Wie ein Festival Normalität in die ukrainische Frontstadt Awdijiwka bringt
Andernorts führt ein Theaterstudio aus Kiew ein modernes Stück für die Menschen in Awdijiwka auf, der Eintritt ist wie überall frei. Ukrainischsprachige Veranstaltungen sind eine große Seltenheit in dieser mehrheitlich russischsprachigen Region der Ostukraine. Bildrechte: MDR/Roman Schell
Dieses zerschossene Haus steht in Awdijiwka. Die Stadt liegt direkt an der Front in der Ostukraine. Das Donnern der Mörser gehört zum Alltag. 36.000 Menschen lebten hier zu Friedenszeiten. Jetzt sind es nur noch 23.000. Doch einige Enthusiasten versuchen die Menschen in der Stadt zu halten, u.a. mit einem Festival nur wenige hundert Meter von der Front entfernt. Bildrechte: MDR/Roman Schell
Auch der Künstler Alan Meyer ist extra aus Deutschland zum Festival nach Awdijiwka gekommen, um den Kindern das Malen beizubringen. Direkt an der Front versteht er seinen Unterricht als Therapie.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Das Festival bedeutet etwas Freude im Kriegsalltag der Menschen in Awdijiwka. Die Allgegenwärtigkeit der ukrainischen Sprache passt allerdings nicht jedem hier. So mancher nimmt dem Ehepaar Sawkewitsch das Festival in der prorussisch gesinnten Provinz sogar übel.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Mehr als 500 Gäste kamen zu "Awdijiwka FM", trotz latenter Lebensgefahr. Für die Veranstalter ein großer Erfolg. Bildrechte: MDR/Roman Schell
Denn das Festival war auch ein Tanz auf Messers Schneide. Die Veranstaltung fand unter hohen Sicherheitsauflagen statt. Die Front liegt direkt hinter der Stadtgrenze. Gegen einen möglichen Raketenbeschuss hätten aber auch die bewaffneten Soldaten, die überall in der Stadt patroullierten, nichts ausrichten können.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Die Organisatoren des Festivals "Awdijiwka FM", Olexy (40) und Swetlana Sawkewitsch (39), können es kaum fassen. Sie haben das größte Kulturveranstaltung in der Geschichte ihrer Heimatstadt organisiert. Acht Monate haben sie dafür gebraucht. Die Englischlehrer zählen zu den bekanntesten Aktivisten in Awdijiwka. Bildrechte: MDR/Roman Schell
Dass das Festival stattfindet ist ein kleines Wunder, auch wegen des imensen persönlichen Aufwands der Organisatoren. Wegen des Krieges in der Ostukraine gibt es kaum Arbeit in der Stadt. Olexy Sawkewitsch verdient sein Geld mit Privatunterricht und mit Übersetzungen. Ehrenamtlich planten seine Frau und er nebenbei das "Awdijiwka FM".Bildrechte: MDR/Roman Schell
Das war ein voller Erfolg. Künstler aus der ganzen Ukraine - etwa aus Kiew, Lwiw und Charkiw - kamen in die Kleinstadt, die heute noch direkt an der Front liegt. Hier lesen Schriftsteller und Dichter den Kindern ihre Werke vor - auf Ukrainisch.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Andernorts führt ein Theaterstudio aus Kiew ein modernes Stück für die Menschen in Awdijiwka auf, der Eintritt ist wie überall frei. Ukrainischsprachige Veranstaltungen sind eine große Seltenheit in dieser mehrheitlich russischsprachigen Region der Ostukraine. Bildrechte: MDR/Roman Schell
Die Abwechslung soll die Menschen nach Jahren des Krieges auf andere Gedanken bringen. So bringt die Choreografin Irina Polunina aus Deutschland den Besuchern klassische Tänze bei. Schon nach zehn Trainingsstunden zeigen die Menschen ihr Können auf der Bühne.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Die traumatisierten Kinder brauchen eine Ablenkung, meint Meyer. Der Maler will den Kindern und Jugendlichen deshalb helfen, ihr schöpferisches Potential zu entfalten.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Organisatorin Swetlana Sawkewitsch meint aber: "Wenn der Osten und Westen des Landes früher so an einem Strang gezogen hätten, hätte es den Krieg vielleicht nie gegeben."Bildrechte: MDR/Roman Schell
Ein Raketenangriff aus dem Separatistengebiet heraus hätte viele Opfer fordern können. Der Platz vor dem Kulturhaus ist nahezu ungeschützt und von "drüben" gut einsehbar. Die Demarkationslinie ist nicht weit entfernt, sie verläuft hinter dem Wald am Horizont. Aber nur dieser Platz bietet genug Fläche für alle Gäste. Das Feld rechts neben der Kirche ist übrigens vermint.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Die Festival-Organisatoren Olexy und Swetlana versuchen mit allen Mitteln, die Menschen in ihrer Heimatstadt zu halten. Die Familie organisiert immer neue Kulturveranstaltungen, auch bei sich zuhause. Hier tritt eine Band aus Kiew in ihrem Wohnzimmer auf.Bildrechte: MDR/Roman Schell
Swetlana Sawkewitsch und ihr Ehemann Olexy wollen weiter um ihre Heimatstadt kämpfen: "Ohne unser Engagement stirbt sie aus. Die Menschen hier sind depressiv und fühlen sich von allen vergessen. Awdijiwka ist nur aus den traurigen Front-Nachrichten bekannt. Alle haben Mitleid mit uns. Und wir wollen uns für Awdijiwka nicht mehr schämen! Es reicht." Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: TV | 17.11.2017 | 17.45 UhrBildrechte: MDR/Roman Schell