Corona-Newsletter | Montag, 21. November 2022 Ist die Pandemie 2023 vorbei?

22. November 2022, 10:26 Uhr

Weil die Corona-Fallzahlen seit Wochen sinken, wird die Forderung laut, Schutzmaßnahmen zu lockern. In einigen Bundesländern fällt bereits die Isolationspflicht für Infizierte weg. Auch die Maskenpflicht in Bus und Bahn könnte abgeschafft werden. Ist das der Anfang vom Ende der Pandemie?

Bild einer jungen Frau
Bildrechte: Martin Neuhof

Guten Abend liebe Abonnentinnen und Abonnenten,

wissen Sie noch, was Sie im März 2020 über die Corona-Pandemie gedacht haben? Ich hatte erwartet, ein paar Wochen zuhause zu verbringen und dann ist der Spuk wieder vorbei. Es folgten: der Corona-Winter 2020, die Frühlingswelle 2021, ein weiterer Corona-Winter, die Omikron-Welle im vergangenen Sommer.

In all den Monaten bin ich mir oft vorgekommen wie als Kind, wenn ich mich auf einer langen Autofahrt gelangweilt und meinen Eltern mit einem quengeligen "Wann sind wir endlich da-ha?" in den Ohren gelegen habe. Bisher hat leider niemand "Nur noch eine Viertelstunde" geantwortet – bisher. Denn jetzt könnten einige Corona-Regeln wegfallen. Und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz forderte zuletzt, man solle "spätestens im Frühjahr nächsten Jahres Corona offiziell als beendet erklären."

Ein Ende der Pandemie wäre schön. Nur: Ganz so einfach ist es nicht. In diesem Newsletter geht es deshalb um folgende Fragen:

  • Welche Corona-Regeln werden gelockert?
  • Was spricht für, was gegen lockere Corona-Regeln?
  • Wie ist die Infektionslage in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt?


Und natürlich: Wann sind wir denn nun endlich da-ha?

Ihnen gefällt das Update? Empfehlen Sie es gern weiter. Wenn Sie in Zukunft das Update bequem und regelmäßig in Ihrem Mail-Postfach erhalten wollen, können Sie sich kostenlos hier dafür anmelden.

Welche Corona-Regeln gelockert werden – und welche nicht

Eigentlich schien der Corona-Plan für den Herbst und Winter klar: Der Bund hatte Ende September das Infektionsschutzgesetz beschlossen. Die Länder können laut diesem eigenständig Corona-Regeln festlegen, je nach Pandemielage. Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz und Gesundheitsministerin von Sachsen-Anhalt, Petra Grimm-Benne (SPD), hatte allerdings immer wieder betont, die Länder sollten dabei möglichst einheitlich vorgehen.

Nun haben sich vier Bundesländer doch für eigene Regeln entschieden: Bayern und Baden-Württemberg haben in der vergangenen Woche die Isolationspflicht für Corona-Infizierte abgeschafft. Dort gibt es nur noch eine Empfehlung, zu Hause zu bleiben, wenn der Corona-Test positiv ist. Schleswig-Holstein und Hessen wollen dem Beispiel folgen.

Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Hostein schaffen die Isolationspflicht ab. Welche Länder nachziehen könnten und welche an der Isolationspflicht festhalten, erfahren Sie bei MDR BRISANT.

Die Bundesärztekammer ist ebenfalls dafür, die Isolationspflicht abzuschaffen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht sich dagegen aus. Mehr über das Für und Wider erfahren Sie auf tagesschau.de.

Ein weiterer (Dauer-)Streitpunkt: Die Maskenpflicht. Vor einigen Wochen hatten die Länder noch eine generelle Maskenpflicht in Innenräumen diskutiert. Nun sprach sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) dafür aus, dass es ab dem kommenden Jahr in Bussen und Bahnen statt einer Pflicht nur noch eine Empfehlung geben soll, Maske zu tragen.

Über die Maskenpflicht im Fernverkehr entscheidet der Bund. Ob die Maske in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs getragen werden muss, ist Sache der Länder. Die wollen darüber eigentlich einheitlich entscheiden. Der Vorstoß aus Schleswig-Holstein könnte das ändern.

In Sachsen-Anhalts Landesregierung gibt es unterschiedliche Positionen zur Maskenpflicht in Bus und Bahn. Die FDP will die Regeln lockern. Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hält an bundeseinheitlichen Regeln fest.

Corona-Regeln lockern: Ja ✔ oder Nein 🞭?

"Freiheit" ist ein Hauptargument dafür, die Corona-Regeln zu lockern. So sagte beispielsweise Sachsen-Anhalts FDP-Fraktionsvorsitzender Andreas Silbersack, man wolle die "Freiheitsrechte der Menschen wieder stärker in den Vordergrund rücken"– und die Maskenpflicht beenden.

✔ Von "Eigenverantwortung" sprach Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne): Mit dem Wegfall der Isolationspflicht beginne "eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie", denn es sei Zeit, dass Menschen wieder eigenverantwortlicher handeln.

✔ CDU-Chef Friedrich Merz wiederum spricht von "Normalität", zu der man spätestens ab dem Frühjahr 2023 zurückkehren solle. "Die Zeit der hohen Infektionsgefahr mit schwerem Krankheitsverlauf ist vorbei", sagte Merz vergangene Woche der Funke Mediengruppe. Nun solle das Leben auch mit Corona wieder weitgehend normal werden.

🞭 Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, das Ende der Isolationspflicht sei "verantwortungslos". Menschen, die ein besonders hohes Risiko haben, sich zu infizieren oder schwer zu erkranken, würden dabei nicht berücksichtigt.

🞭 Lauterbach warnte davor, die Maskenpflicht in Bus und Bahn aufzuheben. Es drohe eine "massive Welle" von Infektionen. Würden nur einzelne Länder die Regelung kippen, gäbe es wieder einen "Flickenteppich" der Corona-Regeln.

🞭 Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt weiterhin, dass Infizierte sich so lange isolieren, bis ihr Corona-Test wieder negativ ist. Die Länder sollten zudem fünf Tage Isolation für Infizierte anordnen. Gerade in der aktuellen Erkältungs- und Grippesaison ist es laut aktuellem Wochenbericht des RKI wichtig, dass erkrankte Personen vorsichtig sind und Risikogruppen geschützt werden.

Auf einen Blick: die aktuellen Zahlen

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag, den 21. November, eine bundesweite 7-Tages-Inzidenz von 179,6. Allerdings sind dem RKI zum Wochenbeginn keine neuen Fälle aus den einzelnen Bundesländern gemeldet worden. Durch die Meldeverzögerung am Wochenende können verzerrte Zahlen entstehen.

Die derzeit niedrigste Inzidenz hat demnach Bayern mit 112,4, gefolgt von Thüringen mit 114,3. In Sachsen gab es laut RKI in den vergangenen sieben Tagen 121,8 Corona-Fälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner und in Sachsen-Anhalt 188,7.

Die bundesweit höchsten Inzidenzwerte haben den Zahlen des RKI zufolge aktuell Niedersachsen (267,1), Bremen (254,6) und Mecklenburg-Vorpommern (248,8).

Im Folgenden nun die Zahlen, auf die sich die Länderministerien beziehen und von Behörden und Landkreise. Diese Werte können unter Umständen von denen des RKI abweichen, da sie meist etwas aktueller sind.

Sachsen

  • Hospitalisierungsrate*: 4,38 (-0,69 zur Vorwoche)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 48, davon 13 beatmet, 69 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 65 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 44,2 Prozent
  • 18-59 Jahre: 67,4 Prozent
  • 60+ Jahre: 84 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 50,5 Prozent
  • Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19: 16.338

Thüringen

  • Hospitalisierungsrate*: 7,73 (+0,95 zur Vorwoche)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 26, davon 3 beatmet, 61 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 70,2 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 52,2 Prozent
  • 18-59 Jahre: 72,9 Prozent
  • 60+ Jahre: 87,7 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 54,1 Prozent
  • Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19: 7.894

Sachsen-Anhalt

  • Hospitalisierungsrate*: 8,25 (+0,88 zur Vorwoche)
  • COVID-19-Intensivpatienten: 32, davon 15 beatmet, 38 freie COVID-19-Intensivbetten
  • Impfquote: 74,1 Prozent (vollständig geimpft)
  • 12-17 Jahre: 53,2 Prozent
  • 18-59 Jahre: 78,1 Prozent
  • 60+ Jahre: 90,7 Prozent
  • Auffrischungsimpfung: 58,3 Prozent
  • Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19: 6.014

* Die Hospitalisierungsrate beschreibt die 7-Tage-Inzidenz der hospitalisierten COVID-19-Fälle. Durch Übermittlungsverzug wird die Rate in gewissem Maß unterschätzt, schreibt das RKI. Ein deutschlandweit gültiger Grenzwert dafür, welche Maßnahmen eine bestimmte Hospitalisierungsrate nach sich ziehen, wurde nicht festgelegt. Warum die Hospitalisierungsrate in der jetzigen Form als neue Corona-Kennzahl untauglich ist, erklärt MDR-Datenjournalist Manuel Mohr in diesem Artikel.

(Quellen: Hospitalisierungsrate: RKI | Intensivpatienten: Divi | Impfquote: RKI | Todesfälle: RKI)

Alle Grafiken und weiteren Zahlen finden Sie hier in den Übersichten der Kolleginnen und Kollegen.

Und wann sind wir nun endlich da-ha?

Jetzt haben wir viele Argumente und Zahlen, aber immer noch keine Antwort auf die Frage, wann Corona endlich vorbei ist. Nach fast drei Jahren Pandemie ist es verständlich, sehnsüchtig darauf zu warten und auch mal frustriert zu sein – wie auf der Rücksitzbank während einer langen Autofahrt.

Nur: Anders als bei langen Autofahrten gibt es keine klare Route, die sagt, welchen Weg wir nehmen müssen, damit alle gut am Ziel ankommen. Ich finde es deshalb richtig, immer wieder neu zu diskutieren, wie es weitergeht: Wie viel Normalität und Leichtigkeit will unsere Gesellschaft aufgeben, um sich vor Corona zu schützen? Wie viel Unsicherheit nehmen wir in Kauf?

Das Ende von Corona dagegen an einem Zeitpunkt festzumachen, an dem die Pandemie offiziell für beendet erklärt wird – das klingt für mich, als würde man an irgendeinem Raststättenklo anhalten und sagen: "So, wir sind da."

Was meinen Sie: Auf welche Corona-Regeln können wir verzichten? Welche dürfen auf keinen Fall wegfallen? Schreiben Sie uns an corona-newsletter@mdr.de.

Ein Porträt-Foto von Virologe Alexander Kekulé. 59 min
Bildrechte: MDR/dpa

Was Sie außerdem wissen sollten

Seit Oktober ist die Corona-Impfung für Babys und Kleinkinder ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen. Die Stiko empfiehlt die Impfung für Kinder, die ein hohes Risiko haben, schwer an Covid zu erkranken.

Etwa jeder zehnte Covid-Genesene leidet auch Wochen oder Monate danach unter den Folgen der Krankheit. Auf einem Kongress in Jena haben Expertinnen und Experten die neue "Volkskrankheit" diskutiert.

Die Stadt Jena hatte angekündigt, dass Mitarbeitende von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, die nicht gegen Corona geimpft sind, 250 Euro Bußgeld zahlen sollen. Die CDU fordert, die Bescheide auszusetzen.

Ein Unternehmen in Sachsen-Anhalt fährt aktuell die Produktion von FFP2-Masken wieder hoch. Konkurrenz für den Hersteller kommt vor allem aus China – wo die Produktion deutlich günstiger ist.

Zum Schluss

...wünsche ich Ihnen einen guten Start in die Woche und in die Adventszeit. Auch wenn es die dritte Weihnachtszeit unter Pandemiebedingungen ist, gibt es sicher viele schöne Momente, frohes Beisammensein und, na klar, leckeren Lebkuchen!

Herzliche Grüße
Maren Wilczek

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSENSPIEGEL | 14. November 2022 | 19:00 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/df178181-2e01-4386-85ea-8792453b327f was not found on this server.