Tanzfestival Eine Stadt in Bewegung – wie Chemnitz die Moderne tanzt
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19. Juni 2023, 16:33 Uhr
Davon, dass Tanz Ausdruck von Lebensfreude ist, kann man sich in Chemnitz derzeit fast überall in der Stadt überzeugen. Denn das Festival "Tanz Moderne Tanz" bittet zu einem solchen im öffentlichen Raum. Man wartet nicht, bis das Publikum ins Theater kommt, sondern holt es dort ab, wo es imAlltag unterwegs ist. Auf dem Marktplatz, dem Hauptbahnhof, vor dem Nischel, im Stadtpark, auf dem Markt, am Brühl oder am Schlossteich.
Tanz im öffentlichen Raum
Klingt nach mutiger Kreativität, ist aber auch der räumlichen (Not-)Situation geschuldet. Erklärt die Festivalerfinderin und Chemnitzer Ballettdirektorin Sabrina Sadowski.
In der Ausweichspielstätte des Schauspielhauses, dem Spinnbau, wird die Klimaanlage erneuert. Die Oper oder die Stadthalle sind zu groß, für die diesmal auftretenden Ensembles aus Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Israel. Immerhin den Ballettsaal in der Oper hält man offen - für alle.
Ein Festival zum Mitmachen
Viele der beim Festival auftretenden Künstlerinnen und Künstler geben hier auch Kurse. Nicht nur für Profis, sondern für Tanzinteressierte ganz allgemein. Die können sich für kleines Geld, 15 Euro um genau zu sein, mal so richtig auspowern und professionelle Ballettsaal-Luft schnuppern. Apropos Luft, ein schönes Stichwort. Das Festival ging schon zum Auftakt hinaus ins Freie, um mal so richtig abzuheben.
Zum Festivalauftakt hatte man in den Europapark Chemnitz eingeladen. Eins der vielen historischen Industrie-Areale der Stadt, wo in den nächsten Jahren ein Tanzzentrum entstehen soll. Für Profis, ambitionierte Laien, den Nachwuchs, aber auch für den Tanz als Möglichkeit der Reha. Auch so ein ambitionierter Plan von Sabrina Sadowska, der dank ihres Engagements und dem Kulturhauptstadtstatus der Stadt gute Chancen auf Umsetzung hat.
Tänzerische Höhenflüge
Und dort fanden zur Eröffnung im Halbstundentakt Performances mit Street- und Breakdance statt. Mit dabei auch die französische Compagnie Retouramont mit ihrer Spezialität, dem dance vertical.
Da geht es mit einer Seilvorrichtung an Häuserfassaden nach oben und dann wird im Luftraum auf atemberaubende und sehr schöne Weise getanzt. Auch daran ließ man das Publikum teilhaben. Wer wollte, durfte sich selbst in die Lüfte erheben. Nicht nur im Europapark, auch am Markt oder vor der St. Jakobikirche wurde und wird zum Tanz in der Luft gebeten.
Großer Bahnhof statt Ballettsaal
Auch der Hauptbahnhof und eine zentrale Straßenbahnhaltestelle in der Stadt werden bespielt. Von einer Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern aus Slowenien, Finnland, Schweden, Großbritannien und Deutschland, die mit ihrem Flashmop Rail2Dance unterwegs sind.
Nicht nur hier in Chemnitz, sondern schon seit ein paar Wochen in verschiedenen europäischen Städten, die man auch per Bahn erreicht. Das startete im skandinavischen Norden und wird auch noch in Nürnberg, Maribor und Lubljana zu sehen sein.
Hier in Chemnitz wird das noch von Auftritten der Mitglieder der ortansässigen Companie unterstützt, die ihre Interventionen auf dem Bahnhofsvorplatz zusammen mit der israelischen Choreografin Tali Zavilevich und Anne Le Batard aus Frankreich erarbeitet haben. Also nicht wundern, wenn es beim Warten auf die Bahn oder im Nahverkehrszug ins Umland plötzlich sehr bewegt zugeht.
Eine Kirche als temporäres Tanzhaus
In der St. Markuskirche kann man modernen Tanz noch auf die konventionellste Art erleben. Zumindest was die Aufführungspraxis betrifft. Das Publikum sitzt hier in den Bänken und schaut zu, was auf der Bühne geschieht.
Aber das ist auch hier erstaunliches. Wenn etwa die Companie Panama Pictures aus den Niederlanden zu einer Performance im Grenzbereich von Tanz und Zirkus einlädt. Mit anderen Worten, das Festival "Tanz Moderne Tanz" sorgt für Trubel in der Stadt. Bis zum 25. Juni noch.
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | 16. Juni 2023 | 09:10 Uhr