Neues Album Lilabungalow aus Erfurt: Artpop vom Feinsten
Hauptinhalt
08. Juni 2022, 04:00 Uhr
Die Band Lilabungalow aus Erfurt macht elektronische Musik, mal dezent und mal mit wummernden Trip-Hop-Beats. Das neue Album "Sparks" ist eine Art Zwilling des Vorgängers "Lichten" von 2020. Es basiert auf denselben Instrumental-Tracks, doch der Gesang von Mastermind Patrick Föllmer hat neue Melodien und neue englische Texte. Entspannt und doch intensiv entführt es in neue klangliche Welten, findet unsere Kritikerin.
"Sparks" seien die Funken, die überspringen, wenn eine Faszination da sei oder wo etwas beginne, miteinander zu schwingen und in Verbindung zu treten, erklärt Patrick Föllmer den Titel seines neuen Albums "Sparks". Denn inhaltlich befassen sich die Songs genau damit: mit tiefen zwischenmenschlichen Verbindungen. In erster Linie gehe es ihm um die Verbindung zu sich selbst, wie im Song "Lucky", der davon handelt, sich so zu nehmen, wie man ist. Er stellt aber auch die Frage danach, wie tiefe Verbindungen entstehen können oder woran sie scheitern.
Patrick Föllmer lässt sich in "Sparks" aber nicht von Beziehungen inspirieren, die ihn unmittelbar umgeben, sondern hebt seine Geschichten auf eine universelle Ebene. Es seien eher Reflexionen von Zeitgeschehen, sagt er. Im Song "Clarity in Fear" zum Beispiel gehe es darum, was einen Menschen dazu bewegt ein "Schreibtischtäter" zu werden, also jemand, der "aus dem Hinterzimmer heraus mit Existenzen umgeht" und darum, wie ein System dahinter aussehe. Darin spiele auch die Untersuchung von Angst eine Rolle.
Album "Sparks": fast schon außerirdische Atmosphäre
Lilabungalows Musik ist elektronischer Artpop vom Feinsten. Sein Sound transportiert in eine futuristisch-elektronische Welt, wo mal dezente, mal wummernde Trip-Hop-Beats mit kontrastreichen Synthesizern zu einer fast schon außerirdisch anmutenden Atmosphäre verschmelzen, laid-back und gleichzeitig intensiv. Der Gesang scheint nah und doch irgendwie distanziert. Zusätzlich tauchen hin und wieder unerwartete Harmoniewendungen auf, die für ein gespenstisch-schwebendes Gefühl sorgen.
Hinter dem Konzept des Albums verbirgt sich ein Experiment, das als Back-up-Plan begann: "Sparks" ist die englische Adaptation des deutschen Albums "Lichten" (2020). Das heißt, die instrumentalen Tracks, die den Songs zugrunde liegen, sind auf beiden Platten identisch. Die Melodien und Texte wurden aber nicht eins zu eins übernommen, sondern erschließen zum Teil andere Klangräume und erzählen eigene Geschichten.
Lilabungalow: experimenteller Pop aus Erfurt
Die zwei Alben könne man deshalb, so Lilabungalow, als Zwillingsalben bezeichnen. Sie entstanden gleichzeitig. Anfangs war die englische Platte für Patrick Föllmer aber nur eine Absicherung, weil er auf Deutsch noch nie geschrieben hatte. Doch dann habe er gemerkt, "dass es zwei völlig unterschiedliche Alben werden." Und in der Tat können beide Platten trotz ihrer Gemeinsamkeiten für sich alleine stehen.
Patrick Föllmer ist ein Künstler, der gerne experimentiert und sich von seiner Inspiration treiben lässt. So sind auch seine Liveperformances ein Gesamtkunstwerk. Für das Releasekonzert von "Sparks" am 21. Mai in der Zentralheize in Erfurt arbeitete er die letzten anderthalb Jahre mit der Choreografin Fanny Kulisch und dem Visual Artist Thai Tai Pham an einem interdisziplinären Konzept, das seine Musik mit Tanz und Lichtinstallationen kombinierte.
Heutzutage ist vieles schon sehr stark fokussiert und vorangelegt. Wo soll es hingehen? Was soll der Rezipient fühlen, denken, hören, mögen und dann am Ende machen? Und das ist nicht so ganz meine Welle.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Juni 2022 | 12:10 Uhr