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Von Gartenstadt bis Plattenbau In diesen Stadtvierteln von Chemnitz Architekturgeschichte entdecken
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11. Februar 2025, 04:00 Uhr
Die Kulturhauptstadt Chemnitz hat jede Menge spannende Architektur zu bieten. Doch nicht nur einzelne Bauwerke stechen heraus, sondern ganze Wohngebiete und Stadtviertel, die damals als Neubaugebiete fast aus dem Boden gestemmt wurden. Sie gelten heute als Anfänge des sozialen Wohnungsbaus und haben Architekturgeschichte geschrieben – allen voran die Gartenstadt Gablenzsiedlung oder die Plattenbausiedlung Fritz-Heckert-Gebiet. Diese Wohngebiete sollten Liebhaber der Architektur in Chemnitz gesehen haben.
Gartenstadt Gablenzsiedlung: Anfänge des sozialen Wohnungsbaus
Für Architekturfans ist die Gartenstadt Galblenzsiedlung ein Muss: Sie ist ein bauhistorisch und städtebaulich wertvolles Kleinod und steht gleichzeitig für den Beginn des sozialen Wohnungsbaus in Chemnitz. Die fast geschlossen erhaltene Siedlung am Gablenzbach besticht mit stilvollen Außenanlagen und abwechslungsreichen Fassaden.
Sie wurde zwischen 1910 und 1937 angelehnt an die englischen Gartenstädte erbaut. Zu sehen sind hier Siedlungshäuser im Heimatschutzstil, die unter Architekt Erwin Schäller entstanden. Im Zentrum findet sich der Markplatz mit Brunnen und alter Linde, gebaut 1925/26 von Curt Henning im Stil des Neuen Bauens. Architektonisches Highlight ist zudem das expressionistische Tor zur Siedlung von Bruno Kalitzki.
Da die Siedlung weitestgehend von Kriegszerstörungen verschont blieb, kann man auch heute noch das Flair dieses Kleinods erleben. Seit Ende der 1990er-Jahre steht die Gartenstadt unter Denkmalschutz und wurde zwischen 1999 und 2003 saniert.
Heckert-Gebiet: Die Stadt in der Stadt
Das Fritz-Heckert-Gebiet in Chemnitz ist ein bedeutendes Stück DDR-Architekturgeschichte. Namensgeber war der Chemnitzer KPD-Politiker Fritz Heckert. Wegen Wohnungsmangels ab 1974 im Süden der Stadt erbaut, war es das drittgrößte Neubaugebiet der DDR. Die Plattenbausiedlung umfasste rund 32.300 Wohnungen, dazu entstanden Geschäfte, Ärztehäuser, Schulen und vieles mehr. Gebaut wurde an der Neubausiedlung bis 1990, fertiggestellt wurde sie nie.
90.000 DDR-Bürgerinnen und -Bürgern bot das Viertel Lebens- und Arbeitsraum. Die damals gebauten Neubauwohnungen boten Vieles, was die unsanierten Altbauten der Stadt nicht leisten konnten: Fernwärme, fließend Wasser sowie Klo und Bad in der eigenen Wohnung. Dazu kamen Balkon, Trockenräume, Aufzug und andere Annehmlichkeiten. Die Nachfrage war entsprechen groß – bis zur Wende. Als zur Jahrtausendwende etwa ein Drittel der Wohnungen leerstanden, wurde systematisch rückgebaut: 10.000 Wohnungen wurden abgerissen.
Dennoch ist das Heckert-Gebiet auch heute noch das größte Wohnviertel von Chemnitz. Heute gibt es zwischen den sanierten Wohnblöcken großzügige Grünanlagen, die zum Spazieren und Fahrradfahren einladen sowie Sport-, Freizeit- und Kultureinrichtungen – Wohnqualität, wie sie damals angestrebt, aber zu DDR-Zeiten nie erreicht wurde.
Lutherviertel: Der kleinste Stadtteil
Das Lutherviertel ist Chemnitz‘ kleinster Stadtteil mit hoher Bevölkerungsdichte. Hier wohnen heute rund 5.400 Einwohnerinnen und Einwohner auf nur 0,65 Quadratkilometern. Entstanden ist das nur drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernte Wohngebiet um 1900. Die Industrie in Chemnitz boomte und die Beschäftigten benötigten dringend Wohnungen, was große Stadterweiterungen zur Folge hatte.
Angelegt ist das stadtnahe Viertel nach klassischen, gründerzeitlichen Karreestrukturen. Entdecken kann man hier vor allem Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert, aus den frühen 20er-Jahren und die in offener Bauweise errichteten Gebäuden aus den 50er-Jahren.
Wahrzeichen des Viertels ist die namensgebende neoromanische Lutherkirche, die ab 1905 innerhalb von nur vier Jahren von Architekt Otto Kuhlmann als Zentrum des Viertels gebaut wurde. Die Kreuzturmkirche gilt als eine der schönsten Kirchen von Chemnitz. Ihr Innenraum ist im Jugendstil ausgestaltet. Vom Kirchturm aus kann man einen wunderbaren Blick über die Stadt genießen.
Das Yorckgebiet: Großwohnprojekt auf kleiner Fläche
Das Yorckgebiet im Osten von Chemnitz vereint Plattenbauten, Einfamilienhäuser, Einkaufsmöglichkeiten und dazu noch viel Natur. Und das alles auf einer Fläche von nur rund 1,3 Quadratkilometern. Damit gehört das Yorckgebiet zu den kleineren Stadtteilen von Chemnitz. Die Gegend war ländlich geprägt, bis sich Anfang des 20. Jahrhunderts einige Gewerke hier ansiedelten.
Als Wohngebiet wurde der Stadtteil erst zwischen 1970 und 1974 ausgebaut. Es entstand das Großwohngebiet "Yorckstraße", das dem Stadtteil seinen Namen gibt, mit vor allem fünf- und neungeschossigen Plattenbauten. 2.000 Wohnungen entstanden, dazu Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Kindertagesstätten, Freizeiteinrichtungen und Verkehrsanbindungen. Aber auch mehrere Garten- und Grünanlagen sowie Einfamilienhäuser sind hier zu finden.
Ein richtiges Zentrum hat das Stadtviertel nicht, dafür gibt es verteilt einzelne kleine Anziehungspunkte, etwa das Einkaufszentrum "New Yorck" inklusive Stadtteilbibliothek, die "Yorckarcaden", den Knappteich mit seinen ausladenden Weidenbäumen oder den Stadtteilpark. Auch der angrenzende Zeisigwald lädt zum Spazieren und Erholen ein.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Feature | 18. Januar 2025 | 09:00 Uhr