Rundfunkrat hat gewählt Ralf Ludwig ist neuer MDR-Intendant
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13. März 2023, 15:06 Uhr
Der künftige MDR-Intendant Ralf Ludwig will den MDR stärker in der ARD sichtbar machen und die regionale Verankerung der Dreiländeranstalt ausbauen. "ARD, ZDF, und Deutschlandradio tun gut daran, Reformen als Chance zu sehen", sagte Ludwig bei seiner Vorstellung im Rundfunkrat. Die Rolle des MDR als "starke Stimme des Ostens" sieht der 54-Jährige dabei als durchaus ausbaufähig. Dabei setzen die Finanzen aber enge Grenzen. "Programm und Wirtschaftlichkeit lassen sich nicht trennen", so Ludwig.
Ludwig hatte seine Pläne im öffentlichen Teil der Rundfunkratssitzung vorgestellt. Die Aussprache darüber fand dann hinter verschlossenen Türen statt. Im Anschluss stimmte das oberste Gremium des MDR in geheimer Wahl über den Vorschlag des Verwaltungsrats ab. Mit 33 der 48 abgegebenen Stimmen übertraf der seit 2015 amtierende MDR-Verwaltungsdirektor die im Staatsvertrag vorgegebene Zweidrittelmehrheit knapp. Da zwei der 50 Rundfunkratsmitglieder bei der Sitzung fehlten, waren mindestens 32 Stimmen nötig. Es gab drei Enthaltungen und zwölf Gegenstimmen.
[Korrekturhinweis am 14.03.2023: In einer früheren Version des Artikels hieß es irrtümlicherweise, es hätte zwölf Enthaltungen und drei Gegenstimmen gegeben. Wir bitten um Entschuldigung.]
Kritik am Verfahren
Kaum eine Position bringt so viel Macht mit sich wie die der Intendantin oder des Intendanten eines öffentlich-rechtlichen Medienhauses. Entsprechend komplex ist das Verfahren bei der Kür. Nach dem MDR-Staatsvertrag muss der Verwaltungsrat dem obersten MDR-Gremium, dem Rundfunkrat, einen entsprechenden Wahlvorschlag machen. Bei der dann folgenden konkreten Wahl im Rundfunkrat braucht dieser Wahlvorschlag dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Verwaltungsrat hatte Ralf Ludwig nach einem kurzen Auswahlverfahren in der Rundfunkratssitzung am 30. Januar vorgeschlagen. An diesem Prozedere hatte es zuvor Kritik gegeben.
"Für Herrn Ludwig spricht, dass er den in der Ausschreibung formulierten Anforderungen vollumfänglich entspricht", hatte die Verwaltungsratsvorsitzende, die ehemalige thüringische Finanzministerin Birgit Diezel (CDU), den Vorschlag begründet. Der 54-Jährige habe "profunde medienpolitische Kenntnisse und langjährige Managementerfahrung", sei mit hoher Budgetverantwortung vertraut und habe auch mit seinen "programmatischen Vorstellungen zur inhaltlichen Weiterentwicklung des MDR" überzeugen können. Dazu zählten die weitere Stärkung der Regionalität und der Ausbau des MDR als "starker Stimme des Ostens".
Reformen als Chance
"Herr Ludwig sieht Reformen als Chance an und nicht als Gefahr", so Diezel. Schließlich verantworte er bereits heute große Reformprojekte innerhalb der ARD wie den SAP-Vereinheitlichungsprozess in der Verwaltung der ARD-Anstalten. "Für die Zukunft des MDR haben wir Ihnen einen sehr guten Vorschlag vorgelegt", hatte Diezel am 30. Januar bei den Rundfunkrätinnen und -räten für Ludwig geworben. Die Entscheidung für den gebürtigen Bautzner war im 10-köpfigen Verwaltungsrat einstimmig gefallen. Ohne Stimmrecht, aber beratend waren als Gäste an der Auswahl erstmals auch der Vorsitzende des Rundfunkrats, der Sprecher des Freienrats, der Sprecher des Beirats der Intendantin und die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt. Eingeladen war auch der Gesamtpersonalrat. Der hatte aber abgelehnt.
Verwaltungsrat traf "Bestenauslese"
Doch am Verfahren gab es in der Rundfunkratssitzung heftige Kritik. Nach Angaben des Verwaltungsrats waren insgesamt 29 Bewerbungen um den Top-Posten beim MDR eingegangen. In die engere Wahl und zum Vorstellungsgespräch kamen aber nur drei Kandidaten. "Ich bin froh, dass es eine Ausschreibung gab und Gäste eingebunden wurden, das ist ein echter Fortschritt", sagte am 30. Januar der SPD-Abgeordnete Dirk Panther, der vom sächsischen Landtag in den Rundfunkrat entsandt ist. Wenn von 29 Bewerberinnen und Bewerbern aber nur drei zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, "obwohl um die zehn von ihnen die formalen Kriterien erfüllten, braucht es Erklärungen dafür". Ähnlich äußerten sich auch andere Mitglieder des Rundfunkrats. Diezel verwies darauf, dass der Verwaltungsrat unter hohem Zeitdruck über den Jahreswechsel "eine Bestenauslese" gemacht habe. Keinesfalls sei "bloß auf Aktenlage entschieden worden".
Karola Willes Amtszeit endet im Oktober
Beim MDR steht erst zum dritten Mal in der Sender-Geschichte ein Wechsel an der Spitze an. Die Amtszeit von Intendantin Karola Wille läuft Ende Oktober 2023 aus. Die promovierte Juristin führt den Mitteldeutschen Rundfunk seit 2011 nach Gründungsintendant Udo Reiter, der den MDR seit seiner Gründung 1992 fast zwanzig Jahre lang geleitet hatte. Karola Wille wurde 2017 für weitere sechs Jahre wiedergewählt. Wie sie in der Rundfunkratssitzung am 14. November 2022 überraschend angekündigt hatte, strebt sie aber keine dritte Amtszeit an.
Vielseitiger Job
Intendantinnen und Intendanten spielen in ihren Häusern in etwa die Rolle wie der Kapitän auf einem Schiff. Sie sind wie dieser für alle Bereiche zuständig und sind die oberste Entscheidungsinstanz. Egal ob es um journalistische Inhalte, das Unterhaltungsprogramm, Personalangelegenheiten oder die Finanzen geht: Am Ende ist immer die Intendantin bzw. der Intendant verantwortlich. "Der Intendant ist der Chef und irgendwie für alles zuständig", sagt der amtierende ARD-Vorsitzende Kai Gniffke, im Hauptberuf Intendant beim Südwestrundfunk (SWR): "Es ist ein sehr vielseitiger Job, bei dem man vor allem eins muss: reden!"
Wahl durch den Rundfunkrat
Für die Wahl des Intendanten bzw. der Intendantin ist bei den ARD-Anstalten der jeweilige Rundfunkrat als Vertretung der gesellschaftlichen Interessen zuständig. Allerdings variieren die Verfahren von Anstalt zu Anstalt. Beim MDR sind die Spielregeln im MDR-Staatsvertrag festgeschrieben. Direkt um den Job bewerben kann sich niemand, auch wenn der MDR den Posten bundesweit ausgeschrieben hatte. Der Verwaltungsrat agiert hier wie eine Vorauswahlkommission - und das mit hohen Hürden: Ein Personalvorschlag für die Intendanz braucht in dem zehnköpfigen Gremium eine Zweidrittel-Mehrheit.
Andere Anstalten, andere Verfahren
Bei anderen Rundfunkanstalten sind andere Verfahren üblich. Beim Südwestrundfunk (SWR), der 2019 eine neue Leitung suchte, hatten die Gremien beispielsweise eine zwölfköpfige Auswahlkommission eingerichtet, die die eingehenden Bewerbungen sichten und dem Rundfunkrat geeignete Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen sollte. Beim Bayerischen Rundfunk ist dagegen allein der Rundfunkrat am Zug: Er trifft nicht nur die eigentliche Wahlentscheidung, sondern hat auch das alleinige Vorschlagsrecht.
Beim MDR Zweidrittel-Mehrheit in allen Wahlgängen nötig
Auch bei der eigentlichen Wahl im Rundfunkrat muss der Wahlvorschlag des Verwaltungsrats mindestens zwei Drittel der Mitglieder des Gremiums überzeugen. Bei der Intendantenwahl 2011 hatte der MDR-Verwaltungsrat zunächst einen anderen Kandidaten als die später gewählte Karola Wille vorgeschlagen. Doch dieser verfehlte die Zweidrittel-Mehrheit deutlich. In einem solchen Fall muss der Verwaltungsrat einen neuen Vorschlag machen. Anders als bei anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten ist beim MDR auch in den folgenden Wahlgängen immer eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Nur wenn die laufende Amtszeit der Intendantin oder des Intendanten in weniger als drei Monaten endet und das Haus führungslos zu werden droht, reicht nach § 27 des MDR-Staatsvertrags auch eine einfache Mehrheit.