Film: "Cold War" Polen hofft auf Oscars

22. Februar 2019, 17:12 Uhr

Bei den diesjährigen Oscars haben nicht-amerikanische Filme gute Chancen. "Roma" und "The Favourite" sind in aller Munde. Doch es gibt noch einen weiteren Überraschungsfavoriten: die polnische Lovestory "Cold War".

Szene aus dem Film Cold War 2 min
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2 min

Do 24.01.2019 12:39Uhr 02:01 min

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Das Drama beginnt mit einem Casting für das Folklore-Ensemble "Mazurek". Man schreibt das Jahr 1949. Polen hat den zerstörerischen Zweiten Weltkrieg hinter sich und die Kommunisten sind gerade dabei, ihre Macht zu festigen und das Land abzuschotten. Wer in das renommierte Ensemble aufgenommen wird, bekommt die Chance, die stalinistische Tristesse hinter sich zu lassen.

Die junge Zula (Joanna Kulig) hat zwar nicht die geforderte Abstammung aus der Arbeiter- und Bauernklasse, dafür aber Mut, Temperament und eine gute Stimme. Sie schnappt sich ein Bauernmädchen als Gesangspartnerin, um ihre "unpassende" Abstammung zu kaschieren, singt mit ihr bravourös ein einfaches Volkslied und kann die Juroren überzeugen.

Eine junge Frau steht vor einem Mikrofon.
Zula (Joanna Kulig): Szene aus dem oscar-nominierten Film "Cold War - Der Breitengrad der Liebe". Bildrechte: mm filmpresse

Am Rande der sozialistischen Talentshow lernt Zula den Musiker Wiktor (Tomasz Kot) kennen. Wiktor liebt Jazz und hat vor dem Krieg in Paris gelebt, auch er ist also kein Vorzeigeproletarier. Die beiden verlieben sich ineinander und schmieden einen Fluchtplan: Bei einem Gastauftritt während der Weltfestspiele der Jugend in Ost-Berlin 1952 wollen sie sich über die damals noch offene Grenze in den Westen absetzen.

Zula kneift aber im letzten Augenblick und Wiktor entscheidet sich, ohne sie zu gehen. Damit beginnt die Geschichte einer jahrelangen unerfüllten Liebe, denn die Wege der beiden kreuzen sich auch später noch mehrmals. In einer verfallenen Kirche heiratet das Paar schließlich ohne Priester.

Hoffnungen auf Oscar

Der Film wurde nun in gleich drei Kategorien nominiert – als Bester fremdsprachiger Film, für die Beste Regie (Paweł Pawlikowski) und für die Beste Kamera (Łukasz Żal). In Polen werden Regisseur, Kameramann und die Hauptdarsteller daher fast wie Nationalhelden gefeiert, denn noch nie hat ein polnischer Film so viele Oskar-Nominierungen bekommen. Und die Chancen auf wenigstens eine der begehrten Trophäen stehen nicht schlecht – Regisseur Pawlikowski hat bereits einen Oscar für sein Filmdrama "Ida" bekommen. Beide Filme spielen in den Fünfziger Jahren, beide sind in einem kontrastreichen Schwarz-Weiß gedreht.

Anders als der Film "Ida", der das schwierige Verhältnis der Polen zu ihren jüdischen Mitbürgern thematisierte und deshalb höchst umstritten war, löste "Cold War" keine Kontroversen aus - obwohl das Thema auch hier ein historisches ist. Denn hinter der Liebesgeschichte versteckt sich auf einer zweiten Ebene eine Abrechnung mit dem Stalinismus in Polen.

Doch diese Zeit des Terrors wird auf eine angenehm subtile Art verarbeitet, heben Filmkritiker hervor. Ganz anders als im "patriotischen Kino", das seit dem Regierungsantritt der PiS-Partei lanciert wird, vor brutalen Szenen nicht zurückschreckt und klare Rollenzuweisungen liebt - hier die bösen nazistischen oder kommunistischen Schergen, dort die vaterlandsliebenden, gegen das Böse kämpfenden polnischen Helden.

Kein patriotisches Kino

"Cold War" kommt ohne solche grobschlächtigen Schemen aus. Hauptthema ist hier nicht Heldentum, sondern das schmerzhafte Gefühl der Unfreiheit in einem Land, das gerade erst die Fesseln der Nazi-Herrschaft abgeschüttelt hat und nun schon wieder "kolonialisiert" wird, diesmal von den kommunistischen Apparatschiks aus den eigenen Reihen. Gerade der Drang nach Freiheit ist letztlich auch für das Scheitern von Zula und Wiktor als Liebespaar verantwortlich, weil sich Wiktor an jenem schicksalhaften Tag in Ost-Berlin entscheidet, auch ohne seine Geliebte in den Westen zu gehen.

Ein Paar liegt im Gras. Sie schaut ihn an.
Zula (Joanna Kulig) und Wiktor (Tomasz Kot) Bildrechte: mm filmpresse

Die Handlung des Films wird mit kurzen Szenen und großen Zeitsprüngen vorangetrieben. Die beiden Hauptdarsteller Joanna Kulig und Tomasz Kot ernteten viel Lob. Auf der Leinwand herrsche Ruhe und Zurückhaltung, schrieb ein polnischer Kritiker, und gerade diesem Umstand habe "Cold War" seine schmerzhafte und tragische Atmosphäre zu verdanken. Dazu trügen außerdem die Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Kameramann Łukasz Żal bei. Die werden allgemein als brillant, geschmackvoll und aufgeräumt gelobt. Und in der Tat ist Żals Kameraführung genauso charakteristisch wie in "Ida" und mit dem kommerziellen Hollywood-Kino nicht vergleichbar.

Bis Ende Februar drücken nun viele Polen dem Film von Paweł Pawlikowski die Daumen und hoffen, dass er einige der begehrten Trophäen dem Film "Roma" von Alfonso Cuarón streitig machen kann. Die beiden Regisseure sind privat übrigens gute Freunde. (baz)

Der Film "Cold War" in den Kinos in Mitteldeutschland: Chemnitz - 04.02.2018
Dresden - 27.01.2018
Naumburg - 27.01.2018, 30.01.2018
Plauen - 28.01.2018, 29.01.2018
Rudolstadt - 29.01.2018

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im Hörfunk: MDR KULTUR - Das Radio | 22. November 2018 | 08:10 Uhr