Neugier, Themen und Kritik Die Bilanz der Sommergespräche mit Hörern, Zuschauern und Online-Usern von MDR THÜRINGEN
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14. August 2024, 16:02 Uhr
Wie kommen wir im Vorfeld der Wahlen direkt ins Gespräch? Ausgehend von dieser Frage hat MDR THÜRINGEN im Wahlsommer an fünf Tagen die Türen geöffnet und zum Dialog eingeladen. Geblieben sind viele Denkanstöße für beide Seiten und für uns Redakteure und Reporter klare "Arbeitsaufträge".
Friedrichswerth hat ein Schloss, Modellbau könnte unser Handwerk retten, blinde Menschen würden gern sitzen können in der Straßenbahn – mit Anregungen wie diesen kamen die Thüringer ins Landesfunkhaus nach Erfurt und diskutierten mitunter stundenlang mit uns Mitarbeitern.
Wir müssen nun schauen, wie wir die Themen angehen, in welche Sendungen sie passen oder was zum Beispiel im Radio erzählbar ist oder was "bildstark" genug ist, dass es ins Fernsehen gehört oder in einer Online-Bildergalerie aussagekräftig ist.
Viele Besucher formulierten auch ihre Vorstellungen, was sich im Radio oder Fernsehen ändern muss: Mehr Musik von deutschen Interpreten, ostdeutschen wäre noch besser. Deutsche Weihnachtslieder schon im Advent, auch mal eine Operettenmelodie und Chansons oder fluffige aktuelle Titel fehlen auch.
Dass ein solcher Musik-Mix nicht funktionieren würde bei einem Landessender wie MDR THÜRINGEN, das hat Hörfunk-Chef Jens Christof den Besuchern ausführlich erklärt. Das Musikformat, wie es fachlich heißt, ist bewusst gesetzt, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen.
Interessant waren auch Empfindungen, die wir – wenn es denn geht – auch an die entsprechenden Stellen weitergeben. Das dürfte schwierig werden bei dem Wunsch, weniger Krimis auszustrahlen und zwar in sämtlichen Fernsehsendern. Könnten die doch wie eine Vorlage wirken, anderen Menschen etwas anzutun.
Der Grundtenor der Nachrichten wird oft als negativ empfunden und mehr Abwechslung in den Formulierungen in den Radio-Nachrichten wäre schön, wenn eine Meldung schon den ganzen Tag laufen muss. Und manchmal ist es vielleicht auch nur etwas Gedankenlosigkeit in einem lockeren Moderatorenspruch, der etwas auslöst beim Hörer, was so gar nicht beabsichtigt ist.
Clemens Klein aus Bad Tabarz ist Elektrotechnikermeister und sorgt sich wie so viele um den Nachwuchs in seiner Branche. Wenn die Medien beim sommerlichen Schwitzen auf Arbeit überproportional das Büro erwähnen, statt Werkhalle oder Baustelle oder von Abitur und Studium sprechen, statt von Lehre und Beruf, dann hilft das nicht gerade, die Wahrnehmung der Praktiker in diesem Land zu verbessern.
Das große Thema Bildung
Die Bildungsproblematik zieht sich wie ein roter Faden durch die fünf Gesprächsrunden. Das ist insofern ein Geschenk an die Thüringer Politik, weil Bildung ja nun wirklich Ländersache ist. Der neugewählte Thüringer Landtag wird weder Kriege beenden können, noch Ampel-Gesetze abschaffen, aber der Ruf nach praxisbezogenem, interessenfördernden Unterricht statt Konzepten wie "Schreiben nach Gehör", der ist auf ein großes Echo gestoßen.
Einige Besucher kamen sogar mit ziemlich konkreten Vorschlägen in Sachen Sport, Musik oder Handwerk. Bohren, Schrauben, Sägen, Löten. Dass Finger mehr können als den Stift zu halten oder das Smartphone, das müssten wir doch dringend schon in der Grundschule vermitteln.
Genau in diese Richtung wollen Andreas Hornung und seine ehrenamtlichen Mitstreiter mit dem praktischen Bildungsprojekt des MSV "AeroNautic" Bad Salzungen gehen. Ihr Angebot lautet: Modellbau, um die Feinmotorik zu schulen und damit Grundlagen zu schaffen, auch für Berufe jenseits des klassischen Handwerks. Man denke nur an Zahnärzte oder Chirurgen.
Momentan fehle so etwas komplett in der Schule, dabei ist doch der Begriff "Werken" sogar schon erfunden.
Was wird eigentlich für die Rentner getan?
Der Respekt vor dem Alter fehlt nicht nur Familie Scheuring aus Erfurt. Ihr Alltag ist beschwerlich, Frau Martha Scheuring ist blind und kann ohne ihren Mann nicht vor die Tür. Die Scheurings sind sehr kulturinteressiert und manchmal auch einfach nur schockiert.
Anstand in der Straßenbahn? Fehlanzeige! Stattdessen junge Menschen, die gedankenlos auf eindeutig gekennzeichneten Behindertensitzplätzen lümmeln und widerwillig bis gar nicht aufstehen. Oder Radfahrer, die die Fußgängerzone mit einem Radweg verwechseln und um ältere Menschen herumkurven, als wären es Slalomstangen.
Das ist respektlos und auch gefährlich, denn ein Sturz - und sei es durch Erschrecken - ist für ältere Menschen oft der Anfang vom Ende. Auch ein Sturz über umherliegende E-Roller übrigens.
Aber die gesundheitlichen Einschränkungen beziehen sich im Alter nicht nur auf die Sinne und den Bewegungsapparat. Wer eher im internistischen Bereich Probleme hat, der benötigt beim Gang durch die Stadt öfter eine Toilette als gesunde Menschen. Dabei in Einrichtungen oder Läden abgewiesen zu werden, ist für die Betroffenen ebenso unerträglich wie unverständlich.
Ist es wirklich so schlimm, etwas mehr Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft an den Tag zu legen? Eine Frage, die man als Denkanstoß auch einmal im Raum stehen lassen kann.
Auf den Dörfern haben Ältere noch ganz andere Sorgen, sie sind schlicht gefangen in ihrer oft sogar beneidenswert schönen Natur. Kein Arzt, kein Therapeut, keine kulturellen Angebote und Geschäfte und regelmäßigen ÖPNV gibt es sowieso nicht.
Das Thema Rentner und Steuern ist ein weiteres Ärgernis. Viele verstehen nicht, warum das nötig war, fühlen sich abgezockt, weil die Rente vorher schon nicht gereicht hat. Hier fehlen mindestens verständliche Erklärungen der Politik. Wir werden es zum Anlass nehmen, dieses Thema noch einmal aufzugreifen.
Zwischen Biotonne und Schlossgarten
Und dann waren da noch die vielen regionalen Aufreger, die für Journalisten ein willkommener Anlass sind, einmal nachzufragen. Busse, die - weil aus "fremden" Landkreisen kommend - die Leute nicht rauslassen dürfen an Haltestellen. - Das wirft Fragen auf.
Auch die Tatsache, dass in Erfurt plötzlich die Biotonnen in den Kleingärten verschwunden sind. Nicht im Sinne von "gestohlen", sondern im Sinne von "abgeschafft". Die Begründung, die Familie Hahn nicht versteht, lautet: Man wolle verhindern, dass die Gärten regelrecht bewohnt werden. Nun wohnt niemand in der Biotonne und nicht alles, was im Garten anfällt, ist komposttauglich, deshalb könnten mediale Nachfragen zur Erhellung beitragen.
Und noch etwas hat unser journalistisches Interesse geweckt, wenngleich das Schloss Friedrichswerth in regionalen Sendungen des MDR durchaus schon Thema war. Aber nach vielen Jahren des ungezügelten Wildwuchses ist die Barockanlage auf dem Weg zum Dornröschenschloss.
Nur wohnt dort schon lange niemand mehr, nicht einmal ein Konzept gibt es. Das müsste vom Freistaat Thüringen kommen, dem Eigentümer des Kleinods im Landkreis Gotha. Die Nachbarn wie Jörg Möller wären jedenfalls dabei. Das Allernötigste versuchen sie jetzt schon zu erledigen, im Außenbereich mit Heckenschere und Rasenmäher.
Aber bei Stuck und aufwändigen Deckengemälden kommt man mit Hemdsärmelichkeit nicht weiter. Vielleicht findet sich ja doch jemand, der einen Plan hat, wenn das Schloss mal wieder bei MDR THÜRINGEN thematisiert wird. Vorbeizuschauen geht jedenfalls jetzt schon. Sie werden überrascht sein.
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 14. August 2024 | 16:40 Uhr
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