Tschechien: Kann Musik eine Gesellschaft verändern?
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01. September 2016, 12:07 Uhr
25 Jahre nach der Friedlichen Revolution reist Ostbloggerin Christiane Wittenbecher in den ehemaligen Ostblock – auf der Suche nach dem revolutionären Geist. Ihr erstes Ziel ist Prag
Dort treffe ich zwei Musiker, die sehr unterschiedlich sind. Einen, der ‘89 eine wichtige Rolle spielte und einen, für den Revolution heute etwas ganz anderes bedeutet. Als erstes treffe ich Radek Banga: Erster Roma-Rapper Tschechiens und ein absolutes Ausnahmetalent. Er provoziert mit seinen Texten. Radek ist kein Bling-Bling-Rapper. Seine Sprache ist rau, aber er selbst zeigt keine Allüren und wirkt unheimlich nachdenklich. Sein Style nennt sich übrigens Gyps Hop. Ich hab schon einen Favoriten: "Romano Hip Hop".
Am gleichen Tag treffe ich einen anderen Prager Musiker: Michael Kocáb. Er ist sowas wie ein Superstar in Tschechien: berühmter Underground-Rocker, der vor 1989 als Systemfeind galt. Er war ein enger Vertrauter des ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel und später selbst Politiker. Er macht super schrägen experimentellen Rock.
Heute kann man mit Musik nichts mehr beeinflussen. Aber Musik kann glücklich machen, das gelingt der Politik nur selten.
Nachdem ich beide kennengelernt habe, bring ich sie zusammen. Wir treffen uns im Studio von Michael Kocáb. Beide machen provokante Musik. Kocáb kam dafür früher fast in den Knast - Radek geht damit gerade durch die Decke und steht an der Spitze der tschechischen Charts. Obwohl die beiden Musiker so unterschiedlich sind, finden sie sofort einen Draht zueinander. Sie nutzen die Chance und nehmen gleich einen Song auf. Ohne Witz: Das hat nicht mal 20 Minuten gedauert und alles war fertig eingespielt. Der Song ist leider noch nicht veröffentlicht.
Am Schluss sagt Radek noch:
Wenn es die Samtene Revolution 1989 nicht gegeben hätte, dann könnte ich nicht die Musik machen, die ich heute mache. Das Genre würde es hier nicht ein Mal geben. Vor allem könnte meine Generation die Welt nicht so sehen, wie wir sie sehen."