Wie Polen auf das EU-Verfahren reagiert

20. Dezember 2017, 17:34 Uhr

In Polen schlägt die Entscheidung der EU-Kommission für ein Sanktionsverfahren hohe Wellen. Während die Regierung ihre Justizreform verteidigt, übt der ehemalige Premierminister Donald Tusk scharfe Kritik.

Die polnische Regierung hat umgehend auf die Entscheidung der EU-Kommission reagiert, gegen das Land wegen der umstrittenen Justizreform ein Verfahren nach Artikel 7 zu eröffnen. Der Premierminister Mateusz Morawiecki verteidigte die Reform auf Twitter als "absolut notwendig". Darüber hinaus fühle sich Polen "der Rechtsstaatlichkeit genauso verbunden wie die EU." Morawiecki glaube weiterhin an einen offenen und ehrlichen Dialog zwischen Warschau und Brüssel.

Schärfere Töne aus dem Außenministerium

Offensiver gab sich das polnische Außenministerium in einer schriftlichen Stellungnahme auf seiner Webseite. Polen bedauere die Entscheidung der EU-Kommission, die das Vertrauen zwischen Waschau und der Europäischen Union beeinträchtige, heißt es darin. Das Land könne solche "einseitigen und Polen schadenden Meinungen nicht akzeptieren". In dem Schreiben wird auch die Beschlussfassung der Kommission kritisiert:

Die negative Kampagne über die Reformen in unserem Land beruht nicht auf Fakten und macht es uns unmöglich, auf die Anschuldigungen zu reagieren. Sie erwecken Zweifel an der Objektivität der Europäischen Institutionen und erschweren eine gute Zusammenarbeit.

Quelle: msz.gov.pl

Das Land sei bereit, "seine Positionen vor dem Europäischen Gerichtshof als einem unabhängigem und unparteiischen Gericht zu verteidigen", schreibt das Ministerium, dass dem Außenminister Witold Waszczykowski untersteht. Polen hoffe daher auf ein faires Verfahren, "dass das Vorgehen der polnischen Regierung unabhängig und ohne tendenziöse politische Wertung beurteilt."

Tusk: noch Zeit, Konsequenzen zu verhindern

Auch der ehemalige polnische Premierminister Donald Tusk, der seit 2014 Präsident des Europäischen Rates ist, meldete sich zu Wort. In Krakau kritisierte er vor allem die Haltung der polnischen Regierung zur Justizreform, dem Auslöser für das jetzige Verfahren. Laut Tusk vertritt die Regierung die Philosophie, dass sie über dem Recht steht: "Das bedeutet praktisch die Beseitigung der Unabhängigkeit der Justiz in Polen." Tusk warnte jedoch davor, das eingeleitete Verfahren nur als Strafmaßnahme zu verstehen:

Ich habe über Monate klargestellt, dass eine Bestrafung Polens keinen Sinn ergibt. Das widerstrebt dem Interesse der polnischen Bürger und muss nicht die erwartete Wirkung haben. Kein normaler Mensch in Europa will Polen und die polnischen Bürger bestrafen. Wir alle möchten, dass die Regierung in Polen ihre Fehler oder schlechten Entscheidungen von heute rückgängig macht.

Er hoffe, "dass die polnische Regierung zur Vernunft kommt und nicht um jeden Preis die Auseinandersetzung sucht. Und das in einem Fall, in dem sie im Unrecht ist." Die Konsequenzen würden vor allem die polnischen Bürger treffen, warnt Tusk. Es sei jedoch noch Zeit, diese Konsequenzen zu verhindern, so der ehemalige polnische Premierminister.

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im Radio: MDR AKTUELL | 20.12.2017 | 13:30 Uhr