In Halle kippen Wahlhelfer für die Auszählung die Urne mit den Briefwahlstimmen aus
Per Brief wählen ist bequemer, in der Erkältungszeit sicherer und zudem für viele die einzige Möglichkeit, trotz Winterurlaub die Stimme für den Bundestag abzugeben: So argumentieren viele, die den Trend zur Briefwahl für unproblematisch halten. Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

MDRfragt Deutliche Mehrheit sieht kein Problem im Trend zur Briefwahl

03. Februar 2025, 03:00 Uhr

Zwei von drei Befragten sehen kein Problem darin, dass zunehmend mehr Wahlberechtigte die Möglichkeit zur Briefwahl nutzen. Am 3. Februar können die ersten ihre Stimme für die Bundestagswahl abgeben und damit fast drei Wochen vor dem eigentlichen Wahltermin. Diese Menschen erreichen die Parteien in einem sowieso schon kurzen Wahlkampf nicht mehr. Beim aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers haben mehr als 24.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitgemacht.

Pierre Gehmlich
Bildrechte: MDR JUMP

"Briefwahl ist bequem, in Sachsen sind Ferien und wir sind im Urlaub", schreibt Renate (70) aus Dresden. Matthias (70) aus dem Weimarer Land findet: "Die Briefwahl spart Fahrten zum Wahlbüro und die Ansteckungsgefahr durch Grippeviren im Wahllokal ist da ausgeschlossen." In vielen Kommentaren zur aktuellen Befragung werden immer wieder die folgenden Vorteile genannt, die eine Wahl per Brief bietet: Wähler können in der kalten Jahreszeit und der Erkältungssaison auf einen zusätzlichen Weg verzichten. Zudem können die ihre Stimme abgeben, die am 23. Februar im Winterurlaub sind. Das hält Stefanie (43) aus Nordsachsen für wichtig in diesem Wahlkampf, der anders ist als sonst: "Da die Wahl mitten in unseren Winterferien liegt, bin ich froh, dass viele Briefwahl machen, ehe sie gar nicht wählen." In vielen Kommentaren machen Teilnehmende aus der MDRfragt-Gemeinschaft auch deutlich, dass sie eine zeitigere Stimmabgabe für unproblematisch halten. So wie Janina (41) aus Mittelsachsen: "In der Regel weiß man ja auch schon, wen man wählen will. Da ändern auch vier Wochen Wahlkampf nichts mehr." Der Anteil der Briefwähler ist bei den Bundestagswahlen deutlich angestiegen. 2017 wurde jede vierte Stimme im Brief abgegeben. Bei der letzten Bundestagswahl während der Corona-Pandemie 2021 war es jede zweite Stimme. Zwei von drei Befragten (66 Prozent) sehen in der stärker werdenden Nutzung der Briefwahlmöglichkeit kein Problem.

MDRfragt - Trend zur Briefwahl
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Einige Befragte schreiben über ihre Sorge, Briefwahl sei weniger sicher

Im aktuellen Stimmungsbild des MDR-eigenen Meinungsbarometers findet jede und jeder Dritte den Trend zur Briefwahl problematisch. Kristina (77) aus Jena bevorzugt nach eigenen Worten die Stimmabgabe über die Post, findet aber: "Bei dieser kurzen Wahlkampfperiode und den aktuellen Verhältnissen halte ich es für besser, die Informationszeit voll auszunutzen, um am Wahltag die finale Entscheidung zu treffen." In zahlreichen Kommentaren machen Befragte deutlich, dass sie eine Briefwahl für weniger sicher halten als die Stimmabgabe am 23. Februar im Wahllokal. "Da kann theoretisch jeder, der in den Besitz der Unterlagen kommt, sein Kreuzchen machen. Das lässt sich ja nicht nachvollziehen, ob es tatsächlich der Empfänger war", schreibt Marion (70) aus Erfurt. Petra (65) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt dagegen hat keine Bedenken bezüglich der Briefwahl und bezieht sich auf ihre Erfahrung als ehrenamtliche Wahlhelferin: "Daher habe ich in unserem Rechtsstaat keine Bedenken bezüglich einer Briefwahl! Alle Menschen im Wahlvorstand sind sehr engagiert und interessiert, sodass die Wahlergebnisse schnellstmöglich und ohne Probleme übermittelt und ausgewertet beziehungsweise Auszählungen fehlerfrei bearbeitet werden."

Bei dieser kurzen Wahlkampfperiode und den aktuellen Verhältnissen halte ich es für besser, die Informationszeit voll auszunutzen, um am Wahltag die finale Entscheidung zu treffen.

MDRfragt-Teilnehmerin Kristina (77) aus Jena

Wer per Brief wählen möchte, kann das mit einem Vordruck machen, der bei der Wahlbenachrichtigung dabei ist. Die sollte inzwischen bei allen Wahlberechtigten angekommen sein. Der ausgefüllte Antrag geht dann per Post zurück. „Das ist negativ: Die knappe Zeit, den Wahlschein zu beantragen und ausgefüllt zurückzuschicken“, schreibt Kai (33) aus dem Unstrut-Hainich-Kreis aus der MDRfragt-Gemeinschaft. Etwas schneller geht das Ganze, wenn die Briefwahl per E-Mail beantragt wird. Manche Gemeinden oder Städte haben einen QR-Code auf die Wahlbenachrichtigung gedruckt. Der wird mit der Smartphone-Kamera gescannt und führt dann direkt zum Antrag für die Stimmabgabe per Brief.

Hinweis Die Stimmungsbilder von MDRfragt sind auch dank der hohen Teilnehmendenzahl aussagekräftig. Dieses Mal sind es mehr als 24.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Da alle MDRfragt-Mitglieder ihre Meinung einbringen können und sollen, werden keine Zufalls-Stichproben gezogen.

Die Ergebnisse sind damit nicht repräsentativ. Um mögliche Verzerrungen durch die Zusammensetzung der Befragten zu verringern, werden die Befragungsergebnisse nach bewährten wissenschaftlichen Methoden gewichtet. Zudem erlauben die Begründungen und Kommentare der Befragten, die Stimmungstendenzen einzuordnen. Mehr zur Methodik von MDRfragt am Ende des Artikels.

Mehrheit hält 23. Februar für einen guten Wahltermin

Sechs von zehn Befragten finden den Termin für die Neuwahl des Bundestags gut. Kristin (39) aus Dresden begründet das so: "Das Gute an dem Wahltermin ist, dass der Wahlkampf sehr kurz ist. Das ist nur Selbstdarstellung und hat wenig mit echten Inhalten zu tun." Maximilian (22) aus Nordsachsen differenziert etwas: "Gut ist, dass die Wahl damit früh stattfindet und hoffentlich klarere Verhältnisse schafft. Schlecht ist, dass die Parteien kaum Zeit hatten, ihre Wahlprogramme auszuarbeiten." Fast zwei von zehn Befragten (16 Prozent) positionieren sich in dieser Frage nicht.

MDRfragt - Wahltermin
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Im Vergleich zwischen den Bundesländern ist in Sachsen die Zustimmung zum Wahltermin etwas geringer. Aus der Sicht von Heike (51) aus dem Erzgebirgskreis ist der Termin etwas zu früh angesetzt: "Ich befürchte, dass nicht alle Vorbereitungen rechtzeitig erfolgen. Für kleinere Parteien ist es außerdem schwierig, die nötigen Stützunterschriften zu sammeln, was sich negativ auf den Zuspruch zur Wahl auswirken könnte. Zusätzlich sind in Sachsen Winterferien." In zahlreichen Kommentaren wird darauf verwiesen, dass ein Bundestagswahl-Termin mitten in den Ferien in Sachsen eher ungünstig liege. "Der Termin liegt mitten in den sächsischen Schulferien. Und die kurze Frist für Briefwahl wird wohl einige – gerade Familien und Wintersportler – davon abhalten, wählen zu können", schreibt Sylvie (43) aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Hubert (59) aus Suhl verweist darauf, dass sich der vorgezogene Termin auch auf die nächsten Bundestagswahlen auswirken könnte: "Im Winter Wahlkämpfen ist nicht schön. Erstmal gilt das ja auch für die nächsten Wahlen. Da hätte man noch ein, zwei Monate warten können."

MDRfragt - Wahltermin gut/Anteil Zustimmung
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Zustimmung zum Wahltermin seit Dezember gewachsen

Der Vergleich mit einer Befragung aus dem Dezember zeigt spürbare Unterschiede:

  • Im aktuellen Stimmungsbild finden sechs von zehn Befragten (60 Prozent) den Wahltermin gut.
  • Bei der Befragung im Dezember 2024 gaben das fünf von zehn Befragten an (51 Prozent).

In beiden Befragungen fällt auf, dass sich fast 2 von 10 Teilnehmenden bei der Frage nach dem Wahltermin nicht positionieren (aktuell: 16 Prozent, 2024: 18 Prozent). Martina (70) aus dem Landkreis Wittenberg ist das Wahldatum egal, schreibt sie: "Es ist nur wichtig, dass es wieder eine handlungsfähige Regierung geben wird." Ähnlich sieht das Kornelius (41) aus Leipzig, dem das Wahldatum an sich auch nicht wichtig ist: "Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung und einen Kanzler, der das Vertrauen (der Mehrheit) des Bundestages genießt, und zwar besser gestern." Detlef (68) aus Magdeburg findet: "Die Wahl im September war auch nicht besser. Im Sommer beschäftigt sich auch kaum jemand mit der großen Politik. Die Parteien fürchten sicher, wir haben drei Meter hoch Schnee und Glatteis und die Leute gehen nicht zur Wahl."

MDRfragt - Wahltermin gut/Anteil Zustimmung
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Über diese Befragung Die Befragung: "Briefwahl – praktisch oder problematisch?“ lief vom 28. bis zum 30. Januar. Insgesamt haben 24.382 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitgemacht.

Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen. Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ.

Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.

MDR-fragt-Logo vor einer Einkaufsstraße mit vielen Menschen 1 min
Bildrechte: Collage: imago images/Seeliger / MDR

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https://www.mdr.de/nachrichten/mitmachen/mdrfragt/video-MDRfragt-neu-quer-100.html

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 03. Februar 2025 | 09:17 Uhr