Blick aus einem Kleinflugzeug auf die mächtigen Wasserdampfsäulen, die aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde (Spree-Neiߟe) in den Himmel aufsteigen
CO2-Emissionen werden in Tonnen angegeben. Wie aber wiegt man ein Gas? (Symbolbild Braunkohlekraftwerk) Bildrechte: picture alliance / dpa | Patrick Pleul

Der Redakteur | 23.01.2024 Wie wird eine Tonne CO2 gewogen?

23. Januar 2024, 18:35 Uhr

Jochen Müller aus Reurieth im Landkreis Hildburghausen fragt sich, wie eine Tonne des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) gewogen wird. Die Antwort ist für den Einstieg: Man wiegt nicht, man rechnet. Und weil wir einmal beim Wiegen sind: Unsere Waage macht etwas anderes, als wir denken.

Unsere Waage zeigt zwar die Masse in Kilogramm an, aber diese hat sie eigentlich gar nicht gemessen. Gemessen hat sie stattdessen die Gewichtskraft. Das ist eine Kraft, die auf der Erde pro Kilogramm Masse rund 9,81 Newton beträgt. Die 9,81 kommt uns irgendwie bekannt vor, nämlich von der Erdbeschleunigung, Einheit: kg mal m/s². Für uns heißt es konkret: Wer 80 kg wiegt (also eine Masse von 80 kg hat), bei dem hat die Waage eigentlich 785 N ermittelt,  geteilt durch die 9,81 sind das 80 kg, die man uns dann hinschreibt.

Das heißt: Im Klartext misst die Waage diese 785 N und die Skala der Anzeige ist so eingeteilt, dass uns das als Masse angezeigt wird mit kg als Einheit. Auf dem Mond wäre das eine ähnliche Rechnung, nur mit anderen Werten. Bei dem 80-Kilo-Astronaut würden nämlich nur 129 N auf der Waage stehen, weil die Mondanziehungskraft eine andere ist. Diese beträgt nämlich nur 1,62 N pro kg, mit den angezeigten 129 N gerechnet und t durch 1,62 N pro kg geteilt, kämen auch wieder unsere 80 Kg heraus. Das bedeutet: Die Masse eine Körpers ist überall gleich, die Gewichtskraft hingegen abhängig vom Standort.

In Island wurde die weltweit größte Anlage zur direkten Abscheidung und Speicherung von CO2 aus der Luft eröffnet. 32 min
Bildrechte: IMAGO / Cover-Images

Wie ermittelt man nun das Gewicht von CO2?

Mit der Waage jedenfalls nicht. Man kennt schlicht die Ausgangsgrößen und weiß, dass Masse nicht verschwindet. Das heißt: Wenn man ein Stück Holz verbrennt, hat man als Ausgangsmaterialien die Masse vom Holz und die Masse des Sauerstoffs. Das zusammen entspricht am Ende der Summe aus der Masse der Verbrennungsrückstände Asche und der Abgase, darunter unser CO2. Sichtbar wird das Phänomen beim Kochen. Wasserdampf steigt als Gas auf, das nehmen wir nicht als Masse wahr, aber wenn die Tropfen sich an der kalten Fensterscheibe niederschlagen, könnten wir die sogar auf eine Waage tröpfeln.

Flugzeug mit Kondensstreifen und Schriftzug CO2 am Himmel
CO2 ist im gasförmigen Zustand unsichtbar - hat aber trotzdem eine Masse. Bildrechte: imago images/Christian Ohde

Die Masse ist also immer da und die Wissenschaftler wissen auch, was ein Atom eines Stoffes wiegt. Der Rest ist ein bisschen Rechnerei. In der Naturwissenschaft verwendet man Mol als Mengenangabe, erklärt Prof. Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie. Er forscht daran, wie man CO2 abspalten und salopp gesagt wegsperren kann. Hinter Mol steckt eine Anzahl von Atomen eines Stoffes und jedes Atom hat eben ein Gewicht. Ein Mol Kohlenstoff wiegt 12 Gramm, dazu kommt bei der Verbrennung zweimal Sauerstoff (es heißt ja CO2), das wären 2 mal 16 Gramm.

Das heißt aus 12g Kohlenstoff werden 44g CO2.

Prof. Frank Schilling Karlsruher Institut für Technologie

Da wir auch die chemische Zusammensetzung von Erdgas, Schweröl, Benzin oder Diesel kennen, lässt sich ganz leicht ausrechnen, welche Mengen CO2 bei der Verbrennung jeweils freiwerden.

CO2
Die Techniken, klimaschädliches CO2 aus der Luft zu binden, stecken noch in den Kinderschuhen. Bildrechte: IMAGO / Zoonar

Wie sperren wir das CO2 weg und wo?

Das einfache "Wegfangen" aus der Luft ist noch im Anfangsstadium und sehr aufwändig und teuer. Besser ist es, wenn CO2 gar nicht erst entsteht und die zweitbeste Möglichkeit ist es, wenn man es direkt an der Quelle abfängt. Zum Beispiel bei industriellen Prozessen wie der Zementherstellung direkt am Schornstein. Hier sind wir bei der Aminwäsche, die man sich so vorstellen muss, dass die Amine - das sind Abwandlungen des Ammoniaks - wie ein Duschregen nach unten fallen und die Abgase zeitgleich aufsteigen. Das CO2 wird ausgewaschen und löst sich in den wässrigen Lösungen der Amine.

Diese werden anschließend leicht erhitzt, das CO2 dampft aus und kann abgefangen und in Gastanks geführt werden oder gleich in Pipelines. Optimal wäre es, die leeren Gaslagerstätten zu nutzen, um das CO2 zu lagern. Vorteil: Es entsteht in Abhängigkeit von den Gesteinsschichten zum Beispiel Kalkstein. Es laufen also Prozesse ab, die die Lagerstätte über die Jahrtausende immer fester und sicherer machen. Aber es sind noch ganz andere Dinge denkbar. Noch ist das Herausfiltern des CO2 aus der Luft ineffektiv, aber die Wissenschaft hat uns schon zum Mars fliegen lassen, die Forscher am KIT und anderswo finden vielleicht auch Lösungen, aus dem CO2 lagerbare Stoffe oder gar Produkte zu machen - Stichwort Kalkstein, künstliches Holz, was auch immer. Prof. Schilling ist optimistisch, dass da noch viel mehr geht, wenn er auf seine Studenten blickt:

Wenn Sie so tolle Studenten haben wie wir hier, dann merken Sie, da ist viel Feuer da und viel Innovationskraft und die muss man einfach machen lassen.

Prof. Frank Schilling Karlsruher Institut für Technologie

Quelle: MDR THÜRINGEN/(ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 23. Januar 2024 | 16:40 Uhr

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