Zwischen Hoffen und Verzweifeln Ukraine-Geflüchtete in Sachsen-Anhalt: Es kann nur einen Sieg geben

09. Juni 2023, 20:37 Uhr

Rund 30.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn in Sachsen-Anhalt untergekommen. Doch das Ankommen ist nicht ohne Probleme. Um Landsleuten zu helfen, haben Geflüchtete in Zeitz einen Verein für Integration und Kulturaustausch gegründet.

MDR SACHSEN-ANHALT-Autor Hannes Leonard steht im Profil vor einer Wand
Bildrechte: MDR/Hannes Leonard

Seit mehr als 15 Monaten tobt der Krieg in der Ukraine. Mehr als acht Millionen registrierte Ukraine-Flüchtlinge in ganz Europa, mehr als fünf Millionen Menschen, die innerhalb des angegriffenen Landes auf der Flucht sind – das sind die Zahlen, die das UN-Hilfswerk UNHCR nennt. Das Nachbarland Polen sowie Deutschland hätten dabei mit jeweils über einer Million die meisten Menschen aufgenommen. Fast 30.000 Geflüchtete aus der Ukraine leben mittlerweile in Sachsen-Anhalt.

Eine davon ist Liudmyla K. (Name ist der Redaktion bekannt) aus Kiew. Fünf Tage nach Kriegsausbruch Ende Februar 2022 ist sie mit ihren beiden Kindern zuerst in den Westen des Landes geflohen. "Mein Mann und ich haben dann die Entscheidung getroffen, dass ich und die Kinder weiterfahren müssen, dorthin wo es sicherer ist."

Zunächst kommen Liudmyla und ihre zwei Mädchen in Krakow bei einer Freundin unter. Aber dort ist es schwer, eine Wohnung zu finden. Facebook-Freunde vermitteln ihr letztlich den Kontakt nach Sachsen-Anhalt. "Der Zufall hat mich nach Zeitz gebracht", erzählt die 38-Jährige im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT.

Verein soll Austausch vorantreiben

Inzwischen leben in der kleinen Stadt im Burgenlandkreis mehr als tausend Ukrainer, erzählt Liudmyla. In Deutschland fühlt sie sich inzwischen angekommen, "aber natürlich müssen wir die Erlebnisse verarbeiten". Fakt ist: Geflüchtete aus der Ukraine leiden unter Geldsorgen, Problemen auf dem Arbeitsmarkt und unter den psychischen Folgen des Krieges. Fast die Hälfte der Befragten gab an, oft niedergeschlagen oder depressiv zu sein, heißt es in der Studie, die die Grundrechte-Agentur der Europäischen Union Ende Februar veröffentlicht hat.

"Den Menschen fehlt oft eine Beschäftigung oder sie sitzen auf gepackten Koffern und warten darauf, wieder in die Heimat zurückzukönnen." Eine belastende Situation sei das, stellt Liudmyla fest. Um ihren Landsleuten in dieser belastenden Situation zu helfen und auch um den Austausch zwischen Deutschen und Ukrainern in Zeitz zu fördern, gründen Liudmyla und weitere Mitstreiter das "Ukrainische Zentrum für Integration und Kulturaustausch".

Der Verein hat inzwischen ein beachtliches Programm auf die Beine gestellt: Regelmäßig findet ein Kunstkurs im Schloss Moritzburg in Zeitz statt. Rund 60 ukrainische Kinder kommen jede Woche, inzwischen bemühen sich die Organisatoren aktiv um junge einheimische Teilnehmer.

In der Stadtbibliothek treffen sich einmal in der Woche zwei Kindergruppen (ingesamt rund 30 Kinder). Dort haben so die Möglichkeit, ihre Muttersprache zu hören und zu üben. In der Volkshochschule wird für Erwachsene ein Deutschkurs angeboten, um Sprachbarrieren bei erwachsenen Geflüchteten abzubauen.

Ukraine muss schnell siegen

Ein bis zweimal in der Woche trifft sich die Theatergruppe, die der Verein organisiert hat. Unter professioneller Anleitung proben rund 20 Leute. "Sie haben so die Möglichkeit, auf andere Gedanken zu kommen." Derzeit versuchen Liudmyla und ihre Mitstreiter Sponsoren für Requisiten, Raummiete oder Lehrmaterialien zu gewinnen.

Vor ein paar Tagen hat sie deshalb bei einer großen Firma in der Region die Vereinsarbeit vorgestellt. "Ich glaube, die waren schon ein bisschen beeindruckt, was wir schon geschafft haben", freut sich Liudmyla.

Für die Mutter zweiter Töchter steht fest, dass sie auf jeden Fall wieder in die Ukraine zurück möchte. "Ich wünsche mir einen schnellen Sieg für die Ukraine." Die Zwischenzeit sollten alle Ukrainer nutzen, ihr Land gut zu vertreten, meint Liudmyla. "Ich möchte den Menschen zeigen, was für ein entwickeltes Land die Ukraine ist mit einer hoch entwickelten Kultur."

Mit Interesse verfolgt Liudmyla die Diskussionen über die Waffenlieferung für ihr Heimatland. "Deutschland war anfangs vielleicht etwas langsam, aber man sieht die Entwicklung und in der Ukraine sind alle sehr dankbar."

Momantan bereitet Liudmyla eine Spendenaktion für die Opfer der Staudamm-Katastrophe bei Cherson vor. "Wir schauen gerade, was vor Ort gebraucht wird." Und dann laufen noch die Vorbereitungen für das große Sommerfest in Zeitz auf Hochtouren. Anfang Juli soll es stattfinden. Wieder eine Möglichkeit, damit sich Zeitzer und Ukrainer noch besser kennenlernen können. Und davon profitiert schließlich jeder.

MDR (Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Juni 2023 | 15:30 Uhr

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