Kulturelle Ausflugstipps Wohin am Wochenende? Tipps für Zittau, Quedlinburg und Mühlhausen

Wieviel Kostbarkeiten brauchen Sie in Ihrer Nähe, um sich gut zu fühlen? Und: Ab wann ist eine Sache eigentlich kostbar? In dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie" findet Amélie hinter einer Wandfliese eine Blechdose, die ein Kind vor Jahren dort versteckt hat. Für manche mag der Inhalt der Dose Klimbim sein, für den einstigen Besitzer aber war der Inhalt ganz sicher ein Schatz. In diesem Newsletter empfehlen wir einige Kostbarkeiten zum Gucken und Hören. Machen Sie sich bereit!

Kostbarkeiten haben die Angewohnheit, der Zeit eine lange Nase zu zeigen: Sie bleiben lange – wenn es jemanden gibt, der auf sie aufpasst. In Zittau gibt es eine Kostbarkeit, die über 550 Jahre alt ist: das große Fastentuch (8,20 x 6,80 Meter). Im Christentum werden in der Fastenzeit Reliquien und Kreuze verhüllt, um den Gläubigen in dieser Zeit den Anblick des Allerheiligsten zu verwehren. Es geht um Entsagung – dabei ist das Tuch so schön, dass einem die Augen übergehen. Und es hat eine abenteuerliche Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg zerschnitten sowjetische Soldaten das Tuch in vier Teile und dichteten damit eine provisorisch im Wald errichtete Sauna ab. Zum Glück hat es jemand gefunden und gesichert.

Übrigens: Im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres Chemnitz haben Künstler*innen in Chemnitz, Zwickau oder Freiberg besondere Fastentücher für die Passionszeit gestaltet. Im Bergmannsdom Schneeberg schwebt zum Beispiel ein goldenes Tuch in Form einer Wolke unter dem Kirchendach und lässt den Lucas-Cranach-Altar erst recht erstrahlen – toll!

Menschen, die auf ein Buch starren: Nach langen 17 Jahren wird in der Stiftskirche Quedlinburg erneut das 1.200 Jahre alte Samuhel-Evangeliar aufgeschlagen. Es ist mit goldener Tinte geschrieben und enthält Malereien, Edelsteine und Elfenbeinschnitzereien. Bevor die wahnsinnig kostbare Handschrift auf einer sogenannten Buchwippe präsentiert werden kann, mussten an dem Buch erst zwei Schnallen gelöst werden (ich liebe solche Details!). Anlass der Aktion ist der Todestag der Heiligen Mathilde, der Witwe des ersten deutschen Königs Heinrich I., die am 14. März 968 in Quedlinburg starb. Sie war Königin, Wohltäterin und Klostergründerin.

Auch dieses Buch kam 1945 nach dem Krieg auf abenteuerliche Weise abhanden und schließlich wieder zurück. Eigentlich lagert es seitdem geschlossen in der Vitrine. Doch, noch bis Ende März können Sie das aufgeschlagene Kleinod (eigentlich ist es ein Großod) bestaunen. Dann wird es wieder für Jahrzehnte geschlossen. Damit es schön bleibt.

Übrigens: Nächste Woche können Sie während der Leipziger Buchmesse ungeniert auf Tausende Bücher starren und sogar drin blättern. Die sind ganz sicher toll, sehen aber komplett anders aus.

Am Mittwoch dieser Woche haben die Jüdisch-Israelische Kulturtage 2025 begonnen. Und an diesem Wochenende spielt Hadar Maoz mit ihrer Band The Persian Groove.

Maoz ist eine israelische Musikerin mit kulturellen Wurzeln in Persien. So, wie sie singt, spürt man, dass in den Liedern große Geschichten verborgen sind – auch wenn man nichts versteht. Traditionelle jüdische Klänge aus Zentralasien mischen sich mit Groove, Blues und Loops. Es erklingen historische Instrumente wie die Oud, Tar, Doira und Darbuka. Beim Lauschen werden Sie es vielleicht merken: Die Mitte Ihres Körpers verselbstständigt sich und macht andere Bewegungen als der Kopf. Vielleicht trennen sich an diesem Abend Vernunft und Körper und machen mal Pause voneinander. Genießen Sie es.

Nach all den Kostbarkeiten, darf es jetzt ein bisschen "dreckig" werden. Patricia Highsmith führte ein Leben voller Obsessionen, Liebesaffären, Schnaps und Zigaretten und umgab sich vorzugsweise mit Katzen und Schnecken. Einmal soll sie gesagt haben: "Wenn ich in einer Straße eine hungernde Katze und ein hungerndes Kind anträfe, ich würde, wäre ich unbeobachtet, die Katze füttern."

Mit diesem Zitat sind Sie gut gerüstet für die Highsmith-Abgründe. Im Februar wäre sie 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass gibt es in der ARD Audiothek eine feine Auswahl mit Hörspielen ihrer Psychokrimis, in denen es von Menschen mit schlechten Beweggründen nur so wimmelt. Ganz toll ist "Die Casa Highsmith oder: Highsmith meets Highsmith", eine Art Doku-Hörspiel basierend auf ihren Tage- und Notizbüchern, die 1.300 Seiten umfassen.

Im Programm bei: MDR KULTUR im Radio am 05.03.2025, 15 Uhr | MDR FERNSEHEN, Sachsen-Anhalt Heute, am 12.03.2025, 19 Uhr | MDR KULTUR im Radio am 19.03.2025, 7:30 Uhr