mdrFRAGT - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Mitteldeutschland: Menschen fühlen sich durch Ausgangsbeschränkungen nicht sozial isoliert
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31. März 2020, 08:30 Uhr
Trotz der drastischen Einschränkungen, die die Maßnahmen gegen das Coronavirus mit sich bringen, kommen die Menschen in Mitteldeutschland gut mit der derzeitigen Situation zurecht. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Befragung von mdrFRAGT zum Thema "Coronavirus - Entspannung oder Lagerkoller?".
Die Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kommen derzeit noch gut mit den Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Coronapandemie zurecht. Das ergab eine Befragung des MDR-Meinungsbarometers "mdrFRAGT" von rund 14.000 Bewohnern in den drei mitteldeutschen Ländern.
Große Mehrheit fühlt sich nicht isoliert
Für die Mehrheit der Befragten bedeuten die Maßnahmen allerdings einen starken beziehungsweise sehr starken Einschnitt in ihren Alltag. Dieser führt jedoch bei mehr als zwei Dritteln nicht zu einer sozialen Isolation. Die Menschen telefonieren nun häufiger, verbringen ihre Zeit vermehrt mit Fernsehen, Internetsurfen, Musikhören oder im Hauhalt und Garten. Die Befragung ist von Freitag bis Montag durchgeführt worden. Die Ausgangsbeschränkungen gelten bereits seit einer Woche.
Sehr große Zustimmung zu Corona-Maßnahmen
Die beschlossenen Maßnahmen werden von einer überwiegenden Mehrheit als wichtig und richtig angesehen. Die Menschen vertrauen den Politikern auf Landes- sowie auf Bundesebene und stehen hinter den Einschränkungen. So bewerten 80 Prozent der Befragten das Kontaktverbot in der derzeitigen Situation als angemessene Möglichkeit, um die Verbreitung von Corona einzudämmen. Ebenfalls 80 Prozent stehen hinter den Ausgangsbeschränkungen, 86 Prozent hinter den Schul- und Kitaschließungen und 83 Prozent hinter den Schließungen von nicht lebensnotwendigen Einrichtungen, wie Restaurants oder Bekleidungsgeschäften.
Die Ergebnisse im Detail
Etwas mehr als die Hälfte der mdrFRAGT-Gemeinschaft (57 Prozent) fühlt sich durch die Kontaktsperre sowie die Ausgangsbeschränkungen, die aufgrund des Coronavirus verhängt wurden, in ihrem Alltag eingeschränkt (14 Prozent sehr stark, 43 Prozent stark). Mit 39 Prozent gibt hier allerdings auch ein großer Prozentsatz der Befragten an, dass er sich kaum eingeschränkt fühlt.
Dennoch kommen weitaus über drei Viertel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (80 Prozent) eher gut (62 Prozent) bis sehr gut (18 Prozent) mit der Kontaktsperre zurecht. Zudem fühlen sich etwa zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) durch die Maßnahmen nicht sozial isoliert.
Stärkeres Isolationsgefühl bei Jüngeren und Frauen
Der Vergleich der Altersgruppen zeigt: Jüngere Menschen fühlen sich stärker isoliert als ältere Menschen. So stimmen bei den 16 bis 30 Jährigen 45 Prozent zu, dass sie sich sozial isoliert fühlen, bei den über Fünfundsechzigjährigen sind es nur 26 Prozent.
Unterschiede werden auch beim Vergleich zwischen Männern und Frauen deutlich: Während sich 34 Prozent der Frauen isoliert fühlen, tun dies nur 26 Prozent der Männer.
Gute Stimmung in Coronakrise
Der aktuelle vom MDR-Meinungsbarometer erhobene Stimmungskompass gibt an, dass es 11 Prozent der Befragten derzeit sehr gut geht, 39 Prozent gut, 31 Prozent eher gut, 14 Prozent eher schlecht, 3 Prozent schlecht und 1 Prozent sehr schlecht.
"Angespannt" und "Entspannt" sind die derzeitigen Gefühlslagen
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten im Stimmungskompass ebenfalls die Möglichkeit, ihre derzeitige Stimmung mit einem Wort zu beschreiben. 7.343 haben das auch getan. Die meisten wählten die Begriffe "Angespannt" (564) und "Entspannt" (460).
Telefoniert und im Internet gesurft wird nun häufiger
Die Maßnahmen rund um Corona verändern die Aktivitäten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: 53 Prozent telefonieren nun häufiger, etwas über ein Drittel (35 Prozent) ist nun öfter im Internet unterwegs und 27 Prozent schauen mehr Serien/Filme/Mediathek und Fernsehen. Für etwa ein Viertel der Befragten stehen nun Aufräumen (26 Prozent), Spazieren gehen (25 Prozent), Lesen (23 Prozent) und Kochen/Backen (23 Prozent) höher im Kurs.
Positive Folgen für Zusammenleben durch Coronamaßnahmen
Von denjenigen Befragten, die gemeinsam mit anderen Menschen wohnen, geben die meisten an, dass die Maßnahmen rund um Corona positive Auswirkungen auf ihr Zusammenleben haben. So unterhalten sich nun 44 Prozent mehr, 42 Prozent haben mehr Zeit füreinander und ein Drittel (33 Prozent) unternimmt mehr gemeinsam.
Dagegen geben nur wenige negative Folgen der Maßnahmen an: 17 Prozent fehlt der Freiraum, bei 14 Prozent herrscht eine angespannte Atmosphäre, bei elf Prozent herrscht Langeweile und nur fünf Prozent streiten sich nun mehr.
Menschen in beengten Verhältnissen streiten mehr
Vergleicht man die Antworten der Befragten, die auf engem Raum leben mit denen derjenigen, die viel Platz zum Wohnen haben, fällt auf, dass sich die Wohnverhältnisse in Zeiten von Corona besonders auf das Zusammenleben auswirken. Die Menschen mit geringem Wohnraum geben viel öfter an, dass sich ihr Zusammenleben derzeit eher negativ gestaltet. So herrscht beispielweise bei 31 Prozent der beengt Lebenden eine angespannte Atmosphäre, bei den geräumig Lebenden sind es nur 13 Prozent. Und 17 Prozent der beengt Lebenden streiten jetzt mehr, bei den Menschen mit viel Wohnraum sind es lediglich vier Prozent.
Situation für Menschen mit Kindern schwieriger
mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei denen Kinder im Haushalt wohnen, erleben die Maßnahmen rund um Corona etwas schwieriger. So geben zwar weitaus mehr als die Hälfte (62 Prozent) an, dass ihre Kinder mit der Situation einigermaßen bis gut klar kommen. Allerdings leidet auch knapp die Hälfte der Kinder (46 Prozent) am fehlenden Kontakt zu Freunden und 42 Prozent würden lieber zur Schule/Kita gehen.
Eher pessimistische Zukunftsaussichten
Die Coronakrise wird laut den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht in naher Zukunft beendet sein. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) ist vorwiegend pessimistisch was ein baldiges Ende der Coronakrise angeht (37 Prozent eher pessimistisch, 15 Prozent pessimistisch, 5 Prozent sehr pessimistisch). Zudem geht eine große Mehrheit von dauerhaften Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft durch Corona aus. Hier geben 72 Prozent der Befragten an, dass sie im Großen und Ganzen eine pessimistische Einstellung haben.
Großes Vertrauen in die Politik
Das Vertrauen in die Politik ist groß – vor allem auf Bundes- und Landesebene. Auf Bundesebene haben 60 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Großen und Ganzen Vertrauen darin, dass die Politik in der Coronakrise richtig handelt. Auf Landesebene sind es insgesamt 59 Prozent. Auf kommunaler Ebene hält sich das Vertrauen bzw. Misstrauen in etwa die Waage: 49 Prozent vertrauen den Politikern im Allgemeinen, 47 Prozent haben eher weniger oder nur sehr geringes Vertrauen.
Entscheidungen sollen für ganz Deutschland getroffen werden
Die Befragten sprechen sich mit großer Mehrheit (82 Prozent) gegen das föderalistische Prinzip bei Entscheidungen rund um Corona aus. Sie sind der Meinung, dass Entscheidungen im Pandemiefall für ganz Deutschland getroffen werden sollten.
Zustimmung zu föderalistischem Prinzip bei Jüngeren größer
Vergleicht man die Altersgruppen fällt auf, dass sich mehr jüngere Menschen für das föderalistische Prinzip im Pandemiefall aussprechen: 23 Prozent der unter Dreißigjährigen sind der Meinung, dass jedes Bundesland selbst entscheiden sollte, bei der Generation 65+ sind es dagegen nur 13 Prozent.
Noch stärkere Zustimmung zu Corona-Maßnahmen
Bereits vor zwei Wochen hatte mdrFRAGT die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach ihrer Meinung zu den rund um Corona getroffenen Maßnahmen gefragt. Waren die Zustimmungswerte bereits zu dieser Zeit hoch bzw. sehr hoch, sind sie nun bei allen Maßnahmen noch um einige Prozentpunkte gestiegen. Besonders betrifft das die Schließung von nicht lebensnotwendigen Einrichtungen (68 auf 83 Prozent) sowie die Schließung von Kitas und Schulen (77 auf 86 Prozent). Die diesmal neu abgefragten Maßnahmen "Kontaktsperre" und "Ausgangsbeschränkungen" erhalten mit jeweils 80 Prozent ebenfalls sehr hohe Zustimmungswerte.
Kein Anstieg bei Sorge vor Ansteckung
Vor zwei Wochen hatte mdrFRAGT ebenfalls die Frage nach der Sorge vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus gestellt. Hatten zu diesem Zeitpunkt 42 Prozent sehr große oder große Sorge, sind es nun insgesamt 43 Prozent (7 Prozent sehr große Sorge, 36 Prozent große Sorge).
Über die Befragung
In einer Blitz-Befragung vom 27. März bis zum 30. März 2020 wollten wir von den mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmern wissen: "Coronavirus - Entspannung oder Lagerkoller?" 13.927 Menschen der über 19.000 registrierten Mitglieder haben online abgestimmt.
50 Prozent der Befragten kommen aus Sachsen, 27 Prozent aus Sachsen-Anhalt und 23 Prozent aus Thüringen. Das entspricht in etwa der Verteilung der Einwohner in den drei Bundesländern.
58 Prozent der Befragten sind männlich und 42 Prozent weiblich.
In der Altersgruppe von 16 bis 30 Jahren haben drei Prozent, von 31 bis 50 Jahren 19 Prozent; von 51 bis 64 Jahren 39 Prozent und in der Altersgruppe von über 65 Jahren 39 Prozent ihre Meinung geäußert.
Insgesamt haben mehr Männer (59 Prozent) als Frauen (41 Prozent) an der Befragung teilgenommen.
Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Beruf gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.
Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.
Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "mdrFRAGT". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 11 | 31. März 2020 | 11:00 Uhr