Tipps der MDR KULTUR-Musikredaktion Zu Weihnachten Musik schenken: Acht Musik-Empfehlungen

Das war schon eine Gänsehaut wert, als sich Everything But The Girl mehr als 20 Jahre nach ihrem letzten Album zurückmeldeten. Tracy Thorns Stimme hörbar gut gealtert, dazu die immer noch zeitgemäßen Beats ihres Ehemanns Ben Watt. Auf "Fuse" macht das Musiker-Ehepaar genau dort weiter, wo sie die Fans am Ende des vergangenen Jahrtausends zurückgelassen hat und liefert ein Album, das einen problemlos 20 Jahre in die Vergangenheit schickt – ohne dabei auch nur eine Sekunde retro oder bemüht zu klingen.

Die Stimme von Tracy Thorn hat sich seit 1991 wunderbar verändert. Bildrechte: imago images / BRIGANI-ART

Empfehlung von Andreas Zagelow

Zugegeben: Best-of-Compilations der Pet Shop Boys gab es schon mehrere. Aber diese hier bietet den kompletten Überblick und zeigt, wie sich Neil Tennant und Chris Lowe 40 Jahre lang geweigert haben, sichere Wege zu gehen und nur zu liefern, was von ihnen erwartet wurde. Egal ob Pop, Elektro, Techno oder Britpop – "SMASH" zeigt die Pet Shop Boys in ihrer ganzen Breite und macht Lust, die alten Alben nochmal aufzulegen oder neu zu entdecken – besonders bei der wunderbar designten, umfangreichen Vinyl-Edition. Ein Best-of für jeden, der auch nur ein kleines Herz für Popmusik hat.

Empfehlung von Andreas Zagelow

Der in Paris lebende, libanesische Trompeter und Komponist zählt schon lange zu meinen Lieblingsmusikern. Sein Vater, der selbst versierter Trompeter war, brachte ihm das barocke und klassische Erbe unter anderem von Vivaldi und Albinoni auf dem Instrument nahe. In der Verbindung mit der klassischen arabischen Musik und Jazz-Improvisationen entsteht bei Ibrahim Maalouf ein unwiderstehlicher Klang: sehnsuchtsvoll, feierlich und irgendwie ermutigend. Wenn ich morgens mit dieser Musik in den Tag gehe, kann mir so gut wie nichts mehr passieren. Und das wünscht man ja eigentlich jedem Menschen.

Ibrahim Maalouf vermischt verschiedene Stile für sein virtuoses Trompetenspiel. Bildrechte: IMAGO / Le Pictorium

Empfehlung von Heidi Eichenberg

Dieses ganz aktuelle Album ist eine Entdeckung meiner Kollegin Grit Friedrich, die es für MDR KULTUR rezensiert, und in ihrer Sendung Folk und Welt vom 29. November 2023 vorgestellt hat.

Ich habe es ungefähr fünfmal hintereinander angehört, so sehr hat mich der Mix aus perfektem Harmoniegesang und abwechslungsreicher Instrumentierung fasziniert. Die drei jungen Damen aus Belgien sind nicht nur Sängerinnen und Komponistinnen, sondern auch Multi-Instrumentalistinnen. Dazu sind sie auch noch witzig in einem hinreißenden Mix aus somnambul und scharfsinnig. Großer Beifall!

Die dreiköpfige Band Las Lloronas überrascht und überzeugt mit ihrer Vielseitigkeit. Bildrechte: Maria Lorente Becerra

Empfehlung von Heidi Eichenberg

Auf diesem Album interpretiert Amber Rubarth ihre Lieblingssongs von REM bis Supertramp neu. Nur begleitet von ihrer Loop-Station, ihrer Gitarre und ihrer Stimme schafft sie es Klangwelten zu erschaffen, die weit ab von Lagerfeuerromantik sind. Das Komplexe im Einfachen finden und ihre Liebe zur Natur waren die Ideen hinter diesem ungewöhnlichen Album.

Amber Rubarth lässt Naturliebe in ihre Musik-Cover einfließen. Bildrechte: IMAGO / Everett Collection

Empfehlung von Jan Kubon

Amber and the Moon kommen aus Norddeutschland und haben ihr Album "Morpheus" zum Teil auch genau dort aufgenommen. In einer windigen, klapprigen Hütte. Andere Teile des atmosphärischen und dichten Songwriter-Pop-Albums entstanden indes in Portugal. Amber and the Moon sind sicher eine der interessantesten und aufregendsten Entdeckungen des Pop-Jahres 2023. Ihr Album gibt es in einer aufwendig gestalteten Vinyl-Version. Ein Hingucker, aber vielmehr auch ein Hinhörer.

Empfehlung von Jan Kubon

Interesse an einem gänzlich anderem Weihnachtsalbum? Wobei: Album ist etwas übertrieben. Konstantin Gropper alias Get Well Soon hatte 2008 diese insgesamt sieben Songs in einer vorweihnachtlichen Sonderedition seinem gefeierten Debüt-Album "Rest Now, Weary Head!" beigelegt. Mittlerweile ist es auch unabhängig davon erhältlich.

Gropper schwelgt hier im ewigen Eis! Es klingelt und strotzt. Glöckchen bimmeln, Streicher seufzen und es knistert im Kamin. Er reist zum Pol und lässt in "Listen! Those lost at sea sing a song on christmas day" eine traurig im Chor singende U-Boot-Besatzung im Eismeer versinken. Er zitiert in "You’re using all your senses, just for being sad" frech das weltberühmte Thema aus "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" von Karel Svoboda und bläst mit einem sechs-minütigen Shoegazer-Gitarrengewitter im finalen Song auch noch die letzte Kerze aus.

Als Get Well Soon erzählt Konstantin Gropper mit seiner Musik ungewöhnliche Geschichten. Bildrechte: MDR/Holger John

Funfact: Auf ihrer Tour 2008 ließ die Band bei diesem letzten Song Schnee über die Köpfe des Publikums rieseln – Unvergessen!

Empfehlung von Hendryk Proske

"Allein unter Möbeln" ist das Debüt-Album einer Band, deren Musikerinnen und Musiker Leipzig als aktuellen Lebensmittelpunkt auserkoren haben. Paul Pötsch beispielsweise war und ist schon mit der Band Trümmer aktiv war, die anderen kommen aus der Klassik oder der Theatermusik. Und dann ist da Julius Forster, den man als Schauspieler in dem einen oder anderen TV-Krimi hätte sehen können.

Und wenn es nicht so ein Klischee wäre, könnte man wirklich sagen: Da haben sich echt welche gesucht und gefunden, wie man das eben nicht am Reißbrett zusammenstellen kann. Das hat Witz und Tiefgang im Text. Das ist in der Musik immer wieder sympathisch unvorhersehbar und klingt dabei dennoch vertraut.

Die Band Hotel Rimini hat sich in Leipzig gefunden. Bildrechte: Max Threlfall

"Allein unter Möbeln will der Mensch nicht sein. Ich möchte mich vermöbeln und mauere mich ein", singen sie im Titel-Track ihres Albums. Und allein für die Tatsache, dass sich in einem deutschen Lied, in dem es irgendwie um Abschied geht, mal Reißbrett auf Gleisbett reimt, muss man diese Band schon mögen.

Empfehlung von Hendryk Proske

Redaktionelle Bearbeitung: tsa