gewachsen sind, wenn sie an so einem Wettbewerb teilgenommen haben".
Torsten Tanneberg kann das für Sachsen bestätigen. Die Regionalebene von "Jugend musiziert" trage zur "Grundmusikalisierung in der Gesellschaft" bei. Gerade sei der Fokus aber viel mehr darauf gerichtet, das Bundesfinale und die Besten zu stärken. Dabei stehe der Wettbewerb doch eigentlich für den Olympischen Gedanken – für ein "Dabei sein ist alles".
Nicht nur Nachwuchsmangel, auch Pädagogen fehlen
Dass der Wettbewerb im regionalen Bereich wieder stärker werde, sei auch für die Zukunft wichtig, sagt Tannenberg. Denn es gibt nicht nur einen Nachwuchsmangel, auch Lehrkräfte sind händeringend gesucht. Und die Musikschüler von heute seien die Pädagogen von morgen. Das bestätigt Ulrike Nemson vom Landesmusikrat Sachsen-Anhalt. Es gebe an den Musikschulen Wartelisten für einige Instrumente, weil man nicht genug Personal finde.
Bei Jugend musiziert stecke man als Pädagoge viel Herzblut in das Ehrenamt, um die Kinder zu begleiten. Das solle "nicht nur wertgeschätzt, sondern auch angerechnet werden", schlägt Nemson für die Zukunft vor. Das könne eine wichtige Grundlage sein, um auch den Wettbewerb als Ganzes wieder zu stärken.
Landesmusikräte blicken positiv auf nächste Jahre
Lennard und Kristina aus Stendal sind gute Beispiele, warum die Landesmusikräte trotz allem positiv in die Zukunft schauen. Sie sind motiviert bei der Sache und musizieren besonders gern gemeinsam. Auch, weil dann bei "Jugend musiziert" alles etwas leichter fällt und die Fehler nicht so auffallen, wie sie erzählen: "Dann kann man sich so ein bisschen hinter dem anderen verstecken, wenn man noch nicht ganz so sicher ist".
Quelle: MDR KULTUR (Philipp Baumgärtner)
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 15. März 2024 | 14:40 Uhr