Ein Mädchen sitzt auf einem Fensterbrett und liest ein Harry-Potter-Buch 1 min
Nach dem Harry Potter Hype, sind bei Jugendlichen inzwischen "Dark Romance" Bücher beliebt. Die sind gewaltvoll und daher nicht unproblematisch. Daher fordert die MDRfragt-Community Altersgrenzen. Bildrechte: imago images/Thomas Eisenhuth
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MDRfragt Gewaltvolle Literatur: Große Zustimmung für Altersgrenze bei Büchern

25. März 2025, 03:00 Uhr

Beim Lesen sind der eigenen Fantasie keine Grenzen gesetzt. Doch um Kinder und Jugendliche zu schützen, wünschen sich viele feste Regeln – besonders dann, wenn es um gewaltvolle oder sexuelle Literatur geht. In der MDRfragt-Community sprechen sich drei von vier Befragten für verpflichtende Altersgrenzen aus. Das zeigt die aktuelle MDRfragt-Erhebung mit fast 16.000 Teilnehmenden

Volontär Duc Hai Le
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Bei Jugendlichen steht gerade ein Buchgenre hoch im Kurs: "Dark Romance". Dabei handelt es sich um romantische Geschichten mit einem speziellen Twist. Sie beinhalten oft explizit sexuelle Inhalte und erzählen von gewaltätigen Beziehungen, Stalking oder Machtmissbrauch.

Die Kritik daran ist groß, denn am Ende gibt es stets ein Happy End. Die Befürchtung dahinter: Durch das Lesen der Bücher könnte unter Jugendlichen eine Normalisierung stattfinden. Deshalb wird die Einführung verpflichtender Altersgrenzen für Bücher diskutiert. Die könnte dann auch für brutale Thriller oder Horror-Romane greifen.

Die Befürwortung für eine Altersgrenze ist groß

Bei Videospielen und Filmen ist das schon üblich. Ein System wie die freiwillige Selbstkontrolle (FSK) könnte also auch bald bei Büchern Einzug halten – zumindest wenn es nach den Teilnehmenden von MDRfragt ginge. In der aktuellen Befragung geben 76 Prozent an eine verpflichtende Angabe von Altersgrenzen bei Büchern zu befürworten.

Unter den Befürwörterinnen ist Sabine (59) aus dem Landkreis Zwickau. Sie schreibt: "Um festzustellen, ob dieses Buch für ein bestimmtes Alter geeignet ist, müsste ich jedes Buch lesen. Das geht gar nicht. Eine Altersempfehlung ist sinnvoll, gerade für die oben beschriebenen Themen."

Altersgrenze für Bücher
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Hans (51) aus Dresden ist dagegen kein Verfechter der Altersgrenze. Er schreibt: "Bei Büchern muss der Inhalt eben immer noch durch die eigene Vorstellungskraft in Bilder übersetzt werden, weshalb bei einem Roman halt immer klar ist, daß er nur Fiktion ist. Niemand wird ihn für ein Sachbuch halten. Bei Filmen und Videospielen ist das durch die direkte Visualisierung meiner Meinung nach etwas anderes, weshalb diese Medien auch anders zu behandeln sind."

Ein Fünftel aller Befragten denkt dabei ähnlich wie Hans. Sie stehen der Einführung einer Altersgrenze ablehnend gegenüber. Einen Unterschied zwischen den Befragten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es dabei nicht.

Hinweis An dem aktuellen Stimmungsbild von MDRfragt haben sich rund 16.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt. Das Meinungsbarometer ist nicht repräsentativ, aber aussagekräftig für die Stimmungen im MDR-Sendegebiet. Zudem erlauben die Begründungen und Kommentare der Befragten, die Stimmungstendenzen einzuordnen.

Alles zur Methodik, den Mitmachmöglichkeiten und den Ergebnissen gibt es am Ende dieses Artikels.

Ablehnung der Altersgrenze unter jungen Menschen am höchsten

Dagegen gibt es große Unterschiede in der Unterteilung nach Alterssegmenten. Im Gruppenvergleich ist die Ablehnung gegenüber einer Altersgrenze für Bücher bei den 16- bis 29-Jährigen am größten. Jede dritte Person lehnt Altersgrenzen ab.

Altersgrenze für Bücher Ablehnung nach Alter
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MDRfragt-Mitglied Wilhelm aus Chemnitz ist einer dieser jungen Menschen. Er begründet seine Haltung so: "Jugendlichen den Zugang zu Büchern zu verwehren ist die vollkommen falsche Herangehensweise. In Zeiten von ausufernder Nutzung von Smartphone, Tablet, Social Media, Streaming und Gaming sollte man denjenigen, die sich für Literatur interessieren, nicht noch Steine in den Weg legen. Man wird sicherlich keinen 16-Jährigen in der Entwicklung vor expliziter Gewalt bewahren, wenn man Bücher erst ab 18 freigibt. Stattdessen ist es eher wahrscheinlich, dass dem Jugendlichen die Lust zum Lesen geschmälert wird, wenn er bestimmte Bücher nicht kaufen darf."

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Umgekehrt ist die höchste Zustimmung für eine verpflichtende Altersgrenze ist in der Altersgruppe 65+ beobachtbar. 83 Prozent befürworten sie. Bei den 30- bis 49-Jährigen und 50- bis 64-Jährigen sind es 73 bzw. 78 Prozent. Unter den 16- bis 29-Jährigen stimmen 62 Prozent zu.

Befürworter erhoffen Schutz vor Gewalt

Ein Grund, der altersübergreifend in den Kommentaren der MDRfragt-Community häufig für die Einführung der Altersgrenze genannt wird, ist der Schutz von Jugendlichen. Corina (59) aus dem Weimarer Land vertritt folgende Meinung: "Gerade junge Männer werden in die Irre geleitet und das wird zum Problem für die (zukünftigen) Partnerinnen. Ein Nein wird da zum Ja gebogen."

Christian (64) aus dem Landkreis Meißen schreibt: "Wenn Jugendliche über Filme und Bücher mit Gewalt konfrontiert werden, könnte es bei manchen Jugendlichen irgendwann zur Normalität werden. Noch wichtiger wäre es, mit Jugendlichen darüber zu sprechen, wo die Grenzen liegen. Deshalb sollte es bei besonders gewalttätiger Literatur schon eine Altersgrenze geben."

Und auch Marit (58) aus dem Erzgebirgskreis sieht den Schutz der Jugendlichen im Vordergrund: "Kinder und Jugendliche kommen heutzutage durch die freie Verfügbarkeit der Medien und die aggressive Werbung immer zeitiger mit Inhalten in Kontakt, die eigentlich nicht für sie geeignet sind. Deswegen finde ich alles gut, was dafür getan wird, um Kinder und Jugendliche davor wenigstens etwas zu schützen."

Es wäre bei vielen Werken durchaus sinnvoll, diese mit einer FSK-Einstufung zu kennzeichnen, aber ich denke nicht, dass es Kinder oder Jugendliche wirklich davon abhalten würde, sie zu lesen.

MDRfragt Mitglied Stefanie (24) aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld

Aus Sicht von Stefanie (24) aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld ergibt eine verpflichtende Altersgrenze Sinn. Allerdings stellt sie die Wirksamkeit in Frage: "Es wäre bei vielen Werken durchaus sinnvoll, diese mit einer FSK-Einstufung zu kennzeichnen, aber ich denke nicht, dass es Kinder oder Jugendliche wirklich davon abhalten würde, sie zu lesen. Im Zweifel findet man sowieso ohne größere Probleme im Internet Geschichten, die eindeutig nur für Erwachsene geschrieben wurden."

Altersempfehlungen bei Kinderbüchern erhalten besonders hohe Zustimmung

Bei Kinderbüchern ist eine freiwillige Altersempfehlung bereits üblich. Damit können die Verlage sicherstellen, dass ihre Inhalte altersgerecht ausgewählt und an Kinder gelangen können.

Allerdings achte ich dabei ausschließlich auf die Empfehlungen der Verlage

MDRfragt Mitglied Cornelia (63) aus dem Landkreis Leipzig

Unter den Befragten erfreut sich diese Praxis einer besonders hohen Zustimmung. Cornelia (63) aus dem Landkreis Leipzig schreibt: "Meine Kinder sind groß, aber ich habe minderjährige Enkelkinder. Und ich kaufe für diese nur kindgerechte Bücher. Allerdings achte ich dabei ausschließlich auf die Empfehlungen der Verlage."

Damit steht sie nicht alleine da, denn neun von zehn Personen (87 Prozent) finden diese Angaben wichtig. Damit erreichen freiwillige Empfehlungen im Bereich Kinderbuch nochmal deutlich höhere Zustimmungswerte als eine verpflichtende Altersgrenze für Bücher im Allgemeinen (76 Prozent).

Altersempfehlungen bei Kinderbüchern
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Große Mehrheit sieht KI-Einsatz bei Büchern als Problem

Deutlich negativer sind die MDRfragt-Teilnehmenden gegenüber dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eingestellt. So schreibt Juliane (32) aus Magdeburg: "KI ist ein Werkzeug, dass man gezielt nutzen kann. Es darf Menschen aber nicht Entscheidungen abnehmen. Außerdem klaut KI von menschlichen Autor*innen."

Insgesamt stehen in der Befragung vier von fünf Personen der Veröffentlichung von KI-geschriebenen Büchern ablehnend gegenüber. Nur jede achte Person findet sie unterdessen unproblematisch.

Eine davon ist Jessica (32) aus Dresden. Sie meint: "Ich sehe kein Problem darin, dass Bücher von KI geschrieben oder übersetzt werden. Sie müssen nur von (mindestens) einem Menschen nochmal korrekturgelesen werden."

KI-geschriebene Bücher
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Dabei ist die Ablehnung unter Menschen, die sich selbst als regelmäßige Leserinnen und Leser einordnen, stärker ausgeprägt als bei Menschen, die wenig lesen. Bei ersteren empfinden 79 Prozent der Befragten KI-Bücher als problematisch. Bei Menschen, die wenig lesen sind es 73 Prozent.

KI-Übersetzungen vor allem bei jungen Menschen akzeptiert

Auch bei Buchübersetzungen mit Hilfe von KI bleibt eine ablehnende Tendenz bei den Teilnehmenden. Diese ist allerdings wesentlich schwächer. Knapp über die Hälfte der Befragten (54 Prozent) finden KI-Übersetzungen problematisch. 34 Prozent sehen darin kein Problem. Zum Vergleich: KI-geschriebene Bücher sind für 80 Prozent aller Befragten problematisch.

Vor allem junge Menschen sind hierfür jedoch aufgeschlossener sind. Die Hälfte der 16- bis 29-Jährigen sieht in KI-Übersetzungen kein Problem. Das ist die Gruppe mit der höchsten Akzeptanz.

Beim Übersetzen sehe ich kein Problem. Entweder die Übersetzung ist gut oder schlecht. Das ist bei menschlichen Übersetzern auch so [...]

MDRfragt Mitglied Paul (23) aus Leipzig

Für Paul (23) aus Leipzig kommt es darauf an wie die KI arbeitet: "Beim Übersetzen sehe ich kein Problem. Entweder die Übersetzung ist gut oder schlecht. Das ist bei menschlichen Übersetzern auch so und schlechte sind nicht im Interesse des Verleger/Autors. Geschrieben finde ich ohne Kennzeichnung oder Kontrolle problematisch, da die Modelle viel Müll produzieren können, der überzeugend klingt und immer die Frage ist, womit das Modell trainiert wurde und ob es dieses, möglicherweise urheberrechtlich geschützte, Material nicht genauso nochmal verwendet."

KI-Übersetzungen Akzeptanz nach Alter
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Allerdings zeigt sich auch bei KI-Übersetzungen: Mit steigendem Alter sinkt die Akzeptanz. Im Alterssegment 65+ geben nur noch 30 Prozent an, dies unproblematisch zu finden.

Großer Rückhalt für die Buchpreisbindung

Weiterhin befürwortet ein überwiegender Anteil der Teilnehmenden die Beibehaltung der gesetzlichen Buchpreisbindung. Sie sorgt dafür, dass Bücher flächendeckend in Deutschland gleich viel kosten. Für 70 Prozent sollte sie beibehalten werden. Jede fünfte Person plädierte dagegen für die Abschaffung.

Buchpreisbindung
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Buchtipps aus der MDRfragt-Community

Zur Buchmesse in Leipzig gehört auch alljährlich eines dazu: Empfehlungen bekommen, was sich zu lesen lohnen könnte – und sich über Bücher auszutauschen. Deshalb haben wir auch in der MDRfragt-Community nach Buchtipps gefragt und einige der am häufigsten genannten Leseempfehlungen geben wir hier weiter:

Über die Befragung

Die Befragung vom 14.03.-17.03.2025 stand unter der Überschrift: "Sex, Drachen und Gewalt: Brauchen wir Altersgrenzen für Bücher?"

Insgesamt sind bei MDRfragt 66.493 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 24.03.2025).

15.918 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben. Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

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