Podcast "Digital leben" Warum Pflegeforscher in Halle einen vierbeinigen Roboter haben
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04. August 2023, 04:51 Uhr
Vier Beine und ein Greifarm, der aussieht wie Kopf und Hals. Der Roboter Spot der US-Firma Boston Dynamics erinnert an einen großen Hund und kann ziemlich einschüchternd wirken. Auch weil er sein Greifarm Kraft hat. In Halle wird daran geforscht, ob und wie er sich in Pflegeheimen oder Krankenhäusern einsetzen lässt.
- Bei der TDG in Halle wird getestet, inwieweit Roboter sich für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen eignen
- Dazu sprechen die Forschenden auch mit Fachkräften in der Branche, die die Roboter bei sich ausprobieren können.
- Erste Erkenntnis der Pflegeforschenden: Um Roboter sinnvoll einzusetzen, sollten Pflegekräfte kein Informatikstudium haben müssen. Großes Potenzial steckt auf jeden Fall in der Technologie.
Patrick Jahn hat einen eher ungewöhnlichen Karriereweg: Er ist ausgebildeter Krankenpfleger und Professor für Pflegeforschung an der Uni Halle. Außerdem leitet er das Innovationsnetzwerk TDG. TDG steht für Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung. In dem Netzwerk kommen mehr als 100 Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Start-Ups und Pflegeeinrichtungen miteinander ins Gespräch – über neue Technologien. "Das Interesse ist bei allen groß, moderne Technik in die Anwendung zu kriegen", sagt Jahn.
Und ein wesentlicher Zweck der TDG ist es, solche Technik auszuprobieren und mit zu entwickeln: Welche App ist im Krankenhaus wirklich sinnvoll? Wie kann eine Drohne Medikamente liefern? Und welche Roboter lassen sich in Pflege und Gesundheitsbereich einsetzen? Dazu bringen die Forschenden in Halle Technik und Menschen in Krankenhäusern testweise zusammen.
TDG: Technik und Gesundheitsbranche zusammenbringen
Klar also, dass im TDG-Labor in Halle auch Roboter ausprobiert werden. Einer von ihnen wird von der US-Firma Boston Dynamics unter dem Namen "Spot" vermarktet. Ein vierbeiniger Roboter, der unter Experten als der robusteste vierbeinige Roboter weltweit gilt. Nur was kann er in der Pflege machen?
Die Version von Spot, die in Halle getestet wird, hat jedenfalls ihren Preis: Die Grundversion von Spot mit dem Greifarm kostet 180.000 Euro. "Darin stecken 20 Jahre Forschung am MIT", sagt Jahn. Chinesische Hersteller würden solche Roboter mittlerweile bereits für 20.000 Euro anbieten. "Die Entwicklung geht rasend schnell voran, in Zukunft werden diese Systeme günstiger."
US-Roboter "Spot" einer der besten Vierbeiner
"Spot ist ein komplexer Serviceroboter", sagt Patrick Jahn. "Das ist die letzte Generation in der Robotik. Spot kann sich in unwegsamem Gelände fortbewegen." Spot ist so groß wie ein Schäferhund und auf Menschen, die ihn zum ersten Mal sehen, kann er einschüchternd wirken. Seine Lüfter sind ziemlich laut, seine Bewegungen sind ziemlich schnell und läuft er einmal los, wirkt er unaufhaltbar.
"Er kann Treppen überwinden und selbstständig Gegenständen oder Personen ausweichen. Er ist sehr agil", sagt Jahn. Das Besondere am Spot bei der TDG: Jahn und seine Kollegen haben als Zubehör zu Roboter einen Greifarm gekauft. Der wirkt wie Hals und Kopf und lässt Spot noch mehr wie einen großen elektrischen Hund aussehen. "Mit dem Greifarm kann er bis zu sieben Kilo heben, Gegenstände greifen und mit Menschen in Interaktion treten."
Als der MDR SACHSEN-ANHALT-Podcast "Digital leben" zu Gast in Halle ist, öffnet Spot problemlos eine breite Tür zu einem Krankenzimmer. Das kann er automatisch. Aber dafür muss er quasi trainiert werden. "Er muss die Umgebung kennen und man muss ihm sagen, ob die Tür nach innen oder nach außen öffnet", sagt TDG-Chef Jahn.
Was könnte so ein Roboter im Gesundheitswesen bringen? Jahn kann sich mehrere Anwendungsszenarien vorstellen: "Man kann zum Beispiel auf seinem Rücken ein Tablett oder einen Korb befestigen. So kann er zum Beispiel Trinkgefäße tragen und mit seinem Greifarm anreichen." Mit dem Greifarm könne er auch Dinge aufheben, die Kranken oder Pflegebedürftigen heruntergefallen sind.
Wie eine Gesundheitsexpertin über Roboter denkt
Sarah Theune vom Verband vediso zu Robotern im Gesundheitswesen
Der Verband für Digitalisierung in der Sozialwirtschaft unterstützt Sozialunternehmen bei der Digitalisierung.
Sarah Theune sagt: "Ich schwanke zwischen Faszination, Neugier und den Blick in die Realität. Im Alltag haben wir mit anderen Dingen zu kämpfen. Da sind wir noch relativ weit davon entfernt, dass Spot eine alte Person unterstützen kann. Aber es hat auf jeden Fall dort Potenzial, wo wir Menschen mit Hilfe von Technologien mehr Selbstbestimmung ermöglichen. Mit so einem Roboter könnten Menschen manche Erledigungen wieder allein, selbstbestimmt und sicher begleitet vornehmen, für die heute keine Pflegekraft mehr Zeit hat. Und in den Heimen steht auch ein Generationenwechsel bevorsteht: Bewohner, die im Alter keine Berührungsängste mit Technologien mehr haben. So entsteht dort auch mehr Kreativität, diese Technologien auch eigeninitiativ zu nutzen. Da sehe ich ein ganz großes Potenzial."
Aber Patrick Jahn sieht Spot in Zukunft eher draußen unterwegs. Er kann zum Beispiel Menschen beim Einkaufen helfen und die Taschen in die Wohnung tragen. Aktuell arbeiten die TDG-Expertinnen und -Experten mit zwei Pflegeheimen in Köthen zusammen. "Das Heim schließt direkt an den Schlosspark an. Und viele Patienten können eigenständig spazieren gehen, aber nicht ohne Begleitung", sagt Patrick Jahn. Spot könne als eine Art Sicherheit mitgehen. "Damit der Bewohner auch wieder zurückfindet oder unterwegs Hilfe rufen kann. Da könnte Spot tatsächlich so eine Art Roboter-Hund sein."
Derzeit allerdings muss man Spot und anderen Robotern die Umgebung und auch die einzelnen Aufgaben beibringen. "Das ist manchmal eine Enttäuschung: Dass Spot noch nicht der Kollege ist, der alles kann, sondern dass man einzelne Aufgaben übertragen muss." Denn bei allen Robotern im Einsatz im Gesundheitsbereich ist bislang ungelöst, wie man sie von einer Situation auf eine andere anpasst. Pflegeforscher Patrick Jahn sagt: "Pflegekräfte sollen ja keine Programmierer werden. Das muss ja in der Praxis auch ohne Informatikkenntnisse möglich sein."
Und genau daran arbeitet die TDG in Halle mit. Denn Fachkräfte im Gesundheitsbereiche bräuchten – wie auch in allen anderen Branchen – eine Vorstellung davon, was möglich ist.
MDR (Marcel Roth)
MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir
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